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Die letzten Städte der Erde

Die letzten Städte der Erde

Titel: Die letzten Städte der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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ein Tier, das er Pferd nannte, eines in einer langen Nachfolge von zotteligen mutigen Tieren von ähnlicher rotbrauner Farbe – wie viele schon, das hatte Yilan vergessen; und dieses Tier war geduldig geworden auf den langen Reisen und ruhig in seinem Gebaren, müde vielleicht, wie auch Yilan müde war, und alt, wie auch Yilan alt geworden war... – aber das war nicht die Klage, die Yilan verzehrte. Er war dünn unter seinen wattierten Mänteln und Ledern und Fellen, dünn bis an die Grenze der Hagerkeit. Sein Schnurrbart war ergraut; seine Zöpfe waren grau, seine schmalen Augen fast verschwunden zwischen Sonnenrunzeln, seine Wangen faltig und hohl vor Alter und der Auszehrung, die seinen Körper in diesem letzten Jahr befallen hatte.
    Aber wenn er Ausschau hielt, dabei die Augen zusammendrückte, durch den sonnengetränkten Staub blickte, der sie umwirbelte, schien es, als könne er den Ort seiner Träume sehen, die Verbotene Stadt, die Stadt des Himmels. Er malte sich aus, daß er sie sehen konnte, tat es zu jeder Morgendämmerung, wenn im Osten die Sonne aufstieg und ihre Farben durch den staubigen Wind flossen. Der Ostwind flüsterte von grünen Ländern, Schönheit und Wohlstand...
    ... von einem Ende. Einem Platz zum Ausruhen. Jenseits davon lag nur noch das Meer.
    »Gebt mir die Stadt!« hatte er die Horden gebeten, die er um sich gesammelt hatte. Sein ganzes Leben lang hatte er sie um sich versammelt, er, Yilan die Schlange, aufgestiegen von der Herrschaft über den eigenen Stamm bis zur Herrschaft über alle Stämme, die auf der Weltebene ritten.
    Sie kamen mit Zelten und Wagen, mit Ochsen und schnellen Pferden und geduldigen Füßen, die Männer und Frauen und Kinder der Horden. Durch die Dürre auf der Ebene hätte er sie vielleicht verloren, aber er trieb sie jetzt mit Visionen von einem endgültigen Paradies an, mit einem Traum, den er von den Lippen eines Mannes gepreßt hatte, der die Stadt des Himmels wirklich gesehen hatte.

    Sein ganzes Leben lang hatte er Macht angesammelt, neunundfünfzig Jahre lang, die ihn – wie er wußte – nicht noch einmal erwarteten. Er wollte diese Stadt, er wollte sie... ah, es war nicht in Worte zu fassen, wie sehr.
    Und das Fleisch wurde dünner und der Schmerz in den Knochen, die auf den Sattel drückten, nahezu unerträglich; er blutete aus den Sattelwunden, so dünn war er, und seine Augen wässerten, so daß er oft mit der Schmach von Tränen auf seinen Wangen ritt.
    »Trink, Yilan Baba«, sagte eine Stimme an seiner Seite. Er blickte in das junge Gesicht Shimsheks, dunkel und wild wie ein Drachen, der ihm Kumyß anbot, sein Pony eng an Pferd herangeführt hatte, damit er ihn halten konnte. Yilan trank, und der Alkohol wärmte ihn, aber seine Hand war jetzt so schwach, daß er den Schlauch nicht wieder zustöpseln oder überhaupt lange festhalten konnte. Shimshek fing ihn rechtzeitig auf und hielt Yilan dann an der Schulter fest, während sie dicht nebeneinander ritten. »Halte durch, Vater! Wir werden bald anhalten.«
    »Wir werden dann die Stadt sehen«, sagte er, und getröstet durch die Anwesenheit seines jungen Stellvertreters, konzentrierte er seinen Geist und den Blick seiner Augen und überlegte sich, seit wann die Fahne ihres Staubes vielleicht schon sichtbar war. »Falke und Fuchs werden mit allen anderen hinausgehen, die du überreden kannst«, sagte er, und die Stimme versagte ihm; er räusperte sich und deutete nach Osten, wohin er seine Streitmacht zu senden gedachte. »Und du mußt sie führen. Ich kann es nicht mehr, Shimshek.«
    »Vater«, klagte Shimshek. Große Traurigkeit lag in seinen Augen, ein echter Kummer.
    »Ich habe es dir beigebracht«, sagte Yilan. Shimshek war in Wirklichkeit nicht sein Sohn; er hatte keinen Sohn, wenn auch der Bauch seiner Frau fruchtbar neues Leben hervorbrachte. Er liebte diesen Mann jedoch, als wäre er ein Sohn, und vertraute ihm in allen Dingen, auf die es ankam. »Geh!« sagte er. »Diesmal hast du die Führung.«
    Shimshek blickte zurück zu der Wagenkolonne, die ihnen ächzend folgte, und seine Augen zeigten jenen Blick, der der Frau galt, die sie beide liebten, und den Dingen, die er nicht sagen konnte. Eine Furcht lag in Shimsheks Augen, deren Grund nicht der Feind war, für deren Grund er überhaupt noch keine Bezeichnung wußte. Gut, dachte Yilan; gut, er weiß Bescheid; und doch sagte Shimshek nichts, denn da war nichts, was gesagt werden konnte. Die Aufgabe war zu erledigen, und er hatte dafür keine

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