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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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sie auf ihre Mama. Dieser Mann hatte besonders viel Dunkles in sich, aber er verstand die Bitte. Er brauchte eine Weile, um sich zu entschließen, dann zuckte er die Achseln und willigte ein. Er trat zu Robi, damit Erbrow wenigstens in ihrer Nähe war.
    »Gleich steht dein Papa wieder auf, du wirst sehen«, flüsterte ihre Mama. »Sie wissen es nicht, aber dein Papa hat jede Menge Kräfte. Gleich passiert etwas …«
    Erbrow wusste, dass das nicht stimmte, Papa würde nicht wieder aufstehen. Wo in ihrem Inneren früher ihr Papa gewesen war, war jetzt ein kaltes, eisiges Loch.
    Die Welt wurde grün.
    Die Männer lachten weiter. Jastrin schluchzte weiter. Ihre Mama blieb weiter reglos stehen und starrte weiter ihren Papa an, der am Boden neben Enstriil lag.
    Die Welt war grün geworden und keiner hatte es bemerkt. Nur sie.
    Es war ein wunderschönes Grün mit verschlungenen goldenen Arabesken darin, in denen sich das Sonnenlicht fing.
    Unendliche Wiesen unter grenzenlosen Himmeln.
    Zwei Flügel, so grün wie die Wiesen, so weit wie der Himmel …
    Jemand mit großen grünen Flügeln war gekommen, um ihren Papa mitzunehmen, jetzt war er nicht mehr allein.
    Wo eben noch ein schwarzes, eisiges Loch gewesen war, war nun ein merkwürdiges Gefühl von Frühlingswind, Blumen, Meerwasser.
    Es war das Gefühl dessen, der auf einem Drachen reitet.
    Rund um Enstriils Hufe, wo ihr Papa am Boden lag, sprossen aus der Wiese kleine Blumen. Es waren unendlich viele, wie Sterne am Himmel. Es waren diese Blumen mit vielen weißen Blütenblättern und einem gelben Knopf in der Mitte. Endlich fiel Erbrow der Name wieder ein, es waren Margeriten.
    »Nein aua«, sagte sie leise zu ihrer Mama.
    Mehr denn je beklagte Erbrow in diesem Augenblick, nicht sprechen zu können. So frei und leicht ihr Geist sich aufschwang, so gebunden war ihre Zunge und mühte sich ab mit den wenigen Silben, die sie aussprechen konnte.
    »Nein aua«, wiederholte sie, um ihre Mutter zu trösten, aber es war zu spät.
    Ihre Mama konnte sie nicht mehr hören.
    Ihr Papa verwandelte Schmerz in Trostlosigkeit und wegen der Trostlosigkeit hatte man ihn mit Pfeilen durchbohrt.
    Ihre Mama verwandelte den Schmerz in Kraft und Wut.
    Ihre Mama war unbesiegbar und würde es bleiben.
    Ihre Wut war unbezähmbar.
    Erst nachdem der Körper ihres Vaters zu Asche verbrannt war, würden alle wirklich sicher sein, dass er nichts mehr tun konnte. Der Mann, der sie auf dem Arm hielt, gab ihr zu trinken und setzte sie am Boden ab. Ihre Mama begann zu sprechen, auf sie achtete niemand mehr, Erbrow konnte sich bücken und eine Handvoll von den Blümchen ausrupfen, einige mit weißen Blütenblättern, andere dunkelrot gefärbt von Blut. Sie steckte sie in die größere ihrer Taschen. Die feuchten Blütenblätter klebten an den Dingen fest, die in dieser Tasche waren, an dem Bötchen und der Puppe, die früher ihrer Mama gehört hatten.
    Dann hob der Mann mit der Lederkappe sie wieder hoch.

Kapitel 29
    Robi hoffte weiter, wartete weiter, dass er aufstände, wiederauferstände.
    Bei den anderen heilte er die Wunden.
    Er würde auch die eigenen Wunden heilen. Jeden Augenblick konnte er wieder aufstehen.
    Nichts geschah.
    Robi wartete weiter. Das musste ein Trick sein. Das konnte nur ein Trick sein. Wenn sie am wenigsten darauf gefasst waren, würde er aufstehen und sie in die Knie zwingen.
    Er war er.
    Robi erinnerte sich, wie sie ihm zum ersten Mal begegnet war, da hatte Yorsh Calas verstümmelte Hand geheilt.
    Er konnte alles.
    Er hatte die Erinnyen aufgehalten.
    Als sie ihn kennenlernte, ritt er auf einem Drachen.
    Das konnte nur ein Trick sein.
    Yorsh blieb reglos zu Füßen von Enstriil liegen, in einer Blutlache, die sich immer weiter ausbreitete und in der Tausende kleine Margeriten blühten.
    »He, schaut mal«, sagte jemand, »Margeriten!«
    »Margeriten«, wiederholte ein anderer. »Auch als der Drache gestorben ist, war alles voller Margeriten. Dann ist er wirklich ernsthaft tot.«
    Robi fühlte, wie ein Schwindelgefühl sie erfasste. Zum ersten Mal dachte sie, dass es vielleicht wirklich aus war.
    Sie war verdutzt und ungläubig, hatte das Gefühl, ins Nichts zu stürzen.
    Es kostete sie übermenschliche Anstrengung, stehen zu bleiben.
    Sie hatte keinen anderen Wunsch, als auf die Knie zu sinken und zu weinen bis in den Tod, aber sie würde es nicht tun. Nicht vor denen.
    Wie im Traum sah sie die Männer des Richters einen Scheiterhaufen aufrichten und den Leib ihres Gemahls

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