Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
zu dem Mädchen gewesen und hatten sich ihnen auf der Flucht dann angeschlossen.
Sie schienen verletzt, mutlos und am Ende ihrer Kräfte, auf der verzweifelten Suche nach einer Möglichkeit, unter dem schwindelerregenden Wasserfall den Abhang hinunterzukommen, ohne sich den Hals zu brechen.
Nachdem er sich mit tiefen Verbeugungen von den Adlern verabschiedet hatte, gezwungen, den Kaninchenkopf und die halbe Möwe mitzunehmen, machte Yorsh sich auf den Weg zu den beiden.
Er ging zwischen Farnen und Eichen dahin, die ihn an Landschaften erinnerten, die er jahrelang nicht mehr gesehen hatte. Doch trotz des dringenden Bedürfnisses, seinen Durst zu löschen und den beiden Flüchtlingen zu Hilfe zu eilen, konnte Yorsh nicht laufen. Und es war nicht nur Erschöpfung, was ihn daran hinderte. Es war ein leises Gefühl von Kälte zwischen Magen und Brustkorb, das er schon lang nicht mehr verspürt hatte, und es war kein Hunger.
Angst.
Es war aus.
Man hatte sie entdeckt.
Man hatte ihn entdeckt.
Sie waren da.
Allerdings waren Meliloto und Palladio nicht der Typ von Menschen, die Jagd auf ihn machten. Und auch nicht der Typ von Menschen, die ihr Leben als Familienväter riskierten, um herzukommen und ihm zu sagen, dass Jagd auf ihn gemacht wurde.
Vielleicht hatte er gar nichts damit zu tun. Vielleicht wurden sie nur verfolgt … Man hatte herausgefunden, dass sie Deserteure waren, das war alles … Da sie nicht wussten, wohin sie sich wenden sollten auf ihrer Flucht, waren sie bis an den Wasserfall gelangt, dessen gähnender Abgrund sie aufgehalten hatte.
Es gab da allerdings noch eine zweite Vermutung, nämlich die, dass in der Menschenwelt etwas Schreckliches passiert war und die beiden auf der Flucht davor waren.
Er entsann sich aber, dass Meliloto und Palladio Frau und Kinder hatten, viele Kinder, und Frau und Kinder verlässt man nicht, schon gar nicht, wenn etwas Schlimmes, Schreckliches im Gange ist.
Außer … man sucht Hilfe.
Die dritte Vermutung war, dass sie auf der Suche nach ihm waren. Ein so schreckliches Verhängnis, eine so unaussprechliche Verzweiflung musste über ihre Frauen und Kinder gekommen sein, dass es die Menschen dazu trieb, bei jeder Art von Kräften Hilfe zu suchen, selbst bei den Kräften eines Elfen.
Die Gefahr, die der Welt drohte, musste so übermächtig sein, dass sie den Hass gegen sein Geschlecht überwog, ihn vergessen ließ.
Yorsh bemerkte, dass er den Schritt verlangsamt hatte.
Er wollte nicht hören, was geschehen war.
Er wollte es nicht wissen.
Er wollte, dass das Leben so weiterging wie bisher. Er. Robi. Erbrow. Die anderen. Die Jagd auf Fische. Sein Haus. Sein Strand. Er hatte sich sein Leben allein aufgebaut; er hatte Napfschnecken vom Felsen gelöst und Pfeile auf Brassen abgeschossen, damit sein Kind etwas zu essen hatte, einen Stein hatte er auf den anderen geschichtet, damit seine Leute bei Unwetter ein Dach über dem Kopf hatten.
Das neue Kind, das in der Wärme und Dunkelheit von Robis Schoß heranwuchs, sollte geboren werden wie Erbrow, gewiegt vom Rauschen der Wellen und auf dieser Welt empfangen von der Umarmung seines Vaters.
Das sollte immer so weitergehen.
Er wollte nicht wissen, was geschehen war.
Er schuldete niemandem etwas.
Sie schuldeten niemandem etwas. Sie waren geflohen, von allen verfolgt; niemand hatte ihnen geholfen, außer dem letzten Drachen, der von eben jenen Menschen ermordet worden war, die jetzt um Hilfe bitten kamen. Sie hatten sich ihr Leben selbst aufgebaut, hatten am Strand Teilmuscheln gesammelt, schlotternd vor Kälte im Winter und im Sommer von der Sonne versengt.
Yorsh blieb stehen.
Die Versuchung war enorm groß. Er wollte umkehren.
Sie hatten ihn noch nicht gesehen.
Sie würden nie erfahren, dass er nur eine halbe Meile von ihnen entfernt gewesen war.
Niemand würde das je erfahren.
Sie würden dort bestimmt nicht hungers sterben, wenn sie etwas zu essen suchten, auch würden sie nicht umkommen, wenn sie unter dem Wasserfall hinunterstiegen. Sie waren erwachsene Männer. Sie hatten Wasser zur Genüge und mit vereinten Kräften würden sie sich schon ein oder zwei Forellen fangen können. Sie würden sich gegenseitig verarzten, gegenseitig trösten und dann würden sie wieder gehen.
Es war nicht sein Problem. Er hatte sie ja schließlich nicht eingeladen und nicht adoptiert.
Im Dunkel des Waldes war das Licht grün wie die Farne, zwischen denen er dahinging. Das erinnerte ihn an die Flügel des letzten Drachen, der
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