Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
hab doch nichts getan«, zischte er aggressiv. »Du kannst mir nichts tun, wenn ich nichts getan habe. Man kann einem schließlich nichts tun wegen Sachen, die er bloß denkt. Erst legst du deine Regeln fest, und dann regst du dich auf über einen, der nichts getan hat. Was ist denn los? Schadet es deinem Prinzesschen vielleicht, wenn man es anschaut?«
»Halt dich von meiner Frau und von meiner Tochter fern, oder ich vernichte dich. Das sage ich hiermit zum zweiten Mal. Und es wird das letzte Mal sein.«
Moron trollte sich.
Die Phönixhenne verbrannte sehr langsam.
Da war kein phantastisches Lichtspiel, aber auch kein Rauch oder Geruch nach verbranntem Fleisch.
Still sahen Erbrow und das Küken zu. Sie waren ernst und traurig, aber sie weinten nicht, keiner von beiden. Am Schluss blieb nur eine leichte Asche übrig, die der Wind über dem Meer zerstreute und die sich unter die Wellen mischte. Die Seeadler erhoben sich zum Flug und kreisten noch lang im Abendlicht über der Bucht.
Das Küken bekam den Namen Angkeel. Erbrow und Jastrin übernahmen die Aufgabe, es zu behüten und zu füttern. Der kleine Adler liebte Garnelen, ließ Napfschnecken und Muscheln gelten und betrachtete jede Art von Fisch, Weich- oder Schalentieren, die nicht absolut frisch oder gar Abfälle waren – die Götter mochten es verhüten –, als eine Zumutung.
Erbrow liebte er heiß, für Jastrin hegte er eine gewisse Sympathie. Robi und Yorsh ließ er gelten.
Ansonsten duldete er nicht, dass man ihm nahe kam. Sein Schnabel war mörderisch und seine Krallen waren sehr scharf. Er hatte einen infernalischen Charakter und Hunger wie ein Wolf.
Wenn er nicht gerade fraß, nicht Hühner jagte, Pferde scheu machte oder Reihern nachstellte, wenn er nicht gerade die wenigen kostbaren Netze zerrupfte oder durch sein Gekreisch auf den Klippen die Fische verscheuchte, schmiegte er sich in Erbrows Arm, und die war glücklich wie noch nie.
Nachdem drei Monde vergangen waren und der Sommer vor der Tür stand, war allen klar, dass der junge Adler groß genug war, um fliegen zu lernen. Es stellte sich das Problem, wie man ihn auf die Spitze der Felsenklippe bringen könnte.
Robi flocht einen Korb aus Schilf, in dem er bequem Platz fand, und Yorsh machte sich auf den Weg, ihn dort hinaufzutragen.
Der Abschied zwischen dem jungen Adler und Erbrow war lang und ergreifend.
Die Felsenklippe fiel senkrecht zum Meer ab und war schwer zu erklimmen, es gab nur wenige und unsichere Trittstellen und keine Flächen zum Ausruhen und Luftholen.
Schon bald brannten Yorsh die Arme und Beine vor Anstrengung. Während des gesamten Aufstiegs war er umschwirrt von den Seeadlern, die ihn freudig umkreisten, ihm mit ihren Flügeln in die Quere kamen und ihn mehr als einmal in Gefahr brachten, das Gleichgewicht zu verlieren.
Als er endlich oben auf der Klippe ankam, war Yorsh vollkommen erschöpft. Seine Lippen waren trocken und aufgesprungen. Der junge Adler wurde mit großen Freudenkundgebungen empfangen und gefüttert. Der Kopf eines Kaninchens, noch von Blut triefend, und eine halbe, schon etwas angenagte Möwe wurden großzügig auch Yorsh angeboten und zu seiner Erleichterung überstand die Freundschaft der Adler seine höfliche, aber bestimmte Ablehnung.
Das Meer war atemberaubend schön. Glitzernd lag die Erbrow-Bucht im Sonnenlicht. Seit seiner Jugend, seit er zwei Monate lang auf dem Rücken eines Drachen geflogen war, hatte Yorsh das Meer nicht mehr aus solcher Höhe gesehen. Im Osten erhoben sich die Dunklen Berge und leuchteten in der Sonne tiefer grün als ein Smaragd.
Yorsh erkannte die Täler wieder, über die er, zwischen den Flügeln seines Drachenbruders sitzend, hinweggeflogen war, er erkannte die Windungen des Dogon wieder, die er mit Sarya und Monser hinaufgefahren war und an denen er dann mit Robi und den anderen wieder entlanggezogen war.
Auch erkannte er, was bei einer Entfernung von nicht mehr als zwei Meilen nicht schwer war, die beiden Gestalten, die sich viel weiter unten, nahe beim oberen Ende des Wasserfalls, dahinschleppten. Es waren zwei Männer, der eine immer noch vergleichsweise dick, der andere drastisch abgemagert, und auch wenn acht Jahre vergangen waren, erkannte Yorsh sie sofort. Es waren Meliloto und Palladio, die zwei Soldaten, die Robi in den Verliesen von Daligar bewacht hatten. Zwei Familienväter, brave Leute, ohne dass sie sich durch besonderen Mut oder Ehrlichkeit hervorgetan hätten. Sie waren nicht unfreundlich
Weitere Kostenlose Bücher