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Die letzten schönen Tage

Die letzten schönen Tage

Titel: Die letzten schönen Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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    ERZENGEL
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    LIEBELEI
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    SALOME
    DESDEMONA
    TURANDOT
    Login Success. Mein Gott. Das ist es. Turandot, Puccinis frigide Prinzessin. Mein Gott. Hätte man
früher drauf kommen können. Ich hab das Notebook sofort zugeklappt. Bisher wars
ein Spiel. Ich darf nicht weitermachen. Das Gefühl einer großen Schande preßt
mich auf den Fußboden. Bin auch schon betrunken. Bloß keine Fehler.
    8. Februar
    Heute morgen wirkte Serge
seltsam neben sich, verschattet, roch nach Alk – und hatte mir doch
versprochen, seinen Konsum zu zügeln. Seine Hände zitterten, während er Brot
schnitt. Auf die Frage, ob alles okay sei, nickte er nur, halb abwesend. Als
ich gestern Nacht zur Toilette mußte, war Serge nicht im Wohnzimmer, aber ich
hab mir nichts weiter gedacht, vielleicht saß er auf der Terrasse. Oder er ist
noch mal zum Meer hinuntergegangen. Was treibt er bloß immer bis zum frühen
Morgen? Aber hätte ich ein recht, ihm nachzuspionieren? Selbst wenn es nur aus
Sorge um ihn geschieht – nein. Umgekehrt würde ich das ja auch nicht haben
wollen.
    *
    Ich hab mich
durchgerungen. Es mußte sein. Wieder und wieder hab ich mich gefragt, ob ich
das darf. Den Ausschlag gab das Argument, eventuell Sicherheit zu gewinnen. So
oder so. Es kann unsrer Beziehung nur guttun. Wenn da was war, dann ist es eben
verstärkt da, wird fortan immer da sein, und ich werde damit umzugehen lernen.
Wenn da nichts war, umso besser, welche Befreiung würde das bedeuten. Nun hab
ich alles durchgesehen. Katis gesamten Mail-Eingang, Mail-Ausgang. Nichts. Ich
meine: alles harmlos. Ich bin fast ein wenig enttäuscht. Dabei bedeutet jenes
Nichts ja nur, daß Kati alles Zwielichtige gelöscht haben kann. Es ist nicht
die erhoffte Befreiung eingetreten, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Im
Adressverzeichnis findet sich auch kein David. Ich möchte mir die Situation
krampfhaft schönreden, zu Katis Gunsten. Aber wie wahrscheinlich ist es, daß
sie eine SMS mit den beiden Buchstaben JA , also sicher vertraulichen Inhalts, an einen David sendet und keinerlei
Mailkontakt mit diesem Menschen pflegt? Kati muß ihre Spuren
verwischt, belastendes Material gelöscht haben. Ob aus Eigensucht und Feigheit
oder mir zuliebe, um mir das verabscheuungswürdige Alles hinter dem
scheinbaren Nichts zu ersparen, ist eine andere Frage. Und sehr
rabulistisch. Selbst für den Fall ihrer bewiesenen Schuld denke ich mir bereits
Strategien zu ihrer Verteidigung aus. Das ist krank. Kati macht mich krank,
egal, was sie unternimmt. Womöglich hat Huytens einfach recht, wenn er mir rät,
meine enge Bindung zu ihr zu lockern, mich in dem Dschungel meiner Gefühle zu
suchen, zu finden und zu positionieren, das Gestrüpp um mich herum zu roden.
Hemmungslos, mit der großen Machete. Bis Licht auf meine Aue fällt. Ich bin zu
schwach dafür, das weiß ich längst. Zu gutmütig und harmoniebedürftig.
    Eben bin ich das
Adressverzeichnis noch einmal durchgegangen. Da gibt es einen
[email protected]. Kein Vorname. Ich kenne einen Kleinmann. Das ist übrigens
auch jener einzige David, den ich kenne. Das Arschloch aus der Agentur. Der
Fotofuzzi. Woher sollte Kati den kennen? Gott, wenn ich darüber nachdenke, ja,
die beiden könnten sich begegnet sein, bei der Präsentation zur
Vinum-Novum-Kampagne im Herbst oder beim Firmenfest an der Treptower Schleuse.
Ach je. Kann es sein, daß die Götter mich so sehr hassen, um mir das anzutun?
Ich bin nur leicht betrunken und will Klarheit, das macht sogar Spaß, tut aber
auch weh.
    Hallo David. Wie gehts dir? Gib
doch mal kurz Bescheid. Ich bin immer noch in Malta. Wenn du mir schreiben
willst, schreib bitte an [email protected]. Die bisherige Mailadresse ist zu
riskant, da auch Serge Zugriff darauf hat. Grüße, Katharina
    Das ist gut. Wenn etwas
zwischen den beiden war, wird er auf den Satz Die bisherige Mailadresse ist zu riskant etc. nicht eingehen. Wenn da aber nichts war, wird
er sich wundern. Das wäre nicht gut.
    Hallo David. Wie gehts dir? Gib
doch mal kurz Bescheid. Ich bin immer noch in Malta. Wenn du mir schreiben
willst, schreib bitte an [email protected]. Die bisherige Mailadresse
verwende bitte nicht, da auch Serge Zugriff darauf hat. Grüße, Katharina
    Das klingt besser. Blöd wäre
nur, wenn dieser Mensch als Antwort keine Mail schickt, sondern ein SMS , oder wenn er gar bei ihr anruft. Daran habe ich nicht gedacht. Ich muß
Katis Handy verschwinden lassen. Ganz

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