Die letzten Tage Europas: Wie wir eine gute Idee versenken (German Edition)
Länder (Bayern, Baden-Württemberg, Hessen) mit ihren Überschüssen die Haushalte der restlichen dreizehn Länder mitfinanzieren. Hier wie dort gilt: Wer die Umverteilung organisiert, muss darauf achten, dass die Nutznießer das Geld auch sinnvoll verwenden. Wer mit den Subventionen aber nur Wahlgeschenke an Klientel finanziert, in Form von »kultureller Repräsentation« (Berlin), eines niedrigen Renteneintrittsalters (Frankreich) oder besonders niedriger Steuern (Zypern, Malta), darf sich nicht wundern, wenn diejenigen, die solche Wohltaten bezahlen, irgendwann sauer werden.
Die EU ist kein kommerzielles Unternehmen, sie ist ein Apparat, der mit der einen Hand nimmt und mit der anderen gibt, also durchaus einem Staat vergleichbar. Für diese Leistung erhebt sie, wie jeder Makler oder Zwischenhändler, eine Gebühr: Sechs Prozent ihres Jahreshaushalts gehen für Personal, Verwaltung und Instandhaltung der Gebäude drauf. Bei einem Budget von etwa einer Billion Euro sind das ungefähr 60 Milliarden Euro. Und die ersten, die von dieser »Kommission« profitieren, sind die Mitarbeiter der EU mit ihren gut bezahlten, krisensicheren Jobs.
Wie viele es sind, hängt davon ab, wen man fragt. In Brüssel jedenfalls kann man immer wieder den Satz hören, die EU beschäftige so viele Menschen wie die Stadt Köln in ihrer Verwaltung. Und das sei doch wirklich nicht zu viel, wenn man bedenkt, dass in Köln etwas mehr als eine Million Menschen leben, in den Grenzen der EU aber 500 Millionen. – Wirklich? Oder wie man in Köln sagt: In echt?
Glaubt man dem Statistischen Jahrbuch der Stadt Köln, hatte die Domstadt im Jahre 2011 ein »Stammpersonal« von 16290 Personen, dazu kamen 2230 weitere Beschäftigte, Azubis, Honorarkräfte etc. Macht alles in allem 18520 Personen. Wer eine Weile in Köln gelebt und den Kölschen Filz erlebt hat, der weiß, dass man solche Zahlen mit Vorsicht genießen und eher nach unten als nach oben korrigieren muss. Denn »Beschäftigte« bedeutet in Köln nicht automatisch »Arbeitende«. Wer vormittags in Köln in einem der vielen Brauhäuser sitzt und über das Leben philosophiert, der ist auch »beschäftigt«. Möglicherweise sogar bei der Stadt. Hinzu kommt, dass es in Köln ein stark ausgeprägtes Solidaritätsgefühl gibt. Wer einen guten Job hat, tut alles dafür, dass sein Bruder, sein Schwager, sein Neffe, sein bester Freund, den er letzte Woche beim »Päffgen« an der Theke kennengelernt hat, auch einen bekommt. »Mer muss och jönne könne«, sagt der Kölner und meint es auch so. Man muss auch gönnen können.
In Köln sind also rund 18500 Menschen bei der Stadt »beschäftigt«. Im besten Falle sind es nur zehn- bis zwölftausend, die einer nützlichen und wichtigen Tätigkeit nachgehen: Müllfahrer, Krankenschwestern, Kanalarbeiter, Straßenbahner, Altenpfleger, Kindergärtner und Totengräber.
Und das sind alles Berufe, die im Stellenkatalog der EU nicht vorkommen, die rund 50000 Menschen beschäftigt. Hier braucht man vor allem Ökonomen, Statistiker, Übersetzer, Netzwerker, Buchhalter, Juristen, PR -Berater, IT -Fachleute und jene Sorte von Alleskönnern, die als »Politiker« bezeichnet wird, also zum Beispiel einen Mann wie Edmund Stoiber, der, nachdem er als bayerischer Ministerpräsident abdanken musste, von der EU nach Brüssel geholt wurde, um dort Vorschläge zum Abbau der Bürokratie zu erarbeiten. Er macht es so erfolgreich, dass sein Vertrag bereits einmal verlängert worden ist. Denn eine Bürokratie abzubauen, kostet mindestens ebenso viel Zeit, wie man braucht, um sie aufzubauen. Wenn nicht mehr.
Über den absurden Aufwand, der in Brüssel betrieben wird, ist schon viel geschrieben worden. Wer es genau wissen will, dem kann ich nur das Buch von Hans Magnus Enzensberger empfehlen: »Sanftes Monster Brüssel«. Es geht darin um die »Entmündigung Europas«. Wobei »sanft« und »Entmündigung« sehr elegante Umschreibungen für ein Betriebssystem sind, das sich selbst ermächtigt hat, Europa von oben nach unten umzubauen. Die EU -Verweser sind mehr als nur Technokraten, die eine abstrakte Idee in die politische Wirklichkeit umsetzen wollen. Sie bilden den neuen Adel Europas, der sich, wie es schon immer die adelige Art war, grenzüberschreitend organisiert hat. Von Portugal bis Polen, von Finnland bis Malta. Sie arbeiten an einem großen Hof und unterhalten selber kleine Hofstaaten.
Nehmen wir zum Beispiel den Präsidenten des EU -Parlaments, Martin Schulz,
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