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Die letzten Tage Europas: Wie wir eine gute Idee versenken (German Edition)

Die letzten Tage Europas: Wie wir eine gute Idee versenken (German Edition)

Titel: Die letzten Tage Europas: Wie wir eine gute Idee versenken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk M. Broder
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Estate, die nur mit Garantien und Kreditzusagen von über 100 Milliarden Euro vor dem Zusammenbruch bewahrt werden konnte. Und die Commerzbank, die immer noch teilverstaatlicht ist, weil sie sonst ebenfalls längst pleite wäre. Sollte es doch noch zur finanzpolitischen Kernschmelze kommen, »würde der Bundeshaushalt einspringen«.
    Nur die Erinnerung an Uwe Barschel und Norbert Blüm hat Schäuble davon abgehalten, den entscheidenden Satz zu sagen: »Die Spareinlagen sind sicher. Dafür gebe ich Ihnen mein Ehrenwort.«
    Ein Finanzminister, der allen Ernstes erklärt, im Falle einer Banken- beziehungsweise Staatspleite würden die Sparer aus dem Bundeshaushalt entschädigt werden, weiß entweder nicht, was er sagt, oder er hält seine Schäfchen für so dumm, dass sie ihm alles abnehmen. Der Bundeshaushalt für das Jahr 2013 liegt bei 302 Milliarden Euro. Die Spareinlagen betrugen Ende 2012 rund 628 Milliarden Euro, also mehr als das Doppelte. Selbst wenn es technisch machbar wäre, wäre die Bundesregierung nicht in der Lage, die Sparer aus dem Bundeshaushalt zu entschädigen, nicht einmal dann, wenn sie alle Ausgaben für Arbeit und Soziales, Verteidigung, Wirtschaft, Familien, Gesundheit, auswärtige Kulturarbeit und Entwicklungshilfe einstellen würde.
    Es sei denn, die Europäische Zentralbank setzt tatsächlich die Notenpresse in Bewegung, damit jeder Sparer sein Geld ausbezahlt bekommt.
    Wer 100000 Euro auf seinem Konto hatte, bekäme dann 100000 Euro bar auf die Hand. Und könnte sich für diesen Betrag ein gutes Mittagessen oder eine DVD mit dem Filmklassiker »Vom Winde verweht« kaufen.
    Gut, dass wir darüber gesprochen haben!

3. Man muss auch gönnen können
    Stellen Sie sich bitte einmal vor, Ihr Arzt ruft Sie an, um Ihnen das Ergebnis des letzten Routine-Check-ups mitzuteilen. Er sagt: »Sie haben noch eine gute Million Minuten vor sich. Wenn Sie aufpassen, könnte es auch etwas mehr sein, wenn Sie so weitermachen wie bisher, wird es weniger werden.«
    Klingt nicht schlecht, denken Sie, nehmen einen Stift und einen Zettel und fangen an zu rechnen. Eine Stunde hat sechzig Minuten. Ein Tag hat 24 Stunden, das sind 1440 Minuten. Eine Million geteilt durch 1440, das macht, verdammt, 694 Tage, also noch nicht mal zwei Jahre! Und plötzlich wird Ihnen klar, was der Arzt Ihnen durch die Blume sagen wollte: Sie haben nicht mehr lange zu leben.
    In Ihrer Verzweiflung rufen Sie jetzt den Arzt an. Eigentlich nur, um ihm zu sagen, dass Sie sich mit Ihrem Schicksal abgefunden haben. »Was haben Sie denn«, sagt Ihr Arzt, »Sie werden noch Urlaub auf dem Mars machen können, hin und zurück mit dem Lufthansa-Shuttle, alles inklusive für ein paar Tausend Euro – wenn es den dann noch gibt!«
    Es stellt sich heraus, dass Ihr Arzt »eine Million« Minuten gesagt, aber »eine Milliarde« gemeint hat, man kommt ja so leicht durcheinander mit den großen Zahlen, und der Unterschied zwischen einer Million und einer Milliarde sind ja nur drei Nullen vor dem Komma.
    Eine Milliarde Minuten, das sind 694000 Tage beziehungsweise 1900 Jahre, also etwa die Zeit, die seit der Erfindung des Papiers in China zu Beginn des 2. Jahrhunderts vergangen ist, eine Ewigkeit.
    Ganz beiläufig, sozusagen auf eine spielerische Art, haben Sie den Unterschied zwischen einer Million und einer Milliarde begriffen. Eine Million Mark, das war mal viel Geld, heute sind es gerade 500000 Euro, man bekommt dafür eine 3-Zimmer-Wohnung in Schwabing oder vier bis sechs Porsche Panamera, je nach Ausstattung.
    Im Laufe der letzten Jahre ist uns der Sinn für Zahlen abhandengekommen. Als Hilmar Kopper, damals Vorstandssprecher der Deutschen Bank, 1994 von »Peanuts« sprach, meinte er 50 Millionen DM , die der Bauunternehmer Jürgen Schneider seinen Handwerkern schuldete. Die Öffentlichkeit war empört, Kopper hatte seine Reputation mit einem Satz verspielt. Als die Philipp Holzmann AG , ein global agierendes deutsches Bauunternehmen mit 43000 Mitarbeitern und über 13 Milliarden DM Umsatz, Ende 1999 Insolvenz anmelden musste, weil »bisher unentdeckte Altlasten« bekannt wurden, schaltete sich Bundeskanzler Gerhard Schröder persönlich ein, um das Unternehmen und die Arbeitsplätze zu retten. Ein Bankenkonsortium stellte eine Milliarde DM als Kredit zur Verfügung, der Bund übernahm eine Bürgschaft über 250 Millionen DM . So konnte die endgültige Insolvenz wenigstens um zwei Jahre, bis Anfang 2002, verzögert werden.
    Das waren noch Zeiten! Heute

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