Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
kamen.«
»Hauptmann«, unterbrach ihn Yorsh ohne Schärfe, fast sanft, »eben gerade deswegen, weil die Familien eurer Männer als Geiseln genommen wurden … Hauptmann! Ihr kämpft für ein Ungeheuer!«
Der Hauptmann machte eine Bewegung, als müsse er nach Luft ringen.
»Ich weiß«, antwortete er schließlich. »Ich weiß das seit zehn Jahren, und zehn Jahre sind zu viel, aber die Orks sind schlimmer als das Ungeheuer, für das ich kämpfe, und wie, wenn nicht im Kampf für Daligar, hätte ich sie aufhalten können?«
Der Wolf winselte leise und drückte die Schnauze gegen die Hand des Hauptmanns.
Rankstrail und Yorsh sahen sich an.
Yorsh musste sich Gewalt antun, um dem anderen, Erbrows Mörder, gegenüber nicht weich zu werden.
Wer Verantwortung für die Welt übernimmt, hat keine Verachtung verdient, niemals. Der Hauptmann hatte einen Fehler begangen, vielleicht war es ein tragischer Fehler gewesen, vielleicht nur die Entscheidung für das kleinere Übel …
Yorsh erinnerte sich, dass es in dem Turm hoch droben über dem Meer, wo ein Gutteil des menschlichen Wissens und des Gedächtnisses der Lebenden aufbewahrt wurde, auch eine Lebensgeschichte des Sire Arduin gegeben hatte, aufgezeichnet von ihm selbst. Als er den Hauptmann ansah, bemerkte er, dass die beiden sich glichen. Es war eine schwere Prüfung für Yorsh, sich von der Verzweiflung des Hauptmanns, seiner primitiven Direktheit nicht rühren zu lassen, und irgendwann gelang es ihm nicht mehr.
»Gut«, fing er knapp, aber freundlich wieder an, »da Ihr schon einmal dabei seid, Eure Meinungen zu revidieren, würdet Ihr da vielleicht die Freundlichkeit haben, mich nicht länger anzureden, als ob ich Euer Pferd oder Euer Hund wäre?«
Der Hauptmann war verblüfft. Seine Augen schweiften ratlos zwischen denen von Yorsh hin und her, ohne dass sich ein Funken von Verständnis darin gezeigt hätte. Endlich begriff er.
»Du … das heißt … Ihr. Ich … Ihr. Entschuldigt, aber das ist die Gewohnheit. Ich rede mit meinen Männern so … sicher, Ihr habt recht … das ist die Gewohnheit, aber Ihr habt recht. Ihr kennt den Namen Eures Vaters und seid weder ein Zwerg aus den Bergwerksstollen noch ein zum Tode Verurteilter, den man vom Galgengerüst heruntergeholt hat …«
Yorsh unterbrach ihn.
»Verzeiht, Herr, wenn ich mir anmaße, Euch belehren zu wollen, aber niemand auf der Welt, außer ganz kleinen Kindern oder denen, die unsere Freunde und Brüder sind, verdient es, angeredet zu werden, ohne dass unsere Rede den äußersten Respekt bezeuge, den wir ihm entgegenbringen. Umso mehr, wenn es sich um jemanden handelt, der glaubt, solchen Respekt nicht verdient zu haben. Jeder ist das, was er glaubt zu sein, und da es nicht leicht ist zu wissen, wer wir sind, leiten wir es aus dem Blick dessen ab, der uns ansieht, aus dem Tonfall dessen, der mit uns spricht. Es ist nicht ihre erbärmliche Herkunft, nicht die Tragödie ihrer Geburt, es sind nicht die grauenhaften Spuren, die der Henker auf ihrem Fleisch hinterlassen hat, was Eure Männer vom angeborenen Adel ihres Lebens ausschließt, sondern die Worte, mit denen sie angeredet werden, und die Worte, mit denen angeredet zu werden sie erwarten. Die Zwerge stammen allesamt von den vormaligen mächtigen Herrschern über das Erdinnere ab, und auch wenn sie jetzt in Elend und Sklaverei leben müssen, bleiben sie doch Nachfahren eines großartigen Geschlechts. Die Menschen stammen allesamt von einem Mann und einer Frau ab, die von den Göttern zusammengegeben wurden, auf dass sie einander in Liebe oder Hass, in Zärtlichkeit oder Grausamkeit angehören, und auch sie sind heilig, alle. Diejenigen, die den Namen ihres Vaters nicht kennen, könnten Kinder eines Königs oder eher noch eines Gottes sein. Es gibt uralte Geschichten und Legenden, die besagen, dass Er, der das Universum und das Leben erschaffen hat, wenn Er sich mitteilen will, Seine Botschaft jeweils einem vaterlosen Kind anvertraut, weil Kinder ohne Väter Kinder des Lebens selbst sind. Sprecht arme Schlucker und Verfemte mit derselben Höflichkeit an, womit Ihr Könige ansprecht, und ganz von selbst wird Gerechtigkeit in die Welt kommen, ohne dass man sie mit Blut erzwingen muss. Worte können wichtiger sein als die Dinge, die sie bezeichnen, ja, sie können diese verändern. Ich verstehe ja, dass Ihr aufgebracht wart aus Angst, mein Leben könnte in Gefahr gebracht werden, aber behandelt Eure Leute nie mehr wie Grobiane und Feiglinge, und sie
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