Die letzten Tage
Adresse abgesetzt, die sie mit Polzer als Treffpunkt ausgemacht hatte. Während der Fahrt hatte sie sich umgezogen und trug jetzt wieder normale Straßenkleidung. Das gewisse Nichts, das ihr Bikini war, hätte zu viel ungewollte Aufmerksamkeit erregt.
Sie ging auf ein Wohnhaus zu, während sie die abfahrende Limousine aus dem Augenwinkel beobachtete. Als sie um eine Ecke verschwunden war, schwenkte sie vom Wohnhaus auf ein Café um und ließ sich davor nieder. Das sommerliche Wetter lud dazu ein, unter freiem Himmel zu frühstücken.
Eine Karte wurde über den Tisch projiziert und mit ein paar Berührungen des Holos hatte sie ihr Frühstück zusammengestellt. Ein Brötchen mit Wurst, ein Croissant mit Manbeer-Marmelade (eine genetische Kreuzung aus Mangos und Erdbeeren), Rührei und Kaffee. Kurz darauf materialisierte sich ihr Frühstück auf einem kleinen Sprungtor, das in die Mitte des Tischs eingebaut war.
Das Brötchen war etwas trocken, aber die Croissants und der Kaffee waren mehr als gut. Sie machte sich eine innerliche Notiz, das Café wieder zu besuchen. Während des Frühstücks beobachtete sie die Straße. Durch den Siegeszug des Sprungtors zum Hauptreisemittel gingen nur noch wenige Menschen zu Fuß oder nutzten Fahrzeuge, weswegen die Straße fast menschenleer war. Aber ein paar Leute waren dennoch unterwegs.
Den Meisten konnte man ansehen, dass der Schatten und die Nahezu-Auslöschung der Menschheit sie mitgenommen hatte. Stress und Angst dominierten die Gesichter der Passanten. Einige Wenige schienen unberührt, aber bei genauem Hinsehen konnte man auch denen ansehen, dass sie ihre Angst nur unterdrückten. An den meisten Geschäften (und auch an dem Café in dem sie sich befand) prangte ein Schild, dass Sicherheitspersonal gesucht wurde, aber Ranai hegte ihre Zweifel, dass sich jemand auf die Stellen bewerben würde.
Zum einen machten die Unruhen die Arbeit im Sicherheitsdienst gefährlich, zum anderen waren die meisten Arbeitslosen in den militärischen Aufbaudienst gedrängt worden. Wer heute noch arbeitslos war hatte entweder genug Geld, um sich vom Dienst freizukaufen, war mehrfach vorbestraft, war krank oder zu alt. Keiner dieser vier Bewerbertypen eignete sich zum Sicherheitsdienst.
Nachdem sie ihren Kaffee ausgetrunken und ihr Frühstück aufgegessen hatte, ließ sie sich die Rechnung anzeigen und gab eines ihrer Spesenkonten ein, um sie zu begleichen.
Langsam fing sie an sich zu wundern, wo Polzer blieb. So inkompetent er auch war, er neigte zur absoluten Pünktlichkeit. War ihm etwas zugestoßen? Sie wollte ihn kontaktieren, aber es saßen zu viele Leute vor dem Café, um Kontakt über ihre Implantate aufzunehmen, die Technologie war streng geheim, und sie hatte kein Telefon dabei. Sie beschloss, noch ein paar Minuten zu warten und dann auf die Toilette zu gehen, um Polzer von dort zu kontaktieren.
Um nicht aufzufallen bestellte sie noch einen Kaffee und lehnte sich entspannt zurück. Trotz der Anspannung in ihrem Inneren genoss sie die Morgensonne auf ihrem Gesicht. Sie hatte viel zu selten die Gelegenheit dazu, einen entspannten Morgen an der Sonne zu verbringen, daher nutzte sie jede Chance, die sich ihr bot.
Als sie grade aufstehen wollte stand Polzer vor ihr.
„Entschuldige die Verspätung.“
Sie wollte sauer auf ihn sein, aber das Frühstück und die Sonne auf ihrem Gesicht machten es ihr unmöglich.
„Halb so wild. Ich vermute, du hast einen guten Grund. Frühstück? Die Croissants und die Marmelade sind gut.“
Er setzte sich auf den Stuhl ihr gegenüber.
„Gerne.“
Er reichte ihr ein Tablet.
„Nicht viel, aber ein paar Bilder und Dokumente konnten wir bereits sichern. Ich empfehle dir die neusten Einträge. Das kam rein, als ich los wollte. Daher die Verspätung.“
Die neueste Datei war eine Videoaufzeichnung aus dem Büro der Matursis. Sie nahm die Kopfhörer die Polzer ihr hinhielt und sah sich die Aufzeichnung an.
Harald Matursi unterhielt sich mit einem anderen Mann, den die Gesichtserkennung als Karil Husegan identifizierte. Der CEO von Husegan Verteidigung. Dem einzigen Hersteller von schweren Waffen im Rateri-System. Und damit der Firma, die die Waffen für sämtliche Kriegsschiffe baute, die derzeit hergestellt und verwendet wurden. Mit einer Ausnahme: der
Hagner
. Ihr Atem stockte.
Die Pläne und Teile für die Waffen der Hagner kamen direkt aus dem Büro der Admiralität. Niemand wusste, wieso oder woher sie sie hatten, nicht einmal der
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