Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
Vom Netzwerk:
sich von den Nazarenern sagt – mir däucht, Du gehört am Ende zu ihnen. Nun, ich kann nicht länger mit Dir plaudern, alter Rabe, Du wirst immer schlimmer und schlimmer – Vale! O Herkules, sende uns einen Mann für den Löwen und einen Andern für den Tiger!«
Juchheisa! zum lustigen, lustigen Spiel,
Ein Wald von Gesichtern, ein endlos Gewühl!
Die Kämpfer so kühn wie der Sohn der Alkmäna,
Sie schreiten im Zug durch die stumme Arena;
Schwatzt weil es noch Zeit ist – ihr werdet schon schweigen,
Wenn sie sich mit tödtlichen Armen umzweigen.
Trapp, Trapp! sie schreiten mit stolzem Gefühl,
Juchheisa! zum lustigen, lustigen Spiel!
     
    Mit einer klaren Silberstimme dieses weibliche Lied singend und ihre Tunika von der staubigen Straße aufhebend, hüpfte das junge Mädchen leicht in das dichtbesetzte Gasthaus hinüber.
    »Mein armer Sohn!« sprach der Sklave halblaut, »für Geschöpfe der Art sollst Du hingeschlachtet werden? O Glaube Christi, ich könnte Dich in vollster Aufrichtigkeit verehren, schon wegen des Abscheus, den Du gegen solche blutigen Gefechte einflössest.«
    Wehmütig sank des alten Mannes Haupt auf seine Brust. Er blieb still und in Gedanken vertieft; nur bisweilen wischte er sich mit seinem Ärmel die Augen. Sein Herz war bei seinem Sohne; er sah die Gestalt nicht, die sich raschen Schrittes und mit einem etwas trotzigen und unbekümmerten Gang und Aussehen vom Thore her näherte. Nicht eher schlug er seine Augen auf, bis die fragliche Gestalt ihm gegenüber stehen blieb und ihn mit sanfter Stimme also anredete: »Vater!«
    »Mein Sohn, mein Lydon, bist Du es in der That,« sprach der alte Mann freudig, »ach, Du warst in meinen Gedanken bei mir.«
    »Ich freue mich, das zu hören, mein Vater,« entgegnete der Gladiator, die Kniee und den Bart des Sklaven ehrerbietig berührend, »und bald vielleicht bin ich immer bei Dir, nicht bloß in Gedanken.«
    »Ja, mein Sohn, aber nicht in dieser Welt,« entgegnete der Sklave wehmütig.
    »Sprich nicht so, mein Vater, sei wohlgemuth, denn ich bin es auch – ich bin gewiß, daß ich Sieger bleibe, und dann wird das Geld, das ich gewinne, Dir die Freiheit erkaufen. Ach, mein Vater, vor wenigen Tagen erst wurde ich getadelt, und zwar von einem, dem ich gerne die Wahrheit gesagt hätte, denn er ist hochherziger als die Übrigen Seinesgleichen. Er ist kein Römer, er ist von Athen; er tadelte mich wegen meiner Geldgier, als ich ihn nach der Höhe des Siegespreises fragte. Ach, er kannte Lydons Seele schlecht!«
    »Mein Sohn, mein Sohn,« sprach der alte Sklave und führte, langsam die Treppen hinaufsteigend, Lydon in sein eigenes kleines Gemach, das mit der Eingangshalle – bei dieser Villa also dem Peristyl, nicht dem Atrium – in Verbindung stand. Man kann das Zimmerchen noch sehen; es ist die dritte Thüre zur Linken beim Eintritt; die erste Thüre führt zur Treppe, die zweite aber ist nur eine falsche Nische, in welcher eine eherne Statue stand.
    »So hochherzig, liebevoll und fromm auch Deine Beweggründe sind,« begann Medon, als sie vor Belauschung sicher waren, »so ist doch die That selbst sündhaft, – Du willst Dein Blut für Deines Vaters Freiheit aufs Spiel setzen – das könnte verziehen werden; aber Du erringst den Sieg um den Preis des Blutes eines Andern,. O das ist eine Todsünde, und kein Zweck kann sie straflos machen. Unterlasse es, unterlasse es! Lieber möchte ich ewig ein Sklave sein, als um einen solchen Preis meine Freiheit erkaufen!«
    »Still, mein Vater,« antwortete Lydon etwas ungeduldig. »Du hast mit Deinem neuen Glauben, von dem ich mir nichts vorzuschwatzen bitte, – denn die Götter, die mir Stärke gaben, versagten mir Weisheit und ich verstehe nicht ein Wort von dem, was Du mir so oft predigtest – Du hast, sage ich, in diesem neuen Glauben einige sonderbare Vorstellungen von Recht und Unrecht aufgetischt. Verzeih mir, wenn ich Dich beleidige, aber bedenke doch, gegen wen werde ich fechten? O kenntest Du nur diese Elenden, mit denen ich um Deinetwillen verkehre, so würdest Du selbst der Ansicht sein, ich reinige die Erde, wenn ich einen von ihnen fortschaffe. Bestien, aus deren Lippen Blut träuft, völlig Wilde, selbst in ihrem Muthe grundsatzlose Geschöpfe, grimmig, herz- und gefühllos, kein Band des Lebens vermag sie zu fesseln! Allerdings kennen sie keine Furcht, aber sie kennen auch weder Dankbarkeit, noch Erbarmen, noch Liebe! Sie sind gerade nur für ihre Laufbahn geschaffen, nämlich, um zu

Weitere Kostenlose Bücher