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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Fähigkeit zum Regen zurück in seine Gliedmaßen. Dann wandte sich der Mann ab, um Quirrel beizustehen. Als Triock inmitten der Flämmchen wieder auf eigenen Beinen stand, hatte sie das Bewußtsein zurückerlangt. Nun erkannte er die Natur dieser Flammen; einige der freudigsten und auch der traurigsten Sagen des Landes berichteten von ihnen. Sie waren Flammengeister. Als er sein Haupt vom Eis freischüttelte, vernahm er durchs Fauchen des Windes Bruchstücke ihres hellen, wie kristallenen Gesangs, eine Weise wie das Singen von makellosem Quarz. Sie umtanzten ihn, als ob sie ihm Fragen stellten, die er niemals verstehen oder gar beantworten können würde, und ihr Reigen übte eine besänftigende Wirkung aus, so daß er wie verzaubert in ihrer Mitte stand.
    Der Hüne lenkte ihn ab, indem er Quirrel beim Aufstehen half. Umgeben von den Flammengeistern, stützte er sie, als sie sich hochraffte, hielt sie, bis sie wieder aus eigenen Kräften stehen konnte. Danach schaute er einen Augenblick lang unbehaglich zwischen ihr und Triock hin und her. Allem Anschein nach überlegte er, ob er es verantworten konnte, sie nun sich selbst zu überlassen, auf weiteren Beistand zu verzichten. Aber er fällte seine Entscheidung fast ohne Verzug. Das entlegene Brüllen des Wirbelsturms schwoll auf und nieder, als wolle irgendein gieriges Sturm-Ungeheuer sich Zugang ins Tal verschaffen. Es schauderte ihn. »Kommt!« sagte er. »Fouls Winter ist nichts für Fleisch und Blut.«
    »Du bist ein Freischüler«, platzte Triock heraus, als der Mann sich umdrehte und zum oberen Ende des Tals wandte.
    »Ja. Dennoch, ich helfe euch.« Seine Stimme verflog, sobald er sprach, im flatterhaften Wind. »Einst war ich Holzheimer. Des Waldes Hand ruht auf mir. Und ihr« – er furchte mit Nachdruck voraus durch den Schnee, als spräche er bloß zu sich selbst, so rücksichtslos, als wäre er bereits so lang ohne menschliche Gesellschaft gewesen, daß er vergessen hatte, auf welche Art und Weise gewöhnliche Menschen einander lauschten – »tragt Lomillialor bei euch.«
    Triock und Quirrel eilten ihm nach. Seine Schritte waren stark, kannten keine Müdigkeit, aber indem sie seinem Pfad durch die Schneewehen folgten, die er aufwarf, konnten sie Anschluß halten. Die Flammengeister erhellten ihren Weg zu Klängen kristallklarer Weisen, bis Triock war, als schweife er durch einen Zipfel Andelains, eine geisterhaft flüchtige Entstehung von reinem Licht und herzlicher Wärme inmitten der widernatürlichen Bosheit des Grauen Schlächters. Im ermutigenden Gegaukel der Flammengeister gelang es ihm, sich über seine große Ermüdung hinwegzusetzen und auf das Lied zu achten, das der Freischüler sang.
     
    »Allein und ohne Freund,
    ohne Band und allein,
    trink vom Entsagungs-Kelch bis zur Neige,
    bis Einsamkeit kam, nur um zu scheiden,
    und Verständigung ist Schweigen –
    mußt doch sein
    ohne Freund und Band,
    allein.«
     
    Langsam gelangten sie hinauf zum Ende des Tales. Ein hoher Haufen von Felstrümmern versperrte den Ausgang, aber der Freischüler geleitete sie auf einem ungemein verschlungenen Pfad mitten durch diese Halde von Felsbrocken. Dahinter betraten sie einen öden Hohlweg, der sich nach und nach über ihren Häuptern schloß, bis sie durch eine pechschwarze Höhle strebten, begleitet nur vom Flackern der Flammengeister. Einige Zeit später schloß die gewundene Länge der Höhle all den Wind und Winter zur Gänze aus. Rings um Triock und Quirrel nahm die Wärme zu, taute ihre Kleidung ab, so daß sie stark triefte. Und voraus ließ sich schließlich neue Helligkeit erspähen.
    Dann erreichten sie das Ende der Höhle, das Heim des Freischülers. Die Höhle erweiterte sich zu einer großen Felskammer, und ihr gesamtes Inneres schwelgte in Licht und Klängen, weil Dutzende von Flammengeistern durch die Luft tänzelten und leuchteten. Manche schwebten im Mittelpunkt der Kammer, andere hingen in der Nähe der schwarzen Höhlenwände, wie um im Widerschein der wabenartigen Steinschichten Inschriften zu enthüllen. Der Boden bestand aus rohem Granit, aus dem grobe Erhebungen und Flächen aufragten, die der Freischüler offenbar als Sitzgelegenheiten, Tische und Schlaflager benutzte. Die Wälle und die Decke der Felshöhle jedoch waren schwarz wie Obsidian, zugleich aber gekennzeichnet durch ungleichmäßige Flächen, die spiegelten wie zahllose Splitter eines zerbrochenen Spiegels, in denen das Licht der Flammengeister den Betrachter geblendet

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