Die letzte Zeugin
so groß und klug ist, als könne er schweres Gerät bedienen. Und sie kann mit einer Glock umgehen.«
»Und warum verbringt sie dann Zeit mit dir?«
»Ich laufe ihr ständig über den Weg. Ich muss jetzt wirklich zur Arbeit. Wenn du den Kaffee bezahlst, wähle ich dich.«
»So was höre ich gerne. Hey, komm doch zum Abendessen und bring die Dame mit.«
»Ich arbeite immer noch daran, dass sie sich daran gewöhnt, wenn ich bei ihr zu Hause bin«, sagte Brooks und stand auf. »Sie aus dem Haus zu locken wird noch ein bisschen Mühe kosten.«
Am späten Nachmittag nahm Brooks sich eine Stunde frei und erledigte noch ein paar Dinge. Als er fertig war und zum Haus seiner Eltern fuhr, hatte auch sein Vater den Anzug gegen die Gartenklamotten getauscht.
Sunny und Loren arbeiteten im Vorgarten, wo sie bunte einjährige Blumen setzten.
Beide trugen Hüte, sein Vater eine zerschlissene alte Baseballkappe, die noch aus Brooks’ Zeiten als Spieler stammte, und seine Mutter einen breitkrempigen Strohhut mit roten Blumen im Band.
Brooks liebte es, wie sie zusammenarbeiteten, Hüfte an Hüfte, während Musik aus den Fenstern und Türen drang – die alle weit offen standen, obwohl die Luft noch kühl war.
Als Brooks in die Einfahrt bog, richtete sich Loren auf. Er hat wieder eine gesunde Gesichtsfarbe, dachte Brooks. Die Haare, die sich unter der Kappe hervorringelten, waren grau, aber immer noch dick.
Eines Tages würde er vielleicht seinen Vater wieder so sehen, wie er ihn im Krankenhaus vor dem Bypass erlebt hatte. Blass und grau im Gesicht, gealtert und ein wenig ängstlich.
Auch seine Mutter richtete sich auf und stemmte die Hände in die Hüften. Auch an die Angst in ihren Augen erinnerte sich Brooks nur zu gut. Zwar hatte sie Zuversicht ausgestrahlt, als sie im Krankenhaus wartend im Flur auf und ab gelaufen waren und gebetet hatten. Aber er hatte die Angst in ihrem Blick gesehen.
Jetzt jedoch sahen sie so aus, wie es sein sollte. Die Hände schmutzig von der Gartenarbeit, lächelnd über seinen Besuch und immer noch Hüfte an Hüfte.
Er stieg aus. Er hoffte inständig, keinen Fehler gemacht zu haben, als er den großen Reisekorb hinten aus dem Auto hob.
»Hallo«, sagte sein Vater.
»Hallo. Hi, Ma.«
»Was hast du da?«
»Ich habe euch ein Geschenk mitgebracht.« Während er sprach, begann der Inhalt des Korbs zu winseln.
»Oh.« Sunny legte die Hände auf den Rücken. »Brooks, ich habe dir doch gesagt, ich bin nicht bereit für …«
»Wenn er dir nicht gefällt, kannst du ihn zurückgeben. Du kennst doch Petie aus dem Tierheim? Er hat mit sich reden lassen, deshalb kannst du dir den Welpen hier erst einmal ansehen und er sich dich, bevor die endgültigen Papiere ausgestellt werden.«
»Brooks, ich kann nicht … Oh, Gott, sieh dir dieses Gesicht an.«
»Petie sagt, er hat ein bisschen von einem Schäferhund und ein bisschen Retriever und weiß Gott, was sonst alles noch. Aber er ist ganz lieb, und mutig ist er auch. Ein braver, kleiner Mischling.«
»Oh, Brooks. Loren, tu doch etwas.«
»Wir sollten ihn erst einmal herauslassen, findest du nicht auch?« Loren legte Sunny den Arm um die Schultern. »Zumindest sollten wir ihn uns mal anschauen.«
»Du bist mir ja vielleicht eine Hilfe. Na gut, dann lass ihn raus. Er braucht schließlich nicht wie ein Schwerverbrecher in einem Käfig zu sitzen.«
»Genau. Das finde ich auch.« Brooks stellte den Transportkorb ab, öffnete ihn und nahm das leckende, freudig winselnde Bündel heraus. »Er ist etwa zehn Wochen alt. Wenn er in einem Monat kein Zuhause findet, fällt der Vorhang. Elektrischer Stuhl.«
Sunny verschränkte die Arme. »Hör auf.«
»The Green Mile, sozusagen. Dead Dog walking«, fügte Brooks hinzu. Sein Vater verkniff sich das Lachen. »Was?« Brooks hielt die Nase des Hundes an sein Ohr. »Bist du sicher? Okay. Ich soll euch sagen: ›Nobody knows the trouble I’ve seen‹«, sang Brooks mit tiefer Stimme.
»Ach, gib mir das Hündchen.« Sunny nahm den Hund in die Arme. Offensichtlich war es Liebe auf den ersten Blick, denn der Welpe leckte ihr sofort das Gesicht ab. »Oh, verdammt. Verdammt. Verdammt!«, sagte sie auch noch ein drittes Mal, die Stimme erstickt im weichen Fell des kleinen Hundes.
Loren grinste seinen Sohn an und hob den Daumen. Dann kraulte er den Welpen hinter den Ohren. »Hat er schon gefressen?«
»Noch nicht, aber ich habe alles dabei, was ihr braucht. Das heißt, wenn Ma bereit ist, ihm das Leben zu
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