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Die letzten Dinge - Roman

Die letzten Dinge - Roman

Titel: Die letzten Dinge - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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nicht, nein, ist das komisch!
    Das ist nicht zum Lachen!
    Aber Ivy konnte nicht aufhören zu lachen, er lachte und lachte und kippte beinahe von der Liege. Dann kam er wieder zu sich, nahm sie und rüttelte sie hin und her und eine Welle von Zärtlichkeit überlief ihn und er streichelte ihr übers Haar.
    Ich bin beeindruckt. Respekt. Mensch, du siehst so klasse aus.
    Ach was, dummes Zeug.
    Rotznase, schlappe Henne. Hat man so was schon gesehen?
    Er drückte sie noch einmal fest und hieb ihr mit der flachen Hand sachte einige Male auf den Oberschenkel.
    Aua.
    Das ist nur lieb gemeint. Lotta verpasst der Wissmar die letzte … ich kann ja nicht mehr.
    Ivy gluckste aufs Neue und war doch gerührt, betrachtete sie nochmal intensiv und sagte dann:
    Bist du schräg. Also so was. Find ich ja klasse. Na komm, geh auf dein Zimmer, Heulsuse, ich mache das hier schon.
    Bei Frau Wissmar steht noch die Waschschüssel und alles.
    Bringe ich in Ordnung. Okay? Geh du nur. Kevin ist da und ich bin da und ich schmeiße hier den ganzen Laden, das weißt du doch. Wenn ich da bin, läuft alles. Ich habe die Kraft der zwei Herzen.
    Ja, ich weiß.
    Ivy der Tröster der Witwen und Waisen.
    Ja, ich weiß, sagte Lotta und schniefte. – Danke, das war echt lieb von dir.
    Lotta stand auf und ging hinaus und drückte die Tür zum Treppenhaus auf. Am besten nahm sie heimlich ein Vollbad. Wusste ja keiner. Während der Schicht ein Bad zu nehmen, das war der pure Luxus. Ein wunderbares Geheimnis. Badedas mit Rosskastanie. Schön heiß und duftend. Eine Reinigung, das brauchte sie jetzt. Kopf und Haare und alles wollte sie waschen. Und wenn sie nachher zu spät kam, dann arbeitete sie am Nachmittag eben länger. Hauptsache, sie war zum Mittagessen wieder da und verteilte die Kartoffeln. Ivy war sehr nett gewesen. Lotta betrat ihr Zimmer und ließ sofort heißes Wasser in die Wanne laufen. Doch während das Wasser lief und sie zwei Verschlusskappen voll tannengrünem Badedas in die Wanne schüttete und dann all ihre Kleider von sich warf, kam es ihr vor, als hörte sie Ivy immer noch lachen, mit seinem großen Mund, sein Lachen hörte man auf dem ganzen Flur, über sämtliche Stationen hinweg, es drang durch Stockwerke bis unters Dach hinauf, Himmel nochmal, wenn Ivy lachte, dann hörte man es auf der ganzen Welt.

Die kleine, schwarz gekleidete Donna   Lucia Pia stand frierend vor dem Kloster der Armen Brüder und trat von einem Bein aufs andere. Sie war verabredet mit ihrer Nichte Gianna und dem Pater Ludolfus und konnte es nicht erwarten, ihnen behilflich zu sein bei der heiligen Aufgabe, ein Gespenst zu befreien.
    Von Kindheit an hatte sie Visionen gehabt und Eingebungen, im Alter von sieben Jahren hatte sie sogar Schorf auf einem Handrücken gehabt, so dass sie geglaubt hatte, sie werde bald stigmatisiert sein. Wenn ihr der Doktor nicht diese Pferdesalbe gegeben hätte, dann hätten sich die Wundmale Jesu vielleicht tatsächlich in der Hand ausgebildet und Lucia fragte sich heute noch, ob es gottgewollt war, dass sie die Pferdesalbe gegen Jesu heilige Wunden eingesetzt hatte. Sie wäre ja auch stolz gewesen auf solcherlei Erscheinungen an ihrem Körper. Wer hatte so etwas schon? Sie wäre als Braut Christi in die Geschichte eingegangen und vielleicht als Heilige verehrt worden.
    Aber leider hatte sie später den Bauer Adolfo geheiratet und war mit ihm nach Deutschland gegangen, wo er am Fließband stand und immer noch stehen würde, hätte ihn nicht der Schlag getroffen. Donna Lucia aber hatte in ihrem Leben oft in ihrem Wohnzimmer gesessen und im Geiste mit den Heiligen gesprochen, die ihr mit Rat und Tat zur Seite standen und ihr immer wieder Hinweise geben konnten: wo ihr Neffe eine Arbeit finden konnte, wie sie die Handwerker bezahlen konnte oder wen ihre Nichte Gianna hätte heiraten sollen, was sie aber nicht gemacht hatte. Andere hingegen wandten sich in vielen Angelegenheiten an Donna Lucia und folgten ihrem Rat, so dass diese zwar nicht so sehr heilig geworden war, wie sie es ursprünglich gewollt hatte, und sie wurde auch nicht von aller Welt verehrt. Dennoch hatte sie es geschafft, unter den Italienern im Stadtteil ein kleines, einträgliches Nebengeschäft zu betreiben, gelobt sei der Herr.
    Und heute zum Beispiel musste sie ihrer Nichte Gianna helfen und einem richtigen Padre – ein richtiger Padre hatte sie um Hilfe gebeten! Wegen einer verlorenen Seele. Donna Lucia war in guter Stimmung angesichts einer solchen

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