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Die letzte Zeugin

Die letzte Zeugin

Titel: Die letzte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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genauso gut zu kennen wie sich selbst.
    Wer auch immer sie im Moment war.
    Sie unterschrieb die kurzen Memos voller Daten mit t voi drug , russisch für »dein Freund«. Es gab Akten, Suchen, Profile, Anfragen nach tvoi drug . Die meisten hielten den Informanten für einen Mann, der zu Volkovs Bratva gehörte.
    Tvoi drug hatte Leben gekostet. Abigail hoffte, dass sie auch einige gerettet hatte. Ihr größter Erfolg bisher war eine Razzia in einem Lagerhaus in South Chicago gewesen, bei der durch ihre Informationen und Daten der Zwangsprostitutionsring zerschlagen werden konnte, der von dort aus operierte.
    Jetzt studierte sie die jüngsten Aktivitäten. Codes, verschlüsselte Sätze, falsche Namen. Sie gab Informationen über einfachen Computerbetrug weiter. Wenn die Bundespolizei damit nicht allein fertigwurde, hatte sie keine Hilfe verdient.
    Geldwäsche, dachte sie.
    Es war befriedigend, den Profit der Volkovs zu schmälern. Vielleicht nicht ganz so befriedigend wie das Wissen, dass sie dazu beigetragen hatte, zwanzig Mädchen vor sexueller Sklaverei zu bewahren, aber je weniger Geld sie hatten, desto schwieriger wurde das Geschäft.
    Ja, sie würde die Geldwäsche zu ihrem neuen persönlichen Projekt machen. Sie betrachtete es als eine Art Hochzeitsgeschenk für Ilya.
    Sie machte sich daran, Informationsteile aus E-Mails – von Ilya, dem Steuerberater, einer Handvoll anderer Kontakte – zusammenzustellen. Es erstaunte sie immer wieder, wie sorglos und unvorsichtig diese Leute waren. Sie war so in ihre Arbeit vertieft, dass sie auf Russisch dachte. Deshalb entrang sich ihr auch ein russischer Fluch, als ihr Handy klingelte.
    Sie erwartete keine Anrufe, aber einige Kunden telefonierten lieber oder schickten eine SMS statt einer E-Mail. Stirnrunzelnd blickte sie auf das Display.
    Brooks war es gelungen, ihre Handynummer herauszufinden. Es war zwar nicht wirklich schwer, aber es musste ihn doch Zeit und Mühe gekostet haben.
    Warum?
    Vorsichtig ging sie dran.
    »Hallo.«
    »Hey. Ich bin es, Brooks.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Was hättest du gerne auf deiner Pizza?«
    »Ich … egal.«
    »Pizzabelag ist nicht egal, Abigail. Er ist wichtig für den Boden.«
    Da hatte er wahrscheinlich recht. Und sie wünschte sich, sie würde ihn nicht so anziehend und verwirrend finden. »Ich mag besonders schwarze Oliven und Peperoni.«
    »Das ist doch ein Wort. Irgendwelche Einwände gegen Salami?«
    »Nein.«
    »Perfekt. In einer halben Stunde bin ich da.«
    »Ich habe dich nicht gebeten vorbeizukommen.«
    »Ja, das habe ich gemerkt. Du musst wirklich langsam mal damit anfangen.«
    »Ich arbeite gerade.«
    »Es geht auf sieben Uhr zu. Mach mal eine Pause. Außerdem habe ich Neuigkeiten für dich.«
    »Was für Neuigkeiten?«
    »Ich bringe sie dir mit der Pizza. In etwa einer halben Stunde. Bis dann.«
    Sie legte das Handy auf den Schreibtisch und betrachtete es.
    Sie war nicht vorbereitet. Warum unterbrach er sie einfach immer wieder, wenn sie nicht vorbereitet war? Jetzt musste sie ihre Arbeit beenden. Und außerdem hatte sie zum Abendessen Hühnerbrust im Wok machen wollen.
    Er würde wieder Unterhaltung erwarten, und sie wusste nicht, ob ihr etwas einfallen würde. Bei ihm und seiner Mutter kamen ihr die üblichen Themen unpassend vor. Trotzdem fragte sie sich, was er mit Neuigkeiten gemeint hatte.
    Resigniert fuhr sie den Computer herunter und packte zögernd ihre Waffe und das Halfter in die Kommode. Vermutlich würde er auch etwas zu trinken erwarten, deshalb suchte sie einen guten Chianti aus ihrem Weinvorrat aus.
    Dann jedoch hielt sie inne und starrte die Flasche an.
    Sie aß schon wieder mit ihm zu Abend. Jetzt schon zum zweiten Mal in einer Woche, den Blaubeerkuchen nicht mitgerechnet.
    Sie hatte Dates mit dem Polizeichef.
    »Du liebe Güte! Wie hat er das denn bloß geschafft? Ich mache keine Dates. Das kann ich gar nicht.«
    Sie stellte die Flasche ab und lief im Zimmer hin und her. Das hatte sie auch noch nie getan. Sie musste eine Lösung finden, sie musste diese … Situation beenden. Wenn sie sich einfach weigern würde, ihn zu sehen, dann würde ihn das nur noch entschlossener und misstrauischer machen. Auf jeden Fall waren ihre bisherigen Versuche in dieser Richtung gescheitert.
    Sie verstand das Konzept der Jagd und Eroberung. Das Männchen fühlte sich herausgefordert, musste überzeugen, fangen, erobern. Vielleicht sollte sie einfach mit ihm schlafen. Wenn das erst einmal erledigt war, fehlte die

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