Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
dass ich es bereuen könnte, das nicht schon früher getan zu haben, und lasst mich nie mehr wiederholen, was ich über euch und über eure Mütter denke, die ihr Leben damit vergeudet haben, euch auf die Welt zu bringen.«
Die Männer verstummten. Keiner würde mehr aufmucken. Keiner würde sich mehr rühren ohne den Befehl dazu. Der Hauptmann beruhigte sich. Seine Stimme wurde wieder freundlicher.
»Wir alle haben Befehle von einem Elfen befolgt, und das Ergebnis ist, dass wir nicht krepiert sind und sogar eine Schlacht gewonnen haben, die nicht zu gewinnen war, gegen ein Heer, das nicht zu schlagen war, also folgen wir weiterhin seinen Befehlen. Sobald es mir gelingt, ihn wieder auf die Beine zu stellen.«
Yorsh war entkräftet zu Boden gesunken. Trotz der unerträglichen Gluthitze, die in Wellen von dem brennenden Scheiterhaufen herüberschlug, hatte er wieder angefangen zu zittern. Die Erinnerungen der Orks, die er getötet hatte, quälten ihn. Er sah selbst die entferntesten Augenblicke wieder, die sie im Gedächtnis trugen. Er begriff, warum sie nur als Teile eines Heeres existieren konnten. Ein Mensch erlernt das Gefühl der eigenen Einmaligkeit von seiner Mutter, aber nur wenn die es auch besitzt. Als Söhne von Sklavenmüttern waren die Orks frei von überhaupt nichts, nicht einmal von Grausamkeit.
Rankstrail beschloss, ihn in Ruhe zu lassen, und wandte sich seiner Schwester zu.
»Was zum Teufel machst du hier draußen? Warum zum Teufel bist du nicht innerhalb der Mauern? Und warum zum Teufel trägst du dieses Kleid?«, fragte er wütend.
Der Anblick des tobenden Hauptmanns war fürchterlich und ließ seine Soldaten vor Schreck erstarren, doch seine Schwester war ziemlich unbeeindruckt.
»Man hat uns innerhalb der Mauern gefangen genommen«, erklärte sie mit der größten Ruhe, nachdem sie sich auf den Boden gesetzt hatte, wodurch zu Blut, Ruß und allem Übrigen auf ihrem weißen Kleid nun auch noch Schlamm hinzukam.
Sie war schlank und hatte nichts von dem massigen Körperbau ihres Bruders, auch wenn es da eine vage Ähnlichkeit gab in der Art, den Kopf hoch erhoben zu tragen und dem Gegenüber direkt in die Augen zu schauen. Die braunen Haare waren zu zwei Zöpfen geflochten und um den Kopf gelegt. Sie lehnte den Kopf an einen Baumstamm und versuchte, Kraft zu schöpfen zum Weitersprechen, trotz der Müdigkeit, die so grenzenlos sein musste wie der Horizont an einem wolkenlosen Tag. Ihre Lippen waren aufgesprungen von der Hitze, und bevor sie weitersprach, holte ihr Bruder seine Feldflasche hervor und gab ihr zu trinken; dann reichte er sie weiter an die anderen befreiten Gefangenen.
»Die Orks sind über die Verbindungsbögen zwischen den Festungsmauern gekommen«, fuhr sie fort, sobald sie Atem geschöpft hatte. »Sie sind bis in die Altstadt vorgedrungen, wohin wir uns alle geflüchtet hatten, und haben den Äußeren Bezirk in Brand gesteckt. Sie haben uns heute Morgen gefangen genommen und hinausgeschafft, bevor die Flammen die Treppen unpassierbar machen würden. Jetzt ist die Zitadelle isoliert. Die Orks stehen auf den Mauern, aber das Innere der Stadt leistet noch Widerstand.«
»Aber wie konnte Varil nur fallen? Warum sind die Schleusen nicht geöffnet worden? Und warum hat die Armee von Varil die Orks nicht zurückgeschlagen? Eine prachtvolle Armee! Die schönste Armee der Welt!«
»Schön waren sie ja, das muss man ihnen lassen«, erinnerte sich das Mädchen. »Binnen eines halben Tages haben sie sich abschlachten lassen. Fast alle verreckt, aber schön waren sie. Zur Verteidigung der Stadt waren dann nur noch wir da, Frauen, Kinder und Verwundete. Irgendjemand hat uns an die Orks verraten. Ihre Kundschafter haben sich in der Nacht angeschlichen wie die Wölfe. Sie haben die Mühlen besetzt und die Wachposten an den Schleusen getötet, bevor sie sie öffnen konnten. Sie hatten Landkarten dabei und wussten, wie sie vorgehen mussten. Dann haben sie die Stadt belagert. Die Kavallerie hat versucht, die Belagerung zu durchbrechen. Eine Attacke haben sie ausgehalten. Das war eine Armee für Paraden und für Schauturniere. Die Aufstellung haben sie nach dem Alter der Familien vorgenommen. Neben Sire Erktor in der ersten Reihe der Kavallerie war Sire Gaimir, sein Vetter ersten Grades, der aber die leichte Infanterie befehligte, die hinter der Kavallerie hätte stehen müssen. In der Front der Reiter war also eine Lücke, eben das Regiment Infanterie, und genau da sind die Orks vorgestoßen
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