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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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Deine grauen Haare zu pflegen, und hörst schrillende Stimmen auf Deinen Knieen, die Dich Großvater nennen! Ach wir werden so glücklich sein – der Siegespreis kann uns zu Allem verhelfen. Also wohlgemuth, wohlgemuth, mein Vater! jetzt muß ich fort, die Sonne steht schon hoch am Himmel und der Lanista wartet auf mich. Komm, gib mir Deinen Segen.«
    Während Lydon also sprach, hatte er bereits das dunkle Gemach seines Vaters verlassen und in lebhafter, obwohl leise geführter Unterhaltung begriffen, stunden sie jetzt an derselben Stelle, wo wir den Pförtner zuerst getroffen haben.
    »Segen über Dich! Segen über Dich, mein wackrer Sohn,« sprach Medon mit Inbrunst, »und möge die große Macht, welche alle Herzen lenkt, der Edelmuth des Deinigen sehen und seinen Irrthum verzeihen.«
    Die hohe Gestalt des Gladiators verschwand rasch die Straße hinab; die Augen des Sklaven folgten seinen leichten, aber stolzen Schritten, bis auch der letzte Schein verschwunden war; dann sank er wiederum auf seinen Sitz und seine Blicke hefteten sich von Neuem auf den Boden. Seine Gestalt stramm und unbeweglich wie ein Bild von Stein; sein Herz – wer in unsern glücklichen Tagen kann sich seine Kämpfe, seine Bewegungen vorstellen?
    »Darf ich eintreten?« hub eine sanfte Stimme an, »ist Deine Gebieterin Julia zu Haus?«
    Der Sklave gab dem Besuchenden mechanisch mit der Hand ein Zeichen, einzutreten; aber die ihn angeredet hatte, konnte diese Geberde nicht sehen – sie wiederholte deshalb ihre Frage schüchtern, aber mit lauterer Stimme.
    »Habe ich es Dir nicht gesagt?« entgegnete der Sklave mürrisch, »tritt ein.«
    »Dank,« antwortete die Eintretende wehmüthig, und durch diesen traurigen Ton aufgeweckt, blickte der Sklave auf und erkannte das blinde Blumenmädchen. Kummer sympathisirt mit dem Unglück. Medon erhob sich und führte Nydia die anliegende Treppe hinauf, von welcher man in Juliens Gemach hinabstieg; dort rief er eine Sklavin und vertraute ihrer Obhut die Blinde an.

Siebentes Kapitel.
Das Ankleidezimmer einer pompejanischen Schönheit – Wichtige Unterredung zwischen Julia und Nydia.
    Die elegante Julia saß in ihrem Gemach, umgeben von ihren Sklavinnen. Wie das anstoßende Cubiculum , war auch dieses Zimmer klein, aber doch bedeutend größer als die gewöhnlichen Schlafzimmer, die im Allgemeinen von so kleinem Umfange waren, daß, wer solche, selbst in den stattlichsten Häusern, nicht gesehen hat, sich kaum einen Begriff von den kleinen Taubenschlägchen machen kann, welche die Pompejaner augenscheinlich zum nächtlichen Aufenthalte für unerläßlich nöthig erachtet haben. Um übrigens die Wahrheit zu sagen, machte das Bett bei den Alten auch keineswegs jenen schweren, ernsten und gewichtigen Theil der häuslichen Mysterien aus, den es bei uns bildet. Das Lager selbst glich eher einem sehr schmalen und kleinen Sopha, leicht genug, um von dem Eigenthümer ohne Beschwerde von einer Stelle zur andern gebracht zu werden [Fußnote: Die Worte: »Nimm dein Bett und wandle,« sind somit, wie Sir William Gell irgendwo bemerkt, nicht etwa bloß bildlich zu verstehen. ] und ohne Zweifel wurde es von Gemach zu Gemach verlegt, je nach den Launen des Besitzers oder dem Wechsel der Jahreszeit. Denn dieselbe Seite des Hauses, die in einem Monat vollgepfropft war, wurde vielleicht im nächsten sorgfältig vermieden; so empfindlich waren die Bewohner des herrlichsten Klimas der Welt für jene Veränderungen der Sonne und Luft, die unser härterer, an den rauhen Himmel des Nordens gewöhnter Körper kaum bemerken würde. Unter den Italienern jener Zeit fand sich auch eine sonderbare und gezierte Furcht vor zu großem Tageslicht; ihre verdunkelten Zimmer, die uns auf den ersten Anblick als das Ergebnis einer nachlässigen Bauart erscheinen, waren im Gegentheil aus dem sorgfältigen Studium hervorgegangen. In ihren Säulenhallen und Gärten huldigten sie der Sonne, wenn es ihrem üppigen Geschmacke zusagte; in dem Innern ihrer Häuser aber suchten sie die Kühle und den Schatten.
    Julia's Gemach befand sich in dieser Jahreszeit im untern Theile des Hauses, unmittelbar unter den Staatszimmern, mit der Aussicht auf den Garten, mit dem es auf gleicher Höhe lag. Nur durch die breite Glasthüre drangen die Strahlen der Morgensonne ein; aber der an ein gewisses Dunkel gewöhnte Blick Julia's unterschied gleichwohl scharf genug, welche Farben ihr am besten anstünden – welche Schattirung des zarten Roths ihrem dunklen Aug dem

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