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Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit

Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit

Titel: Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ed Stuhler
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noch Mitte Juni eine gemeinsame Verfassung für die bevorstehende politische Vereinigung.
      In der DDR präferieren Bündnis 90 und PDS diesen Weg. Gregor Gysi: »Die entscheidende Frage war: Wenn es zur Einheit kommt, wird es einen Beitritt geben, oder wird eine neue Verfassung geschrieben und durch einen Volksentscheid in ganz Deutschland angenommen, so dass ein neuer deutscher Staat entsteht, der die Rechtsnachfolge der alten Bundesrepublik und der alten DDR antritt? Was übrigens juristisch erhebliche Konsequenzen gehabt hätte, aber vor allen Dingen auch psychologische. Man muss sich das in etwa so vorstellen: Die Tante ist reich, der Neffe ist arm. Okay, das hätte sich auch durch eine andere Struktur nicht geändert. Aber der Unterschied ist ganz einfach: Einmal zieht der Neffe in die Wohnung der Tante, und einmal ziehen beide zusammen gemeinsam in eine neue Wohnung. Ein gravierender Unterschied. Weil im ersten Fall die Tante überhaupt nicht einsieht, dass sie irgendetwas ändern soll, die Art, wie sie frühstückt, wie sie Abend

    Vor allem junge Menschen hatten das Symbol als Aufnäher auf ihrer Kleidung getragen. Da man dies als pazifistische Gesinnung und Protest gegen den Waffendienst ansah, wurden viele für das Tragen verfolgt, oder die Aufnäher wurden, z. B. durch Bahnpolizisten, einfach abgerissen.
    brot isst, wie sie fernsieht, das muss alles so bleiben. Und du kommst als armer Neffe dazu und hast dich irgendwie einzuordnen. Wenn man aber zu zweit eine neue Wohnung bezieht, selbst wenn die eine reich und der andere arm ist, ist es nicht gleichberechtigt, aber man hat deutlich mehr Chancen, eigene Vorstellungen mit einzubringen.
      Wenn man damals gesagt hätte, Krippen, verändert, aber keine so schlechte Idee, die bauen wir jetzt in Passau auf, in Kiel, in Frankfurt am Main. Das sagt man jetzt, 20 Jahre später, aber nicht damals vor 20 Jahren. Wenn man gesagt hätte, die haben an allen Schulen eine stellvertretende Direktorin bzw. einen stellvertretenden Direktor, nur zuständig für außerschulische Tätigkeiten, wir machen zwar eine andere außerunterrichtliche Tätigkeit, aber das führen wir mal ein. Ist doch interessant, so Angebote zu machen für den Nachmittag. Wenn man acht solche Sachen, ganz unpolitisch, übernommen und damit das Leben in der alten Bundesrepublik verändert hätte, dann hätten wir eine Einheit gehabt. Dann würden die Leute sagen: ›Ja, es kostet zwar Geld, aber seitdem haben wir in den und den Punkten auch eine Entwicklung erlebt.‹ So etwas ist keiner Westdeutschen und keinem Westdeutschen gegönnt worden. Und daran krankt die Einheit bis heute, und deshalb war ich da so leidenschaftlich für Einheit und gegen Beitritt. Aber der Beitritt erfolgte, und die Bevölkerung, muss man ehrlicherweise sagen, hat damals diese Frage nicht sonderlich beschäftigt. Ich habe sie erörtert, aber sie wollten schnell die Einheit, sie wollten schnell die gleiche Währung, sie wollten schnell diese Bedürfnisse befriedigen. Sie hatten jahrelang im Mangel gelebt, alles war knapp. In Berlin ging es ja noch, aber außerhalb Berlins wurde ja alles immer knapper. Und das sollte sich endlich mal ändern. Und da war die Frage, ob das nun nach Artikel 23 läuft oder nach einem anderen Artikel des Grundgesetzes, für die Leute einfach nicht so interessant. Da stehst du dann eben auch manchmal einsam da, erzählst etwas, aber das Interesse daran war eher begrenzt. Heute, glaube ich, würden sie es anders machen.«
      »Also dem Kanzler«, sagt de Maizière, »war wichtig, dass der Prozess sich über den Weg des Artikels 23 abspielt. Also nicht die Variante, eine verfassungsgebende Diskussion in Gang zu bringen, vor allen Dingen, weil er sich sagte, wenn die Deutschen sich in eine verfassungsgebende Versammlung begeben, dann dauert es Jahre, bis wir da zu Potte kommen. Und dann kommt trotzdem das gleiche Grundgesetz wieder raus.«
      Reinhard Höppner glaubt, dass der Weg nach Artikel 146 eine echte Überforderung gewesen wäre: »Im Zweifelsfall, wenn man es durchgedrückt hätte, wäre es doch noch mal das Ergebnis westdeutscher Verfassungsrechtler gewesen, wo wir ein bisschen Garnitur abgegeben hätten. Diese Bundesrepublik war zu dem Zeitpunkt
    1989 / 90 so saturiert und von sich selbst überzeugt! Und nicht nur die Regierung, sondern die ganzen Institutionen. Wenn man mal überlegt, was da so gekommen ist von West und im Osten diese Strukturen eingeführt hat. Also diese

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