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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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nicht geben. Mehr wird es davon nicht geben, weil wir dem ein Ende machen, jetzt!«
    Ein Raunen lief durch die Reihen. Die Männer, die am Boden saßen, erhoben sich einer nach dem andern.
    »Halten wir sie auf!«, rief der Hauptmann mit dröhnender Stimme. »Ziehen wir jetzt los! Halten wir sie jetzt auf! JETZT!«, donnerte er.
    Da geschah etwas Merkwürdiges, was in der ganzen Geschichte der Infanterie noch nie da gewesen war. Als ob sie sich abgesprochen hätten, antworteten die Männer, aufrecht stehend, gerade und mit hoch erhobenem Kopf, den Blick auf ihren Hauptmann gerichtet: »JETZT!«
    Mehrmals hallte der Ruf im Hof wider. Mehrmals wurde der Ruf wiederholt, immer einstimmig, und jedes Mal kamen noch mehr Stimmen hinzu. Auch die jüngeren unter den Kavalleristen stimmten einer nach dem anderen mit ein und hörten sich aus voller Kehle brüllen: »JETZT!«
    »JETZT!«
    Eine Handbewegung Rankstrails und es wurde still im Hof.
    Der junge Hauptmann wandte sich an Argniòlo. »Habt Ihr diese Landkarte?«
    »Früher oder später lasse ich dich auspeitschen«, zischte Argniòlo leise und gedehnt, wobei er das Visier hochklappte, um dem Hauptmann ins Gesicht sehen zu können. »Ich lass dir die Haut auf deinem Rücken so schinden, dass du dich dein Lebtag lang nie wieder mehr wo anlehnen kannst. Beim Henker vergeht dir vielleicht die Lust, Späße zu machen.«
    »Gewiss, Exzellenz, wann immer Ihr wollt, aber nicht in diesem Leben, vielleicht im nächsten. In diesem Leben hier bin ich Rankstrail, Hauptmann der Leichten Infanterie, und das sind die Männer, die unter meinem Befehl stehen. Unter meinem Befehl könnten sie auch sterben, und wenn ich jemandem gestatte, es mir gegenüber an Respekt fehlen zu lassen, dann ist das so, als würde man zu diesen Männer sagen, sie seien nichts wert.«
    Unter den Kavalleristen wurde es still. Alle hatten Rankstrail erkannt. Womöglich hatten sie ihn noch nie gesehen, aber gehört hatten vom Bären schon alle, ausnahmslos, von dem blutjungen Hauptmann der Leichten Infanterie, der lesen konnte, sich an den Sternen orientierte und seine Soldaten in Schutz nahm. Alle hatten schon von dem jungen Krieger gehört, der alle besiegen würde, selbst die Dämonen, der unüberwindlich war, weil seine Männer für ihn durch das Reich des Todes gehen und wiederkehren würden.
    Argniòlo schwieg und rührte sich nicht, denn nicht nur Rankstrail wagte es, ihm direkt ins Gesicht zu sehen, sondern diese ganze Bande, die er mit sich führte, diese ganze Bande von verlausten, dreckigen Halsabschneidern sah ihn an.
    Rankstrail begriff: Die oberste Regel des Söldnerheeres, die da lautete, möglichst den Hunger und den Henker walten zu lassen, um die Männer mit gesenktem Kopf und niedergeschlagenen Augen zu halten, diese Regel war verletzt worden. Zum ersten Mal begriff er auch, dass es diese Regel gab. Bisher war er im Grunde überzeugt gewesen, dass es aus Dummheit, Gleichgültigkeit und Nachlässigkeit geschah, wenn man sie ohne Essen und Sold ließ.
    Aber nein, man hatte Angst vor ihnen. Der Mangel an allem trieb sie zum Diebstahl. Der Diebstahl zog Ächtung nach sich und die glühenden Zangen. Die Absicht war, sie stets parat zu haben, mit gesenktem Kopf und niedergeschlagenen Augen. Das war wie bei Aurora, Hunger, Scham und Angst waren die Waffen, mit denen man einen Menschen zerstört. Mit Hunger, Scham und Angst hielt man sie in Schach und beschwichtigte zugleich die Angst, die man vor ihnen hatte.
    »Und dann, Exzellenz«, fuhr Rankstrail unbeirrbar fort, »wenn Ihr mich dem Henker übergebt, dann müsst Ihr selbst gegen die Orks ziehen und mit ihnen über die Bedeutung von Leben und Tod diskutieren, und vielleicht habt Ihr gerade anderes zu tun. Besser, ich gehe dahin, ich bin das gewöhnt. Jetzt«, fuhr er ernst und mit Nachdruck fort, »gebt mir diese Karte, denn an jedem Tag, den wir länger zögern, sterben Menschen, alleingelassen, und wir hätten es verhindern können.«
    Ein langes Schweigen trat ein und keiner rührte sich, dann endlich bewegte sich jemand. Es war ein alter Ritter mit weißem Haar und einer ledernen Ordenskette mit Insignien aus purem Gold, die ihn als hochrangigen Angehörigen einer alten Adelsfamilie auswiesen. Er überquerte den Hof und kam zu Rankstrail, dann stieg er vom Pferd, damit er nicht von oben herab mit ihm reden musste.
    Er zog eine Landkarte aus seiner Satteltasche, entrollte sie, zeigte Rankstrail, wo der Gespaltene Berg war, die Hochebene von

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