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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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in plötzlicher Einsicht und mit einem Aufstöhnen, in welcher Gefahr Schwelgenstein schwebte. Die Angst vorm Unbekannten war nur die Oberfläche dieser Gefährdung. Als er seine Arme um Quaans ins Schlottern geratene Gestalt schlang, sah er, daß die rot-grünen Adern aus Kraft im Untergrund keine gewaltsame Bedrohung bedeuteten; vielmehr dienten sie zur Beförderung des reinen gefühlsmäßigen Gehalts von des Verächters Bosheit – einem unmittelbaren Angriff auf den Willen der Festung. Sie waren ein gegen das Gewebe von Schwelgensteins Widerstandsvermögen und Mut gerichtetes Zersetzungsmittel. Dadurch breitete sich im Herzen der Herrenhöh Grausen wie eine tödliche Krankheit aus. Unterm Einfluß dieser gräßlichen Aderstränge begannen in der Stadt Kühnheit und Tapferkeit dahinzuschmelzen.
    Es gab keine Gegenwehr. Die Lillianrill und Rhadhamaerl entfachten im Innern der Mauern große wärmende Feuer. Die Lehrwarte sangen mit Stimmen, die völlig gegen ihren Willen zitterten, schwungvolle Lieder von Heldenmut und Sieg. Das Kriegsheer übte sich im Gebrauch der Waffen und in seiner Einsatzbereitschaft, bis die Krieger zu schlaff und matt waren, um sich noch zu ängstigen. Die Lords eilten durch die Stadt wie blaue Raben, trugen das Licht der Ermutigung, des Zuspruchs und der Unnachgiebigkeit hin, wo immer sie sich zeigten, vom grauen Tag bis in die schwarze Nacht und von neuem in des Tages Grau. Die Festung blieb nicht müßig. Während die Zeit sich durch ihre von Zaghaftigkeit gedehnte Dauer schleppte, ihre skeletthafte Runde mit nahezu hörbarem Klappern fleischloser Knochen durchmaß, tat man alles, was getan werden konnte. Die Lords strebten nur noch mit entflammten Stäben dahin, auf daß ihr heller himmelblauer Schein der Zersetzung von Schwelgensteins Gemütsstärke entgegenwirke. Trotzdem beherrschte das geäderte, blutige Übel im Untergrund die Stadt immer grausamer, vervielfachte die Zudringlichkeit seiner Einflußnahme. Die Bösartigkeit von zehnmal zwanzigtausend abgrundtief schlechten Herzen unterdrückte jedes Aufbegehren.
    Bald schien das Felsgestein des Tafelbergs selbst in stummem Grauen zu winseln. Nach fünf Tagen sperrten sich einige Familien in ihren Behausungen ein und weigerten sich, wieder herauszukommen; in der Stadt unterwegs zu sein, ängstigte sie in nicht länger erträglichem Maß. Andere Bewohner flohen in die scheinbare Sicherheit des Hochlands. In den Küchen brachen irrsinnige Auseinandersetzungen aus, weil dort jeder Koch oder Küchengehilfe sich in urplötzlichen Anwandlungen von Panik ein Messer greifen konnte. Um diese Vorfälle zu unterbinden, ließ Streitmark Quaan sämtliche Küchen und Speisesäle durch je ein Fähnlein Krieger überwachen. Aber obwohl er sie schindete, als säße ihm ein schauerliches Gespenst des Grauens im Nacken und triebe ihn dazu an, vermochte er nicht einmal seine Krieger gegen die Panikstimmung zu feien. Zuletzt sah er sich dazu gezwungen, diese schwerwiegende Tatsache dem Hoch-Lord zu berichten.
    Nachdem er ihn angehört hatte, begab sich Mhoram zu seinem Wachdienst auf den Turm. Droben stand er allein in der Nacht, die sich nicht minder schwer als das Geröll der Verzweiflung um seine Schultern zu legen schien, starrte hinab zur gleichmäßig smaragdgrünen Abscheulichkeit des Steins, zum kränklich rotgrün geäderten Feuer – und bändigte die eigene kalte Bangigkeit tief im Schweigen seines Herzens. Wäre er nicht ohnehin so verzweifelt gewesen, er hätte aus Mitgefühl für Kevin Landschmeißer geweint, dessen Zwangslage er nun in einer Schärfe ersah, die ihm bis auf der Seele Bein schnitt.
    Einige Zeit später – nachdem die Finsternis sich mit ihrer Kälte zur Eisigkeit von Lord Fouls Winter gesellt hatte und die Wachfeuer des Heerlagers im Vergleich zur unübersehbaren, aufdringlichen Bekundung der Gier des Wütrichs Samadhi nach Mord zu bloßen Fünkchen abgebrannt waren – betrat Loerja, Trevors Gemahlin, den Festungsturm, brachte mit sich einen kleinen Topf voller Glutgestein, den sie, wo sie sich niederließ, vor sich stellte, so daß sein Glanz ihr verhärmtes Antlitz erhellte. Die Aufwärtsgekehrtheit ihres Angesichts verdunkelte ihre Augen mit Schatten, aber Mhoram konnte dennoch erkennen, daß sie wund waren von Tränen.
    »Meine Töchter ...« Sie schien an ihrer Stimme zu ersticken. »Meine Kinder ... sie ... Du kennst sie, Hoch-Lord.« Sie sprach, als flehe sie ihn an. »Sind sie nicht Kinder, auf die Eltern stolz sein

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