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Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf

Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf

Titel: Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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herschaust«, gab der Junge trocken zurück.
    Der Drache war leicht betroffen. Er setzte sich auf den Schwanz, um jede Bewegung zu verhindern.
    »Ich finde deine Vorliebe für eine so grobe Ausdrucksweise widerwärtig«, ließ er von oben herab verlauten. »Das Stammhirn ist der... primitivste Teil des Gehirns, dahingegen sind die oberen, die vorderen, die seitlichen, die mittleren und die limbischen Teile des Gehirns der Sitz von Mut, Wissen, Intelligenz, Großartigkeit und von... wie soll ich sagen?«
    »Unerträglicher Aufgeblasenheit?«, schlug Yorsch erneut hilfsbereit vor.
    »Stolz«, berichtigte der Drache, »Stolz. Überlegenheit und Bewusstsein der eigenen Überlegenheit.«
    Diesmal war der Drache wirklich verärgert.
    »Ich sagte, zum Denken, Essen, Schlafen und Leben benutzt der Drache nur sein Stammhirn, weil die höheren Teile in ständigem Kontakt mit dem Hirn des werdenden Drachen stehen, um ihm alles Wissen zu übertragen. Sodass der Drache, wenn er auf die Welt kommt, über sämtliche Erinnerungen seines Erzeugers verfügt, und sobald beim ersten Flug die verschiedenen Gehirnteile zusammengeschlossen werden, ist er bereits...«
    »Bereits?«
    »Perfekt. Absolut perfekt! Entschuldige, aber es ist zu ergreifend für mich, über unsere unendliche Vollkommenheit zu sprechen.«
    Eine Träne der Rührung lief dem Drachen über die Wange. Am Rand des Mauls angekommen, löste sie sich, fiel ins Leere und landete mit einem Plopp auf dem Wasser, wo sich ringsum eine Reihe von konzentrischen Kreisen bildete.
    Er wäre besser ein Neugeborenes geblieben.
    Unterdessen war Yorsch sauber. Er stieg aus dem Wasser. Der Wind traf eisig auf seine Haut. Er schauderte, nieste. Die Augen des Drachen, in der Anschauung der eigenen Großartigkeit verloren, blickten auf ihn herab.
    »Du zitterst ja wie Espenlaub, wenn der Herbstwind eisig hineinfährt«, bemerkte er. »So ist es, wenn einem außerordentlich kalt ist«, schloss er, selbstzufrieden und triumphierend über die eigene Weisheit.
    »Ich wusste, dass ich es dir nicht würde verbergen können«, bestätigte Yorsch. Er hasste diesen Tonfall.
    »Ich kann mir das nur ausmalen und erahnen, weißt du. Wir Drachen wissen nicht, was Kälte ist«, fuhr das Riesenvieh selbstzufrieden und triumphierend fort. »Die Schuppen sind ausgezeichnete Isolatoren, die die Wärme halten, ganz zu schweigen von den zwei inneren Flügeln zwischen den Schulterblättern, die mit Pelz überzogen sind...«
    »Ich bin überwältigt vor Bewunderung«, erwiderte der Elf immer knapper und eisiger.
    Eisig in jedem Sinn. Er musste sich vor der Kälte in Sicherheit bringen und sich in der zugigen und von Vogelmist verdreckten Höhle irgendwie aufwärmen. Vielleicht konnte er den Vogelmist ja verbrennen und dadurch etwas Wärme erzeugen, aber das war nicht gerade eine angenehme Aussicht. Wenn er nur aufhören könnte, mit den Zähnen zu klappern!
    Der Drache sah ihn lang an, dann breitete er seine Flügel aus und die inneren Flügeltaschen öffneten sich, warm und ganz weich wie ein doppelter Brutbeutel.
    »Spring auf«, schlug er vor, »fliegen wir eine Runde.«
    »Fliegen?« Einen Augenblick lang war Yorsch verwirrt. Er war so verärgert, dass er sogar vergessen hatte, wie schön Fliegen war. Schön? Großartig!
    »Fliegen«, bestätigte der Drache und nickte. Er breitete die Flügel noch etwas weiter aus und es sah wirklich aus wie die Einladung zu einer Umarmung. »Hier hast du es warm«, erinnerte er ihn.
    »Fliegen!«, bestätigte Yorsch und sprang zwischen die warmen, pelzigen inneren Flügel. »Diesmal ins Gebirge.«
    Von einem unerträglichen kleinen Bruder hatte Erbrow sich mit einem Schlag in einen unerträglichen großen Bruder verwandelt, aber alles in allem, zum Beispiel was das Fliegen anging, war es jetzt besser als früher!
    Während er sich auf dem herrlichen Rücken des Drachens zurechtsetzte, führte er die Unterhaltung fort: »Hör mal, und die Schmetterlinge...?«
    »Schon wieder die Schmetterlinge?«
    »Ich habe es dir doch schon gesagt, ich hatte nur sie zum Anschauen. Also, das wollte ich dich fragen: Hunde, Katzen, Kanarienvögel, Hühner und Elfen pflanzen sich fort wie die Schmetterlinge, hast du gesagt. Also bin ich auch aus einem Ei geschlüpft? Das hat Mama ausgebrütet oder Großmutter, was meinst du? Wahrscheinlich Großmutter, weil ich meine Mama ja gleich verloren habe... Meine Frau wird dann unser Ei ausbrüten, ich meine, unser Kind, oder kann ich das auch

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