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Die letzten Tage von Hongkong

Die letzten Tage von Hongkong

Titel: Die letzten Tage von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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ein bißchen zu kreativ wird.«
    Einmal mehr brach Caxton Smith das eisige Schweigen, das darauf folgte.
    »Wie ist dieser Chief Superintendent Riley denn?«
    Tsui hustete. »Zuverlässig, fleißig, sensibel gegenüber politischen Nuancen.«
    »Das klingt mir sehr nach einer offiziellen Information, Ronny«, unterbrach ihn Cuthbert. »Unter uns – wie ist dieser Riley wirklich?«
    Obwohl Tsui zweisprachig war, fiel ihm als erstes ein kantonesisches Wort ein, das er erst nach ein paar Sekunden in die englische Umgangssprache übersetzen konnte.
    »Er ist ein Trottel.« Er sah von einem zum anderen. »Wenn das alles ist, würden Sie mich dann bitte entschuldigen, meine Herren? Caxton, macht es Ihnen etwas aus, wenn Sie allein nach Hause fahren?«
    »Überhaupt nicht, Ronny«, sagte Caxton Smith lächelnd.
    »Gute Nacht, Ronny.« Cuthbert gelang es, fröhlich zu klingen, als habe es nicht die geringste Mißstimmung gegeben.
    Tsui blieb an der Tür stehen. Er machte Anstalten, etwas zu sagen, besann sich aber eines Besseren und ging. Cuthbert und Caxton Smith wechselten Blicke wie zwei Männer, die nach einer langen Zeit des Wartens endlich mit der eigentlichen Arbeit beginnen konnten.

SECHS
    »Er ist ein wunderbarer Kerl, dieser Ronny. Wissen Sie, ich kann ihn wirklich gut leiden«, sagte Cuthbert.
    »Ich auch, Milton. Ich fürchte, Ihr Trick hat nicht funktioniert. Sie haben doch die Küstenwache alarmiert, nicht wahr?«
    »Meine Leute haben Chans Funkverkehr abgehört. Ich dachte mir, das wäre eine gute Gelegenheit. Ohne die Köpfe wären die Ermittlungen zum Erliegen gekommen. Aber jetzt …« Er hob die Arme, ließ sie wieder sinken, schüttelte den Kopf. »Verdammt!«
    »Die Leute von der chinesischen Küstenwache sind schon immer der letzte Abschaum gewesen, völlig korrupt und bestechlich. Ich hoffe, Sie sind nicht der Meinung, daß ich heute abend in meiner Rolle als Teufelsadvokat zu weit gegangen bin?«
    »Aber nein. Sie haben genau den richtigen Grad an Wahrhaftigkeit ausgestrahlt. Wir können es uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht leisten, daß sie denken, wir verbünden uns gegen sie.«
    »Genau.«
    »Dieser Charlie Chan – ist der ein Problem?«
    Cuthbert zuckte mit den Achseln. »Ich habe keine Ahnung. Er scheint mir fast zu gut für unsere Zwecke zu sein. Und dann wäre da noch etwas, das Ronny geflissentlich vergessen hat. Erinnern Sie sich noch an den Alten, der die Leute wieder auf laogai aufmerksam machen möchte? Den wir letztes Jahr abschieben wollten. Doch dann hat die Presse davon Wind bekommen, und irgend so ein wichtigtuerischer Politiker hat gedroht, eine parlamentarische Anfrage zu starten?«
    »Ja.«
    »Chan hat sich für ihn verbürgt. Der alte Mann hat über seine Anwälte von Chan eine eidesstattliche Erklärung bekommen, daß er den Mann schon seit Jahren kennt und sich für seinen Charakter verbürgen kann. Meine Leute waren fuchsteufelswild, aber Ronny hat sich schützend vor ihn gestellt. Chan haßt die Roten. Es ist typisch für Ronny, daß er das in Chans Lebenslauf nicht erwähnt.«
    »Dann wissen Sie also alles über Chan?«
    Cuthberts Blick flackerte hin und her. »Ja. Ich wollte nicht, daß Ronny merkt, wie aufmerksam ich ihn beobachtet habe. Meiner Meinung nach war es wichtig, sich dumm zu stellen.«
    Sie saßen wieder eine Weile schweigend da.
    Caxton Smith klopfte auf den Tisch. »Aus reiner Neugierde, Milton: Wie haben Sie die Sache mit der Küstenwache gedeichselt?«
    »Ich habe bei denen im Hauptquartier angerufen und ihnen gesagt, sie sollen die Augen offenhalten, wenn sie ein Boot der Hongkonger Polizei auf der Suche nach einem Plastiksack sehen.« Er lächelte. »Ein Kinderspiel.«
    »Haben Sie einen anderen Namen angegeben?«
    Cuthbert holte ein altes Silberetui aus der Tasche, nahm eine türkische Zigarette heraus und zündete sie mit einem Silberfeuerzeug an. Die Flamme erhellte sein langes Gesicht, die Hakennase, die harten Augen – die hochmütigen Züge eines Adlers.
    »Ja, General Xian. Schließlich habe ich von Hongkong aus angerufen. Deshalb mußte es eine sehr hohe Persönlichkeit sein, die von hier aus arbeitet.«
    Er sagte einen langen Satz auf Mandarin, den Caxton Smith nicht verstand. Die rauhe Stimme eines alternden chinesischen Generals bäuerlicher Herkunft jedoch erkannte er sofort.
    Caxton Smith schüttelte den Kopf. Seit Beginn des neunzehnten Jahrhunderts, als das große Spiel der Spionage und Gegenspionage an den Grenzen zwischen dem britischen

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