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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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Eitelkeit, lehnte sich wieder auf ihren Stuhl zurück und befahl der jüngsten ihrer Sklavinnen in verdrossenem Ton, ihr die verliebten Gedichte Tybulls zu lesen. Während diese Vorlesung noch andauerte, führte eine andere Sklavin Nydia bei der Dame des Hauses ein.
    » Salve Julia!« sprach das Blumenmädchen, mit gefalteten Armen und blieb einige Schritte von der Tochter des Diomed entfernt stehen. »Ich habe Deinem Befehle gehorcht.«
    »Da hast Du wohlgetan, Blumenmädchen,« antwortete die Dame, »tritt näher, Du kannst Dir einen Sitz nehmen.«
    Eine der Sklavinnen stellte einen Stuhl neben Julia.
    Einige Augenblicke schaute Julia die Thessalierin stillschweigend und beinahe verlegen an. Dann winkte sie ihren Dienerinnen sich zu entfernen und die Thüre zu schließen. Als sie nun mit Nydia allein war, wandte sie, gänzlich vergessend, daß diese ihr Gesicht nicht sehen könne, sich mechanisch von ihr ab und sprach: »Du dienst der Neapolitanerin Ione?«
    »Ich bin gegenwärtig bei ihr,« antwortete Nydia.
    »Ist sie so schön, wie man sagt?«
    »Ich weiß nicht,« entgegnete Nydia, »wie kann ich darüber urtheilen?«
    »Ach, ich hätte daran denken sollen – aber wenn nicht Augen, so hast Du doch Ohren. Rühmen Dir Deine Mitsklavinnen ihre Schönheit? Wenn Dienerinnen mit einander plaudern, vergessen sie sogar, ihrer Herrin zu schmeicheln.«
    »Sie sagen mir, sie sei schön.«
    »Hm, sagen sie, sie sei groß?«
    »Ja.«
    »Nun, das wär' ich auch – dunkle Haare?«
    »So habe ich gehört.«
    »Das hab' ich auch. Und besucht sie Glaukus oft?«
    »Täglich,« entgegnete Nydia mit halb unterdrücktem Seufzer.
    »Im Ernste, täglich! findet er sie schön?«
    »Ich glaube wohl, da sie bald ihre Hochzeit feiern werden.«
    »Ihre Hochzeit!« rief Julia, selbst durch die falschen Rosen auf ihren Wangen hindurch erblassend, und von ihrem Sitze auffahrend; Nydia bemerkte aber natürlich die Aufregung nicht, die sie hervorgebracht hatte. Julia schwieg lange Zeit; aber ihre wogende Brust und die blitzenden Augen hätten jedem Sehenden die Wunde verrathen, die ihrer Eitelkeit geschlagen worden war.
    »Man sagt mir, Du seiest eine Thessalierin,« begann sie endlich, das Stillschweigen brechend.
    »Gewiß!«
    »Thessalien ist das Land der Magie und der Hexen – der Talismane und der Liebestränke,« sprach Julia.
    »Es war von jeher berühmt, wegen seiner Zauberer,« entgegnete Nydia furchtsam.
    »Kennst Du also, blinde Thessalierin, irgend einen Liebeszauber?«
    »Ich,« erwiderte das Blumenmädchen erröthend, »ich, wie sollte ich? Nein, gewiß nicht.«
    »Um so schlimmer für Dich; ich hätte Dir, wärest Du klüger gewesen, Gold genug gegeben, um Deine Freiheit zu kaufen.«
    »Aber was,« warf Nydia ein, »kann die schöne und reiche Julia veranlassen, eine solche Frage an ihre Dienerin zu richten? Hat sie nicht Geld und Jugend und Liebenswürdigkeit? Sind das nicht Liebeszauber genug, um die Magie entbehrlich zu machen?«
    »Für Jedermann, eine Person in der Welt ausgenommen,« antwortete Julia stolz, »aber mir däucht, Deine Blindheit sei ansteckend und – doch nichts mehr davon –«
    »Und diese eine Person?« fragte Nydia hastig.
    »Ist nicht Glaukus,« erwiderte Julia, mit der gewöhnlichen Falschheit ihres Geschlechtes. »Glaukus – nein.«
    Nydia athmete wieder freier und nach einer kurzen Pause, begann Julia von Neuem: »Das Gespräch von Glaukus und von seiner Neigung zu dieser Neapolitanerin erinnerte mich an den Einfluß der Liebestränke, deren sie vielleicht einen – was weiß, oder was will ich übrigens davon – ihm beigebracht haben mag. Blindes Mädchen, ich liebe – liebe, und – soll Julia leben, um so etwas zu sagen? – werde nicht wieder geliebt! Dies demüthigt – nein, nicht demüthigt , sondern es verwundet meinen Stolz. Ich möchte diesen Undankbaren zu meinen Füßen sehen – nicht um ihn aufzuheben, sondern um ihn wegzustoßen. Als man mir sagte, Du seiest eine Thessalierin, da dachte ich, Dein junger Geist sei vielleicht in den dunklen Geheimnissen Deines Landes erfahren.«
    »Ach nein,« murmelte Nydia, »wäre er es doch!«
    »Ich danke Dir wenigstens für diesen gütigen Wunsch,« sprach Nydia, ohne zu ahnen, was in der Brust des Blumenmädchens vorging.
    »Aber sage mir, Du hörst ja das Geklatsche der Sklaven, die, sich stets zu solchem dunklen Glauben hinneigend, immer bereit sind, in ihren eigenen geringen Liebschaften Zaubereien anzuwenden – hast Du nie von einem

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