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Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit

Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit

Titel: Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ed Stuhler
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Überzeugung, unsere sind die richtigen Strukturen, die wir schnell im Osten einführen müssen, war so weit verbreitet und so mächtig, weil diejenigen, die als Missionare kamen, sich gar nicht vorstellen konnten, dass hier schon etwas war. Ich glaube, sie hatten so ein bisschen den Eindruck, sie müssten jetzt eine Wüste kultivieren.«
      Jens Reich: »Ich habe Nein zur Währungsunion und Nein zum Einigungsvertrag, dann zur Vereinigung gesagt, auch zum Termin, der schon beschlossen war, bevor überhaupt der Einigungsvertrag fertig war, zu diesen drei Sachen Nein gesagt, weil ich es nicht verantworten konnte. Ich war nicht informiert. Ich hätte nicht zustimmen können, denn das wäre reiner Opportunismus gewesen. Das ist so über uns gekommen, dass es keine Chance gab. An einigen Stellen konnte man dann mal was ändern oder mal jemandem sagen, so geht das nicht oder auch nur Befindlichkeiten beschreiben, von denen man wusste, dass sie in der Bevölkerung da waren. Aber im Großen und Ganzen ist das ja sicher auch für die, die im Westen das durchgeführt haben, wie eine Lawine gewesen. Na ja, wir haben da halt ›Augen zu und vorwärts‹ gesagt und haben dann auf diese Schnelle natürlich auch nichts anderes zustande gebracht als dass all ihre Gesetze – mit ein paar Ausnahmeregelungen und Übergangsregelungen – auf die DDR, auf das Parlament gestülpt wurden. Und dazu musste das Parlament mehrheitlich Ja sagen. Und wenn man Nein gesagt hat, dann wurde man auch noch schief angesehen und als fünfte Kolonne der PDS beschimpft.«
      »Im Laufe der Verhandlung«, erinnert sich Günther Krause, »sind Positionen, die wir im ersten Entwurf aufgebaut hatten, aufgegeben worden, so dass im Grunde genommen nur noch übrig blieb, Berlin wird Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland. Alle anderen Dinge haben wir dann aufgegeben, um beispielsweise – ein ganz wichtiger Punkt – die Berufstätigkeit und die Berufsabschlüsse so zu definieren, dass Berufstätigkeit in beiden deutschen Staaten als gleichwertig anerkannt wird. Ich nenne mal ein Beispiel: Unterstufenlehrer in der DDR hatten kein Hochschulstudium. Nach westdeutschem Recht hätte man die Lehrerinnen und Lehrer schlechter behandeln müssen als in Westdeutschland. Wir haben das mit dem Einigungsvertrag durchgesetzt, wenn auch auf dem Klageweg dann durch Betroffene, weil es eben dummerweise Regierungen in den neuen Bundesländern gab, die Geld sparen wollten in den Landeshaushalten und die Unterstufenlehrerinnen der DDR-Prägung schlechter behandeln wollten. Da ist dann auf Basis des Einigungsvertrages gleiches Recht gesprochen worden. Das waren Dinge, die waren uns eigentlich dann letztendlich wichtiger als die Hymne oder der Name Deutschland oder Bundesrepublik Deutschland.«
      Lothar de Maizière zeigt stolz sein Exemplar des Einigungsvertrages, das deutlich nach Arbeit aussieht: »Eine Zeit lang war er wirklich mein tägliches Handwerkszeug. Manches, was die Leute beklagen: ›Ja, das steht im Einigungsvertrag und ist falsch‹, ist spätere bundesdeutsche Gesetzgebung, was wir gar nicht gemacht haben. Aber man hat es sich so angewöhnt, alles, was nicht klappt, dem Einigungsvertrag anzulasten. Man sollte ihn sich ansehen, um festzustellen, dass die Anerkennung der Berufsabschlüsse der Ostdeutschen im Einigungsvertrag geregelt ist, dass ein großer Teil ihrer sonstigen zivilrechtlichen Ansprüche, Eigentumsansprüche und so weiter geregelt ist. Ich halte ihn nach wie vor für ein Meisterwerk!«

    10. Strickjacken am Selemtschuk

    »Sie haben soeben die DDR völkerrechtlich anerkannt!«
Lothar de Maizière

    Am 28. und 29. April führt Lothar de Maizières erste Auslandsreise nach Moskau. Der Premier ist der Meinung, dort müsse man zuerst hin, um ein Zeichen zu setzen. Die DDR ist durch eine Reihe von Verträgen, den Warschauer Vertrag, den RGW-Vertrag und durch Handels- und andere bilaterale Verträge, eng an Moskau gebunden. Er will Gorbatschow danken für das, was er getan hat für die DDR und die Länder des Ostens, für seinen Beitrag zum Fall der Mauer. Die Mitglieder seiner Regierungsdelegation sind Außenminister Markus Meckel, Wirtschaftsminister Gerhard Pohl und der Minister für Abrüstung und Verteidigung, Rainer Eppelmann.
      Regierungssprecher Matthias Gehler sind vor allen Dingen die merkwürdigen äußeren Umstände dieses Besuches im Gedächtnis geblieben.
      Schon am Flughafen empfängt sie nicht, wie im Protokoll vorgesehen,

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