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Die letzten Tage Europas: Wie wir eine gute Idee versenken (German Edition)

Die letzten Tage Europas: Wie wir eine gute Idee versenken (German Edition)

Titel: Die letzten Tage Europas: Wie wir eine gute Idee versenken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk M. Broder
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Haushaltsleitern strenger zu reglementieren. Aber: Im Gegensatz zu Haushaltsleitern müssen Autos alle zwei Jahre zum TÜV , zur DEKRA oder einer anderen Prüfstelle. Die Hälfte der 43 Millionen in Deutschland zugelassenen Personenwagen ist älter als sieben Jahre. Würden sie jedes Jahr geprüft werden, kämen die Prüfer, nach Schätzungen des ADAC , auf eine halbe Milliarde Euro Mehreinnahmen. Weswegen TÜV , DEKRA etc. sehr dafür sind, die Intervalle zwischen den »Abnahmen« zu verkürzen, obwohl sich ein Zusammenhang zwischen Unfallhäufigkeit und Alter der Fahrzeuge kaum nachweisen lässt. Selbst die Deutsche Polizeigewerkschaft und der Verkehrsminister sagen, es gebe keinen Nachweis, »dass von älteren Autos ein höheres Unfallrisiko ausgeht«. Aber immerhin hat die EU schon die Einführung des Biosprits und die Schaffung von Umweltzonen durchgesetzt, wobei die Datenlage auch nicht besser war.
    Es geht bei allen diesen Projekten vor allem darum, Europa gleichzuschalten. Ein Bekenntnis zur EU und eine europäische Identität sollen auf dem Verwaltungswege von oben erzwungen werden. Indem wir beispielsweise alle die gleichen, Wasser sparenden Duschköpfe und Wasserhähne benutzen, obwohl Wasser, falls überhaupt, nur im Süden des Kontinents zeitweise knapp ist. Ein »Arbeitsplan« der EU -Kommission zählt sieben Produktgruppen auf, deren »Ressourceneffizienz« verbessert werden soll. Dazu gehören neben Badezimmerarmaturen auch Fenster, Stromkabel und Weinkühlschränke. Aus Gründen, die ich weder zu ver stehen noch zu erklären in der Lage bin, kann die Kommission in diesem Bereich machen, was sie will. Ein »res sourceneffizientes Europa« gehört zu den Zielen, die sie sich selbst gesetzt hat. Das EU -Parlament hat kein Mitsprache- und kein Einspruchsrecht. »Die Ökodesign-Richtlinie ist ein Musterstück aus Planwirtschaft und politischem Dirigismus. Mit ihrem Arbeitsplan betreten EU -Beamte bereits das Badezimmer der Bürger«, sagt der FDP -Europaabgeordnete Holger Krahmer aus Leipzig.
    Geht es bei einer dieser »Reformen« mal nicht um Ressourceneffizienz und Umweltschutz, also jene höheren Werte, die an die Stelle von Barmherzigkeit und Nächstenliebe getreten sind, dann müssen europäische Vorschriften vereinheitlicht werden – aus einem einzigen unanfechtbaren Grund: um die in Europa geltenden Vorschriften zu vereinheitlichen.
    Dafür sind gleich mehrere Kommissare zuständig, unter anderem der Kommissar für den Binnenmarkt, Michel Barnier aus Frankreich. Er droht der Bundesrepublik mit Sanktionen, falls sie sich weigert, den Online-Glücksspielmarkt den EU -Regelungen anzupassen. Der Markt soll nicht nur liberalisiert, sondern auch für private Anbieter geöffnet werden, weil die Europa-Idee so lange nicht realisiert werden kann, wie nicht jeder Europäer die Gelegenheit bekommt, online Poker oder Black Jack zu spielen. Sie ahnen schon, warum. Ebenso wie bei den Glühbirnen und den Badezimmerarmaturen ist der Online-Wettmarkt eine Wachstumsindustrie, die leider nichts herstellt, aber von einem Niedrigsteuerland aus gut betrieben werden kann. Im Jahre 2011 lagen die Umsätze bei neun Milliarden Euro, 2015 sollen es schon 13 Milliarden sein. Und dabei dürfen in Deutschland bis jetzt nur Sportwetten online abgeschlossen werden. Ob in der wild wuchernden EU -Bürokratie tatsächlich jemand glaubt, man könne sich mit derart gewinnträchtigen »Homogenisierungen« gegenüber dem Bürger legitimieren?
    Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs dürfen die Tschechen ihre Streichbutter (»Pomazankove maslo«) nicht mehr »Maslo« nennen, weil die nur 30 Prozent Milchfett enthält, während »richtige« Butter mindestens 80 Prozent Milchfett enthalten muss. Die tschechische Spezialität, die oft mit Schnittlauch, Meerrettich oder Paprika angereichert wird, ist nicht gesundheitsschädlich, sie entspricht nur nicht der EU -Norm. Jetzt müssen sich die Tschechen für ihr Produkt einen neuen Namen ausdenken. Es darf jedenfalls nicht mehr »Maslo« heißen, derweil ich mich frage, wann es dem Leberkäse an den Kragen geht, weil er in der Regel weder Leber noch Käse enthält.
    Alle diese Durchgriffe und Maßnahmen widersprechen dem »Subsidiaritätsprinzip«, zu dessen Einhaltung sich die EU verpflichtet hat. Das heißt, Aufgaben, die auf nationaler Ebene erledigt werden können, sollen auf nationaler Ebene erledigt werden. Aber das würde der Natur eines Apparates zuwiderlaufen, der ein

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