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Die letzten Städte der Erde

Die letzten Städte der Erde

Titel: Die letzten Städte der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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sagte Anne.
»Sie sind hier gestorben.«
»In der Tat. Und auf die gleiche Weise.« 
    »Ermordet?« fragte Bettine mit einem Schauder. Anne runzelte die Stirn. »Enthauptet, meine Liebe.
    Eine ganze Menge Leute hatten ihre Finger im Spiel, als das arrangiert wurde. Sehen Sie, man hat mich manipuliert. Und woher sollte ich wissen, daß man uns ausspionierte?«
    »Sie und Essex?«
»Ah, nein«, sagte Robert. »
Wir
waren damals kein Liebespaar.«
    »Erst heute«, sagte Anne. »Wir haben uns... ah... von meiner Warte aus posthum kennengelernt. Und wie sind Sie hergekommen, meine Liebe?«
    »Ich bin die Geliebte des Bürgermeisters«, erzählte Bettine. Es war schön zu reden, sogar wenn man nur Schatten als Gesprächspartner hatte. Sie beugte sich vor und legte die Arme um die Knie. Plötzlich brach sie in Tränen aus, wischte sich mit dem Bettuch über die Augen, fühlte sich ein wenig töricht, daß sie mit Phantasiegestalten, mit Ektoplasmen redete, deren Existenz alle modernen Leute abstreiten würden; und doch half es. »Wir haben uns gestritten, und er hat mich hier hineingesteckt.«
    »Oh, meine Liebe«, sagte Anne.
    »In der Tat«, meinte Lord Essex und tätschelte Annes Hand. »Deshalb sagten die Jungen, wir sollten kommen. Es ist ziemlich so wie bei uns.«
    »Sie sind der Liebe wegen gestorben?«
»Der Politik wegen«, sagte Anne. »Wie Sie es werden.«
    Sie schüttelte heftig den Kopf. Dieser Traum gehorchte nicht ihren Befehlen, und sie versuchte, die Dinge in ihre Richtung zu ziehen. »Aber es war ein dummer Streit. Und ich werde nicht sterben. Sie bringen hier keine Leute um, das machen sie nicht.«
    »Sie machen es«, flüsterte Anne. »Genauso wie früher.«
    »Na ja«, meinte Essex. »Nicht mehr mit Äxten. Heute sind sie viel hygienischer als früher.«
    »Verschwinden Sie!« schrie Bettine. »Verschwinden Sie! Verschwinden Sie! Verschwinden Sie!«
    »Es wäre gut für Sie, mit uns zu sprechen«, meinte Anne. »Wir könnten Ihnen begreiflich machen, was Sie wirklich zu erwarten haben. Und da gibt es wirklich sehr viel, das Sie anscheinend nicht sehen, Bettine.«
    »Denken Sie nicht an Liebe«, sagte Essex. »Wissen Sie, es ist nicht wegen der Liebe, daß die Leute hergeschickt werden. Alles nur Politik. Ich weiß das. Und Anne auch. Abgesehen davon hören Sie sich nicht wie jemand an, der verliebt ist, nicht wahr? Sie hören sich nicht wie jemand an, der verliebt ist, Bettine.«
    Sie zuckte die Achseln und senkte den Blick, erwartete, daß sie verschwunden sein würden, wenn sie wieder aufsah. »Es
gibt
jemanden, den ich liebe«, sagte sie mit der Andeutung eines Flüsterns, als sie sah, daß sie nicht verschwunden waren.
    Anne schnaubte zierlich. »Das hat hier keinen großen Wert. Die Ewigkeit dauert lang, Bettine. Und es gibt Liebe und Liebe, Bettine.« Sie verschränkte ihre substanzlosen Finger mit denen des Earl. »Sie dürfen es nicht als Liebe betrachten. Das ist nicht der Grund, warum Sie hier sind. Seien Sie klug, Bettine. Diese Steine haben viel kommen und gehen sehen. Ebenso wir; und Sie haben nicht das Gesicht von jemandem, der liebt.«
    »Was wissen
Sie
denn schon?« schrie sie. »Sie sind nichts. Ich verstehe etwas von
Menschen
, glauben Sie mir. Und ich kenne Richard.«
    »Gute Nacht, Bettine«, sagte Anne.
»Gute Nacht«, sagte Essex sehr sanft und geduldig; anscheinend hatte sie keinen von ihnen verärgert. Und auch die Kinder waren wieder da, verneigten sich zu einem ironischen Abschiedsgruß und verblaßten. Die Lampen leuchteten wieder.
    Sie drehte sich zwischen ihren Bettdecken um und schmollte über diese deprimierenden Vorstellungen, und sie hatte nicht wenig Angst; zwar nicht vor den Geistern... wohl aber vor ihrer Situation. Vor den Dingen, die sie gesagt hatten. Kälte lag in der Luft und ein Hauch von getrockneten alten Blumen und Gewürzen... die Blumen, dachte sie, stammten von Anne; und der Gewürzduft mußte von Essex herrühren. Oder vielleicht von den Kindern, von Edward und Richard. Die Erscheinungen bedrohten sie nicht; sie faßten ihre Ängste nur in Worte. Das war es, woraus sie letztlich wirklich bestanden. Ektoplasma, in der Tat. Bettine vergrub sich in den Decken und löschte das Licht, nachdem sie ihre Angst vor den Geistern abgelegt hatte. Die Augen taten ihr weh, und sie war müde. Sie streckte sich in völliger Selbstvergessenheit aus, was sie seit ihrer Ankunft nicht mehr getan hatte, vergrub sich in den Kissen und versuchte, überhaupt nicht mehr zu

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