Die letzte Zeugin
es leicht. Und jetzt sage ich dir, was wir machen.«
»Du sollst mir nicht sagen, was wir machen. Es gibt kein wir .«
»Anscheinend doch. Hör dir meinen Vorschlag an. Wir gehen in mein Büro, und dort kannst du dich hinsetzen und ein Glas Wasser trinken.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich muss ins Lebensmittelgeschäft.«
»Okay, du gehst also einkaufen. Später, so gegen sechs oder halb sieben, komme ich zu dir raus, bringe zwei Steaks mit und grille sie. Wir essen was und sehen zu, ob wir die Sache geklärt kriegen.«
»Wir brauchen nicht gemeinsam zu essen und nichts klären. Ich muss einfach nur …«
Ganz ruhig und sehr zärtlich küsste er sie. Als er sich von ihr löste, stieß sie einen zitternden Atemzug aus.
»Ich habe das Gefühl, das ist es, was du nicht fühlen möchtest. Aber wir fühlen es beide, und deshalb müssen wir uns aussprechen.«
»Dann gehst du wieder nicht weg.«
»Lass uns doch einfach darüber reden. Wenn es darauf hinausläuft, gehe ich auch weg. Ich will dir nicht wehtun, Abigail, und ich werde mein Bestes tun, um dich nicht unglücklich zu machen. Aber wenn zwei Menschen etwas füreinander empfinden, dann sollten sie das respektieren.«
»Du hast ja keine Ahnung.«
»Nein, Süße, habe ich nicht. Aber ich möchte gerne. Lass uns zum Markt gehen.«
»Ich will nicht, dass du mich dorthin begleitest. Ich möchte allein sein.«
»In Ordnung. Bis heute Abend dann.«
Schon wieder ein Gespräch, dachte sie, als sie eilig zum Laden ging. Schon wieder ein Gespräch, bei dem sie ruhig und rational bleiben würde. Sie würde ihm einfach erklären, sie sei nicht an einer Beziehung interessiert. Sie sei so mit ihrer Arbeit beschäftigt, dass sie keine Zeit für Ablenkungen durch Abendessen und Übernachtungsgäste hätte.
Sie würde es ihm fest und vernünftig erklären.
Und sie würden die Sache, die nie hätte anfangen dürfen, in aller Freundschaft beenden.
Und dann würde wieder Ruhe einkehren.
Sobald sie nach Hause käme, würde sie üben, was sie ihm zu sagen hatte und wie sie es sagen würde.
Sie würde vorbereitet sein.
Sie verschob das Training, weil bei ihr die Arbeit natürlich immer an erster Stelle kam. Es mochte ein bisschen schwieriger sein, alles voneinander zu trennen, als sie sich vorgestellt hatte, aber sie prüfte trotzdem noch einmal sorgfältig alle Daten, die sie gesammelt hatte, und nahm kleine Änderungen vor. Dann schrieb sie ihre E-Mail.
Information, die Sie vielleicht nützlich finden. Danke für Ihre Aufmerksamkeit und jedes Eingreifen.
Tvoi drug
Mit dem System, das sie schon für die Nachricht vorbereitet hatte, schickte sie es über verschiedene Locations. Dann schloss sie den zeitweiligen Account. Wie so oft dachte sie, dass es sicher Spaß machen würde, wenn sie mit ihrem FBI -Kontakt Gedanken und Meinungen austauschen könnte, aber sie musste sich mit den Informationen begnügen, die sie dem Rechner des FBI gelegentlich entlockte.
»Wir gehen jetzt nach draußen«, sagte sie zu Bert. »Dort werde ich üben, was ich Brooks sagen muss. Morgen wird wieder alles so sein wie immer. Wir müssen ja schließlich auch Geld verdienen, nicht wahr?«
Sie steckte ihre Schlüssel ein. Bert kam zu ihr und rieb seinen Körper an ihrem Bein. »Ich habe heute einen anderen Hund kennengelernt. Er ist sehr süß. Ich glaube, er würde dir gefallen.«
Mit Bert zusammen verließ sie das Haus. »Du hättest sicher auch gerne einen Freund. Nächstes Jahr hole ich dir einen Welpen. Du hilfst mir, ihn auszubilden, und dann haben wir beide ein bisschen Gesellschaft. Mehr brauchen wir doch nicht, oder? Das ist alles, was wir brauchen.«
Mit Bert ging sie um ihren Gemüsegarten herum. »Ich sollte noch ein paar Blumen pflanzen. In der letzten Zeit war ich so abgelenkt, aber bald hat alles wieder seine Ordnung. Ich muss auch am Virus arbeiten. Eines Tages, Bert, wenn ich ihn perfektioniert habe und die Zeit reif ist, dann werden wir wie die Pest über die Volkovs kommen.« Sie seufzte. »Aber daran kann ich im Moment noch nicht denken. Jetzt muss ich erst einmal diese Situation bewältigen.«
Sie zog den Reißverschluss an ihrer Kapuzenjacke auf, als sie in den Wald liefen, und legte die Hand kurz auf den Lauf ihrer Waffe.
Die wilden Pflaumen blühten, zarte Blütenblätter unter hellem Grün, und die Zweige der Trauerweide, die vor Jahren einmal jemand gepflanzt hatte, fielen wie ein grüner Vorhang ins Wasser des Bachs. Waldveilchen überzogen den Boden mit einem
Weitere Kostenlose Bücher