Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
jener Nacht habe ich Euch kämpfen sehen. Niemand kann es mit Euch aufnehmen. Und ganz sicher nicht die Ritter, die Ihr bei der Schlucht von Arstrid hinter Euch hattet, obwohl sie zahlreich und gut bewaffnet waren. Das weiß ich durch ihre Angst. Wer die Kraft dazu hat, eine Ungerechtigkeit zu verhindern, Hauptmann, und sie nicht nutzt, macht sich mitschuldig. Nie werde ich Euch den Tod des letzten Drachen verzeihen, denn niemand konnte Euch in jener Nacht zu irgendetwas zwingen, denn niemand war stärker als Ihr. Das nicht bemerkt zu haben, entehrt Euch. Tut das nicht noch einmal.«
Sie sahen sich an. Der Hauptmann war nicht beleidigt oder wütend, er war eher überrascht und betroffen.
»Ich gehe jetzt und rette meine Familie und meine Leute«, setzte Yorsh hinzu. »Das Mädchen mit der Krone, wie Ihr sie genannt habt, ist kein Kind mehr und seit vier Jahren meine Gemahlin. Dass sie und meine Tochter durch mich in Gefahr kommen könnten, das ist der schlimmste Albtraum für mich, Hauptmann.«
Er grüßte ihn und schwang sich auf Enstrill.
»Ihr könnt nicht allein reiten. Ich glaube, die Orkbanden sind über die ganze Ebene verteilt. Sie werden Euch zerfleischen.«
»Wie denn?«, fragte Yorsh mit einem leichten Anflug höflicher Arroganz. »Ich bin imstande, Gras in Brand zu stecken, Pfeile abzulenken und den Griff jeder Waffe glühend heiß zu machen.«
Der Hauptmann sah ihn an, dann nickte er und grüßte ihn schließlich mit einer angedeuteten Verbeugung.
Yorsh ritt in die Nacht hinaus.
Er hatte gesiegt.
Er war verzweifelt.
Er musste so schnell wie möglich zu seinen Leuten zurück.
Während er sich entfernte, hörte er noch die Stimme des Hauptmanns: »Wenn Ihr mein Schwert benötigt, werde ich zur Stelle sein.«
Er hatte es leise gesagt, aber trotz des Galopps und der prasselnden Brände hörte Yorsh es, und nachdem er es gehört hatte, kam ihm in den Sinn, dass Rankstrail bei der Schlucht von Arstrid vielleicht daran gedacht haben könnte, seine Rolle als Kommandant der Leichten Kavallerie mit der eines zum Galgen Verurteilten zu vertauschen, bloß um sie zu retten, und dass er es dann doch nicht getan hatte, um das geschundene Land nicht ohne den Schutz zu lassen, den nur er und seine Leute bieten konnten.
Er konnte es dem Hauptmann nicht als Verbrechen, als Ehrlosigkeit anlasten, dass er die reguläre Kavallerie von Daligar nicht angegriffen und damit die Befehlsgewalt über die Grafschaft einem Verrückten entrissen hatte.
Der Hauptmann war ein Söldner. Seine Männer waren hervorragende Kämpfer, aber sie waren Ausgestoßene, Zuchthäusler, die dem Galgen entronnen waren, Zwerge, die man aus den Bergwerksstollen geholt hatte, Söhne ohne Väter, seit jeher an Verachtung gewöhnt. Für jemanden, der nicht der Aristokratie angehörte, war das Risiko zu groß, einen fürchterlichen und verheerenden Bürgerkrieg anzuzetteln, der angesichts der Orks vor den Toren den Zusammenhalt unter den Menschen nur noch weiter schwächen würde.
Der Söldnerführer war weder unwürdig noch feige.
Erbrows Opfer hatte alle gerettet. Er hatte sowohl ihn als auch den Hauptmann gerettet, sowohl die Flüchtlinge als auch die Söldner, die sie wenigstens hatten entkommen lassen.
Kapitel 24
Als das Wort »Elf« unter seinen Leuten zu zirkulieren begann, gefährlich und heimtückisch wie die Flämmchen auf dem Scheiterhaufen, als sie zwischen den ölgetränkten Reisigbündeln hin und her züngelten, hatte der Hauptmann mit einer Brutalität gesprochen, die aus Angst erwuchs, mit einer Grausamkeit, die von Furcht diktiert war.
Schon einmal hatte er die Kontrolle über seine Armee verloren, damals in der Schlucht von Arstrid, als der letzte Drache sich im Mondlicht zu seinem großartigen letzten Flug erhob, und er wollte diese Erfahrung nicht noch einmal machen. Der Hass auf die Elfen war stark, tief verwurzelt, uralt. Sogar die Erinnerung daran, dass sie mit ihm geritten waren, denselben Wind im Gesicht gespürt hatten wie er, trat für die Männer zurück angesichts des feindseligen Klangs des Wortes »Elf«. In einem Haufen von Bewaffneten konnte der Hass von einem Augenblick auf den anderen zum Ausbruch kommen, um sich greifen und explodieren, unkontrolliert, unvorhersehbar, grausam, tödlich. Nur die vorderste, kleine Gruppe von Männern hatte gesehen, was auf dem Scheiterhaufen geschah, und Rankstrail war sich nicht sicher, ob sie es auch verstanden hatten. Die Befürchtung des Hauptmanns, dass seine
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