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Die letzte Zeugin

Die letzte Zeugin

Titel: Die letzte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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und durch ihre Haare streichen.
    »Ich habe geträumt.« Ein weiterer Blitz erhellte den Nachthimmel, und sie beobachtete, wie die Kronen der Bäume sich im Wind bewegten. »Du hast mich schon einmal gefragt, ob ich Alpträume und Flashbacks hätte, aber ich habe dir nicht wirklich darauf geantwortet. Mittlerweile träume ich nicht mehr so oft wie früher davon, und es sind auch keine Alpträume mehr, sondern eher Erinnerungen.«
    »Ist das nicht dasselbe?«
    »Na ja, im Grunde genommen schon.«
    Sie blieb am Fenster stehen, während Blitze über den Himmel zuckten.
    Er wartete darauf, dass sie es ihm erzählte, das wusste sie. Er war so geduldig, aber anders als bei ihrer Mutter beruhte seine Geduld auf Freundlichkeit.
    »Ich bin in meinem Zimmer im sicheren Haus. Es ist mein Geburtstag. Ich bin glücklich. Ich habe gerade die Ohrringe angesteckt und den Pullover angezogen, die ich von John und Terry geschenkt bekommen habe. Und im Traum denke ich, wie damals auch, wie hübsch sie sind. Ich denke, wenn ich meine Zeugenaussage mache, werde ich sie auch tragen, weil sie mir ein gutes, starkes Gefühl geben. Und dann höre ich die Schüsse.«
    Sie drehte sich um. Brooks saß im Bett und beobachtete sie.
    Freundlichkeit, dachte sie. Hoffentlich würde sie diese angeborene Freundlichkeit nie für selbstverständlich halten.
    »Im Traum passiert alles ganz langsam, aber in Wirklichkeit ging alles sehr schnell. Ich kann mich an jedes Detail, jedes Geräusch, jede Bewegung erinnern. Wenn ich die Fähigkeit besäße, könnte ich es Szene für Szene zeichnen und es wie einen Film ablaufen lassen.«
    »Es ist schwer für dich, dass du dich an alles so genau erinnerst.«
    »Ich …« Darüber hatte sie noch gar nicht nachgedacht. »Ja, vermutlich schon. Es hat gewittert wie heute Nacht. Donner, Blitze, Wind und Regen. Der erste Schuss hat mich erschreckt. Mein Puls ging schneller, aber ich glaubte noch nicht ganz, dass es wirklich ein Schuss war. Dann folgten die anderen, und ich wusste, dass es kein Irrtum war. Ich hatte Angst, war sehr unsicher, und als ich die Tür aufmachte, war da John, angeschossen und voller Blut. Aber in diesem Traum heute Nacht war es nicht John, der mich zurück in mein Zimmer gedrängt hat und sterbend mit hineingetaumelt ist. Es war nicht John. Du warst es.«
    »Das ist nicht schwer zu deuten.« Sie sah ihn ganz deutlich im Schein eines Blitzes, der aufzuckte. Seine Augen waren klar und ruhig. »Nicht schwer zu erklären.«
    »Nein, natürlich nicht. Stress, Emotionen, meine Erinnerung an die Ereignisse. Was ich für John und Terry, vor allem für John empfand, war eine Art Liebe. Jetzt, wo ich solche Dinge besser verstehe, glaube ich schon, dass ich in ihn verliebt war. Unschuldig und nicht sexuell, aber trotzdem ein starkes Gefühl. Er hat geschworen, mich zu beschützen, und ich habe ihm vertraut. Er hatte einen Polizeiausweis, eine Waffe und seine Pflicht, genau wie du.«
    Sie trat ans Bett, setzte sich aber nicht. »Zu einem geliebten Menschen sagt man oft, man würde für ihn sterben. Natürlich rechnet niemand damit, und es kann auch sein, dass es einfach nur eine Metapher dafür sein soll, wie groß die Liebe ist. Aber ich weiß jetzt, was es bedeutet, ich verstehe jetzt diese unglaubliche Tiefe von Gefühlen. Und ich weiß, du würdest tatsächlich für mich sterben. Du würdest mein Leben über deines stellen, um mich zu schützen. Und das macht mir Angst.«
    Er nahm ihre Hände in seine, die genauso ruhig waren wie sein Blick. »Er war nicht gewarnt. Er kannte den Feind nicht. Wir kennen ihn. Wir geraten nicht in einen Hinterhalt, Abigail. Wir legen ihn.«
    »Ja.« Genug, sagte sie sich. Genug. »Ich wollte dir nur sagen, wenn du bei diesem Hinterhalt verletzt würdest, wäre ich sehr enttäuscht.«
    Er lachte überrascht. »Und wenn es nur eine Fleischwunde wäre?« Er zog sie zu sich herunter.
    »Sehr enttäuscht.« Sie wandte sich zu ihm und schloss die Augen. »Und ich hätte kein Mitleid mit dir.«
    »Du bist eine Frau mit Ecken und Kanten. Ich sollte wohl besser Fleischwunden vermeiden.«
    »Das wäre am besten.«
    Sie entspannte sich in seinen Armen und lauschte auf das Gewitter, das langsam nach Westen abzog.
    Am nächsten Morgen, als der Himmel wieder klar und blau war, arbeitete sie noch eine Stunde.
    »Du musst dir auch mal eine Pause gönnen«, mahnte Brooks sie.
    »Ja. Es geht nur noch um ein paar Kleinigkeiten. Es ist schon nahe dran, aber noch nicht perfekt. Ich möchte mir

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