Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzten Städte der Erde

Die letzten Städte der Erde

Titel: Die letzten Städte der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
Vom Netzwerk:
der Zukunft lagen, oder an Dinge, die zu weit entfernt beiderseits des Weges lagen, oder Dinge verstehen, die es erforderlich machten, Entscheidungen und Vorbereitungen zu treffen.
    Augenblicke. Sie hatte sich nie vorstellen wollen, daß solche Augenblicke kommen würden. Zu keinem Zeitpunkt hatte sie die langen Ströme ihres Lebens hinabblicken können, die schließlich auch gar nicht lang
waren
, und niemals hätte sie vorhersagen können, daß Bettine Maunfry sich selbst in eine derartige Situation bringen konnte. Die Leute hätten eigentlich für sie sorgen sollen. Das bedeutete es doch schließlich, weiblich zu sein und schön und jung. Aber so, wie es sich entwickelt hatte, hätte es nicht kommen dürfen.
    Tom
, dachte sie. O Tom, was mache ich denn jetzt, was soll ich denn jetzt machen?
    Aber natürlich lag es an ihr, etwas zu machen.
    Mit ihm.
    Sie hatte keine Ahnung, wie ihr oder sein Horoskop für diesen Tag aussah, aber sie dachte, daß es eine Katastrophe erwähnen müßte, und sie befingerte die kleinen Fische, die sie immer noch in ihrem Ausschnitt trug, damit Seine Ehren Richard Collier sie sah.
    Und sie wartete darauf, sich beugen zu können, wie sie gelernt hatte, sich zu beugen; nur... sie begann an die Vielseitigkeit der guten Bettine zu denken... niemals einen Vorteil aufgeben.
Niemals!
    Sie ging ins Bad und wusch sich das Gesicht und trug wieder das Makeup auf, hörte mit dem Weinen auf und reparierte all die feinen Beschädigungen, die die Tränen herbeigeführt hatten.
    Sie zog ihr hübschestes Kleid an und wartete.
    Und gegen Sonnenuntergang kam der Anruf. »Bettine«, sagte Seine Ehren. »Hast du es dir überlegt?«
    Sie trat vor den Bildschirm und stand dort mit bebenden Lippen und zitterndem Kinn, denn Schwäche arbeitete für die, die sie zu nutzen verstanden.
    »Ich könnte es«, sagte sie.
»Es gibt dabei kein ›könnte‹, Bettine«, sagte Richard Collier, sein breites Gesicht mit Röte überzogen. »Entweder du tust es oder du tust es nicht.«
    »Wenn du hierherkommst«, sagte sie, »wenn du hierherkommst und mich holst, sage ich es dir.«
    »Bevor ich komme.«
»Nein«, sagte sie, zeigte dabei das Beben überdeutlich. »Ich habe
Angst
, Richard; ich habe Angst. Wenn du persönlich herkommst und mich herausholst, verspreche ich, dir alles zu sagen, was ich weiß, was nicht viel ist, aber ich werde es dir sagen. Ich nenne dir seinen Namen, aber er hat mit nichts etwas zu tun, außer daß er sich dumm verknallt hatte, und ich einsam war. Aber ich werde überhaupt nichts sagen, wenn du nicht kommst und mich hier nicht herausholst. Du bist weit genug gegangen, Richard. Ich fürchte mich. Bring mich nach Hause!«
    Er starrte sie finster an. »Wenn ich hinüberkomme und du es dir anders überlegst, Bettine, kannst du jede Gunst vergessen, die ich dir deiner Meinung nach schulde. Ich lasse keine Spielchen mit mir treiben. Verstehst du mich, Mädchen?«
    Sie nickte.
»In Ordnung«, sagte er. »Du gibst mir seinen Namen, und du überlegst dir auch jedes andere Detail, das erklären könnte, wie es ihm möglich war, in dieses Büro zu gelangen, und du tust das noch heute abend. Ich bin sicher, daß sich in diesem hübschen Kopf etwas Verstand findet, Mädchen. Du überlegst es dir einfach, Bettine, du überlegst es dir schwer, und auch, wo du sein möchtest. Zu Hause, mit all seinem Komfort – oder dort, wo du jetzt bist, was überhaupt nicht komfortabel ist, nicht wahr, Bettine?«
    »Nein«, sagte sie weinend. Sie schüttelte den Kopf. »Nein, es ist nicht komfortabel, Richard.«
    »Ich sehe dich morgen früh, Bettine. Und du kannst packen, wenn du den richtigen Namen hast.«
    »Richard...« Aber er hatte ausgeschaltet, und sie lehnte dort bebend an der Wand, die Hände zu Fäusten geballt und von dem Gefühl erfüllt, daß sie wirklich sehr klein war. Sie wollte keine weitere Nacht im Tower bleiben, wollte sich nicht den Geistern gegenübersehen, die sie mit traurigen Augen anstarrten und mit ihr über Ehre sprachen, über Dinge, die nicht zu Bettine Maunfry gehörten.

    Es tut mir leid, dachte sie für sie. Ich werde schließlich doch nicht hierbleiben und sterben.
    Aber Tom würde es. Dieser Gedanke bedrückte sie gewaltig. Sie fühlte sich irgendwie verantwortlich, und das war eine ernste Bürde, ernster als alles, womit sie es je zu tun gehabt hatte, abgesehen von den zehn Tagen, in denen sie einmal geglaubt hatte, schwanger zu sein. Vielleicht würde Tom – die anderen anlügen;

Weitere Kostenlose Bücher