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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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gesellte sich aus den Sitzreihen herab Tohrm zu ihm. Die Augen des Glutsteinmeisters glitzerten vor Erheiterung, und er grinste. »Du wirst weit ausschauen müssen«, sagte er, »um den Zweifler erspähen zu können.« Er zwinkerte dem Hoch-Lord zu, als zöge er ihn auf. »Die Kluft zwischen den Welten ist finster, und Dunkelheit macht das Herz bang. Ich werde für mehr Helligkeit sorgen.«
    Der Hoch-Lord lächelte und dankte; lebhaft eilte der Herdwart an den Rand der Grube. Er beugte sich über das Glutgestein und schien im selben Augenblick alle anderen Menschen innerhalb der Klause zu vergessen. Ohne den Zuschauern noch einen Blick zu widmen, begann er leise zu singen. In jener dunklen, kiesigen Sprache, die nur denen bekannt war, welche miteinander das Rhadhamaerl -Wissen teilten, trug er den Glutsteinen eine Beschwörung vor, schürte, entfachte sie mit seinen Worten zu stärkerer Glut, sprach ihre innere Kraft an. Der goldrote Glanz der Steine schimmerte in seinem Antlitz wie eine Erwiderung. Bald darauf konnte Mhoram ihre Leuchtkraft zunehmen sehen. Die rötliche Schattierung wich aus dem Goldton; letzteres entfaltete eine größere Reinheit, glomm heißer, heller. Der Duft frischer Erde machte sich verstärkt in der ganzen Klause bemerkbar. Stumm erhoben sich die drei anderen Lords an ihren Plätzen, und sämtliche anderen Versammelten taten es ihnen gleich, um wortlos ihre Achtung vor dem Rhadhamaerl und der Erdkraft zum Ausdruck zu bringen. Vor aller Augen wuchs der Leuchtschein aus der Grube an, bis zuletzt Tohrm selbst im Licht fadenscheinig wirkte. Mit langsamer, feierlicher Geste erhob Hoch-Lord Mhoram seinen Stab, hielt ihn in Stirnhöhe waagerecht zwischen seinen beiden Fäusten. Das Lied, welches er zur Herbeirufung des Zweiflers verwenden wollte, begann ihm durch den Kopf zu gehen, als er seine Gedanken auf die Kraft seines Stabes lenkte. Einen um den anderen schloß er die in der Klause Versammelten von seinem Sinnen aus, danach auch die Klause. Er ließ sein Ich in des Stabes gerades, glattes Holz einfließen, bis ihm nichts anderes noch bewußt war als das Lied und das Licht – und die grenzenlose Bedeutungsfülle der Erdkraft, die das gewaltige Berggestein ringsherum wie Lava durchwallte. Dann vereinte er so viele ihrer Ströme, wie er in seines Stabes Händen verbinden konnte, und leitete ihre Schwingungen durchs Gefüge und Gewebe Schwelgensteins auswärts. Er sang, während er auf ihrem Pulsen hinaus in die Schichten der Gesamtheit alles Vorhandenen schweifte.
     
    »Wilde Magie, gedruckt in jeden Stein,
    harrt weißen Goldes, das sie freiläßt oder händigt,
    Goldes, von seltenem Erz, fremd dem Schoß des Landes,
    unbeherrscht, unbezähmt, ungemäßigt
    durchs Gesetz, wonach das Land entstanden ...
    vielmehr Grundstein, Achse, Angelpunkt
    der Wirrnis, woraus Zeit geschaffen ...«
     
    Der Pulsschlag der Erdkraft beförderte sein Ich durch den Übelwind, so daß sein Geist unter den Böen von Bosheit erschauderte; doch sein Bewußtsein durchquerte ihn rasch, trieb über alle Luft, alles Holz und Wasser und allen Stein hinaus, bis er durch das wesenseigentümliche Gespinst der Wirklichkeit an sich zu sinken schien. Er verlor den Überblick, während er für eine Weile ohne jeglichen Bezugspunkt durch Raum und Zeit taumelte. Er fühlte, daß er über die Grenzen der Schöpfung hinausschwebte. Aber Lied und Licht gaben ihm Halt, sicherten die Festigkeit seines Gemüts. Binnen kurzem richteten seine Gedanken sich wie ein Kompaß auf den Polarstern des Weißgolds.
    Dann erhaschte er eine Wahrnehmung von Thomas Covenants Ring ...
    Eine Täuschung war unmöglich; des Zweiflers Gegenwart umgab den schlichten Reif wie eine Aura, band und versiegelte seine Macht. Und die Aura selbst floß über von Unruhe. Hoch-Lord Mhoram strebte zum Aufenthaltsort der Wesenheit und begann erneut zu singen.
     
    »Sei getreu, Zweifler –
    antworte dem Ruf!
     
    Das Leben ist der Spender:
    Tod endet alles.
    Das Wort heischt Wahrheit,
    und Übel weichen,
    bleibt wahr das Wort.
     
    Doch Fluch der Seele,
    die Vertrauen bricht,
    fluch falschen Dienern,
    dank der Verderbens Schwärze
    alles überschattet.
     
    Sei getreu, Zweifler –
    antworte dem Ruf!
    Sei getreu!«
     
    Er erfaßte Covenant mit seinem Gesang und machte sich an die Rückkehr zur Klause. Die Wirksamkeit des Liedes erleichterte seine seelische Last beträchtlich, befreite in ihm neue Kräfte, die es ihm ermöglichten, schneller zu sich selbst

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