Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
hat je welche gehabt. Wie du ja nun weißt, macht Schmerz die Kräfte der Elfen zunichte, aber ich will lieber kein Risiko eingehen. Die Welt kommt besser ohne ein Halbblut aus, halb dein Blut und halb das eines Elfen.«
»Immer noch besser als deins: ein Teil Ratte, ein Teil Laus, und den Rest machen sich zu gleichen Teilen Zecken, Kakerlaken und Würmer streitig.«
Wie im Traum hörte Robi, dass der Richter Befehl gab, sie zu töten, auf der Stelle, sie und Erbrow. Sie hatte keine Angst. Sie schloss die Augen und kein Bild erschien, trotzdem empfand sie überhaupt keine Angst. Sie hatte keine Vorstellung davon, was nun passieren würde, doch sie war sich sicher, dass weder sie noch ihre Tochter an diesem Tag sterben würden. Sie wiederholte sich, dass sie die Erbin Arduins war, und Arduin hatte die sie betreffende Prophezeiung in Stein meißeln lassen, weil er lebende Wesen und Siege vorhergesehen hatte. Sie würde siegen.
Ein alter Ritter mit Bart und einer schweren Ordenskette aus Goldplatten um den Hals kam auf sie zu. Er fasste sie an einem Arm, dann drehte er sie plötzlich um und durchtrennte mit einem Hieb die Fesseln an ihren Händen. Der Mann richtete sein Schwert auf die Kehle des Henkers, der Erbrow sofort losließ. Robi stürzte sich auf ihre Tochter und konnte sie endlich in die Arme schließen. Das Mädchen zitterte, schaffte es aber immer noch, nicht zu weinen.
Der Ritter stand zwischen ihr und den anderen.
Mit erhobener Stimme, dabei aber doch kalt und ruhig, sagte der Richter:
»Follio, Graf von Daligar, das fällt Euch etwas spät ein, dass Ihr ein Verräter seid, stimmt’s?«
»Etwas spät, das stimmt«, bestätigte der Mann. »Zu spät. Grauenhaft spät. Unverzeihlich spät. Meine Seele ist mittlerweile so verloren wie meine Ehre, und es wird eine Erlösung sein, ein Leben zu verlieren, das Ihr in einen Strom von Schlamm und unschuldigem Blut verwandelt habt. Jedes Morgen, das zum Heute wird, birgt nicht die Hoffnung auf einen neuen Tag, sondern bringt einen Tod näher, der auch keine Erleichterung sein wird. Gelähmt von Trägheit, Feigheit, von der törichten Hoffnung, das Schlimmste verhindern zu können, mitzuwirken am Aufbau einer besseren Welt, wo am Ende ein Zipfel von Gerechtigkeit sichtbar würde, habe ich tatenlos zugesehen, wie Ihr Verbrechen über Verbrechen begingt, und war Euer Komplize dabei. Um Euch zu folgen, bin ich durch Schlamm und Blut gewatet, und je tiefer ich darin versank, desto schwieriger wurde es haltzumachen. Um mir nicht eingestehen zu müssen, dass ich der Komplize eines Verbrechers bin, habe ich mir den Glauben an Euch immer von Neuem eingeredet, nach jeder neuen Lüge, nach jeder neuen Wahnsinnstat. Ich habe mit angesehen, wie Ihr feige den letzten Elfen ermordet habt, und ich habe nichts getan, um Euch aufzuhalten, denn die Bösartigkeit des Elfengeschlechts zu leugnen, hätte bedeutet, meine eigene zu bekennen, war ich doch Euer Komplize bei dessen Verfolgung und Vernichtung. Ich werde aber nicht zusehen, wie Ihr eine Frau ermordet, die ein Kind erwartet, und ein kleines Mädchen, das noch keine drei Jahre alt ist.«
»Es war der Name Arduins, der Euch zu dieser Torheit getrieben hat, stimmt’s?«
Der Mann hielt inne und dachte nach, bevor er antwortete.
»Ja«, bestätigte er. »Es war der Name Arduins.«
»Glaubt Ihr wirklich an diesen Unsinn, dass die Hexe eine Nachfahrin von ihm ist?«
»Nichts ist mir jemals wahrscheinlicher erschienen, aber selbst wenn es nicht so wäre, allein den Namen eines Mannes von Ehre nennen zu hören, reicht, um uns daran zu erinnern, dass es Ehre gibt, dass Tapferkeit nicht nur ein Märchen ist, das man Kindern vor dem Einschlafen erzählt, dass Anstand kein bloßer Traum ist, über den man sich wegen seiner Einfalt lustig machen kann.«
Ein Pfeil schwirrte. Wieder hatte der Mann mit den bunten Federn geschossen, der auch Yorsh getötet hatte. Der Graf war am Hals getroffen. Er fiel vor Robi nieder, die sein Schwert an sich nehmen konnte. Im Gegensatz zu Yorshs Schwert war dieses enorm schwer. Robi stand seit dem Morgen auf den Beinen, auf dem einen Arm hielt sie Erbrow und mit dem anderen hielt sie das Schwert.
Der Richter höchstpersönlich gab seinem Pferd die Sporen und kam zu ihr. Er hob sein Schwert, und Robi dachte, dass sie nicht genug Kraft im Arm haben würde, um den Schlag abzuwehren.
Und wieder hatte sie keine Angst.
Plötzlich veränderte sich die Farbe des Himmels, etwas Blaues und Weißes füllte
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