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Die letzten Tage von Hongkong

Die letzten Tage von Hongkong

Titel: Die letzten Tage von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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zwanzig war, hat er die Polizeimeisterschaften in Karate gewonnen. Nach dem Scheitern seiner Ehe verbringt er noch mehr Zeit bei der Arbeit als früher.«
    Tsui legte das Blatt weg und wartete.
    »Verstehe.« Cuthbert preßte die Lippen zusammen, bis sich seine Mundwinkel nach unten bogen. »Ich habe mich schon gefragt, warum ein ganz normaler Chief Inspector so bemüht ist, sich gegen ein paar kommunistische Rowdys in ihren eigenen Gewässern durchzusetzen. Er haßt sie, stimmt’s?«
    »Das habe ich ihn nie gefragt. Aber welche Gefühle würden Sie wohl der Organisation gegenüber hegen, die mittelbar oder unmittelbar für den Tod Ihrer Mutter verantwortlich ist?«
    Cuthbert warf dem Commissioner einen scharfen Blick zu. »Da haben Sie recht. Aber das macht ihn doch ziemlich ungeeignet für diesen Fall, finden Sie nicht auch?«
    Tsuis Gesicht war ausdruckslos. »Das könnte man sagen. Eine Regierung mit ein bißchen Rückgrat könnte allerdings auch zum entgegengesetzten Schluß kommen.«
    Cuthbert starrte Tsui an. Tsui starrte zurück. Caxton Smith starrte auf den Boden. Es herrschte wieder langes Schweigen.
    »Ich glaube, ich verstehe, was Ronny sagen möchte, Milton. Und ich pflichte ihm bei«, sagte Caxton Smith schließlich.
    »Ach, wirklich! Und wie sieht seine Argumentation aus?«
    »Daß wir Briten im Ernstfall die widerlichsten Feiglinge der Welt sein können.«
    Cuthbert sah vom einen zum anderen, tippte auf seinen Block, murmelte etwas Unverständliches, ging zum Fenster und starrte hinaus. Die großen Schiffe im Hafen waren vom Bug bis zum Heck mit Lichtergirlanden geschmückt, wie Weihnachtsbäume. Hinter ihnen lag Kowloon, der andere Teil der Kolonie Hongkong. Und noch einmal knapp fünfzig Kilometer weiter nördlich befand sich die Volksrepublik China, in der ein Viertel der Weltbevölkerung lebte, und die nicht nur eine über dreimillionenköpfige Armee besaß, sondern auch einen immer noch nicht erloschenen Haß auf die Briten, der bis zu den Opiumkriegen zurückreichte. Anders als die beiden anderen Männer betrachtete er das Land jenseits der Grenze als Teil der Ordnung, für die er arbeitete. Er konnte Tsuis Standpunkt verstehen, aber als hoher Diplomat mußte man anders denken.
    Er wandte sich wieder dem Tisch zu und rückte seinen Stuhl näher an Tsui heran, der ganz steif dasaß. Als Cuthbert schließlich sprach, klang seine Stimme sanft, fast schon tröstend.
    »Denken Sie drüber nach, Ronny. Wenn er herausfindet, wer hinter den Morden steckt, und das wird er wahrscheinlich, und wenn es wirklich diejenigen sind, die wir im Verdacht haben, dann wird er einen Weg finden, der Welt davon zu berichten. Ich kann wirklich nicht riskieren, daß ein Chief Inspector, der seit mehr als zwanzig Jahren ein Hühnchen mit den Kommunisten zu rupfen hat, die Beziehungen zwischen Großbritannien und China durcheinanderbringt. Nicht jetzt, kaum zwei Monate vor der Machtübergabe. Angenommen, wir lassen die Katze aus dem Sack – was soll Großbritannien dann tun? Die Volksarmee festnehmen?«
    Jetzt war es an Tsui aufzustehen. »Vielleicht geht es nur darum, einmal die Katze aus dem Sack zu lassen. Ich bin Chinese. Sie nicht. Am 4. Juni 1989 haben die alten Männer in Peking das Massaker an Tausenden friedlicher junger Demonstranten angeordnet. Sie haben sie mit Panzern überrollen lassen – sie haben sie auch zerfleischt. In zehn Wochen werden dieselben alten Männer diesen Ort hier verwalten, an dem sechs Millionen Menschen Zuflucht gefunden haben. Alle, die wir hier sitzen, werden verschwunden sein. Ich bin dann in Pension, und Sie werden an einem anderen Ort weiter Karriere machen. Wir könnten es uns leisten, jetzt ein bißchen Wirbel zu machen, um das Interesse der Welt auf das Problem zu lenken. Ich würde es als Verrat an meinem Volk empfinden, wenn wir uns die Gelegenheit, die üblen Machenschaften dieser Verbrecher jenseits der Grenze aufzudecken, entgehen ließen. Aber ich habe meinen Eid auf die Queen abgelegt und werde mich den Anordnungen beugen. Wenn Sie allerdings wollen, daß ich Chan den Fall entziehe, möchte ich das schriftlich und vom Gouverneur unterschrieben.«
    Cuthberts Gesichtsausdruck wurde hart. »Na schön, Ronny. Sie bekommen Ihre Befehle, unterschrieben vom Gouverneur. Bitte halten Sie Chan vierundzwanzig Stunden zurück, ja? In der Zwischenzeit sollten Sie Chief Superintendent Riley anweisen, eng mit ihm zusammenzuarbeiten. Nur für den Fall, daß er sogar für Ihren Geschmack

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