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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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hellsten Glanz und ihrer Wange die jugendliche Frische verleihen würde.
    Auf dem Tisch, vor welchem sie saß, stand ein kleiner kreisförmiger Spiegel von aufs feinste polirtem Stahl, auf welchem in genauer Ordnung die Seifen und Salben, die Wohlgerüche und Schminken, die Juwelen und Kämme, die Bänder und goldenen Nadeln aufgepflanzt waren, welche dem natürlichen Reize der Schönheit die Hülfe der Kunst und die eigensinnigen Lockungen der Mode hinzufügen sollten. Durch die Dämmerung des Zimmers strahlten die Fresken der Wand in dem ganzen Glanze und in all der Lebhaftigkeit und Mannigfaltigkeit der Farben, wie sie der pompejanische Geschmack liebte. Vor dem Ankleidetisch und zu den Füßen Juliens lag ein im Orient gewobener Teppich. In ihrer Nähe standen auf einem andern Tische ein Becken und eine Kanne von Silber, eine ausgelöschte Lampe von vollendeter Arbeit, auf welcher der Künstler einen Amor dargestellt hatte, der im Schatten eines Myrtenbaumes ruht, sowie eine kleine Papyrusrolle, welche die sanftesten Elegien des Tybull enthielt. Vor der nach dem Cubiculum führenden Thüre hing ein mit goldenen Blumen reich bestickter Vorhang. So sah das Ankleidezimmer einer Schönen vor 1800 Jahren aus.
    Die schöne Julia lehnte sich nachlässig auf ihren Sitz zurück, während die Ornatrix (Haarkünstlerin) langsam eine Masse von kleinen Locken auf einander häufte, die falschen mit den ächten gewandt durchflocht und den ganzen Bau zu einer Höhe ausführte, die das Haupt eher in den Mittelpunkt, als an den Gipfel der menschlichen Gestalt zu verlegen schien.
    Ihre Tunika von dunkler Bernsteinfarbe, die zu ihrem schwarzen Haare und ihrem etwas braunen Teint ausgezeichnet ließ, fiel in weiten Falten auf ihre Füße herab, wie man es bei den Türken noch heutzutage sieht, in die purpurnen und etwas aufwärts gebogenen Pantoffeln selbst eine Menge von Perlen eingestickt waren. Eine alte, durch vieljährige Erfahrung in allen Toilettengeheimnissen bewanderte Sklavin stund neben der Haarkünstlerin, den breiten und reich besetzten Gürtel ihrer Gebieterin über den Arm geworfen und ertheilte von Zeit zu Zeit, vermischt mit wohldurchdachten Schmeicheleien gegen die Dame selbst, Lehren über die Ausführung des gewaltigen Thurmes.
    »Stecke diese Nadel mehr rechts – tiefer – dummes Geschöpf! Bemerkst Du denn nicht, wie gleich diese schönen Augbraunen sind? – Man sollte glauben, Du stechtest der Korinna die Haare, deren Gesicht ganz auf einer Seite sitzt. Jetzt steck' die Blumen hinein – wie dumm! – Nicht diese düstere Nelke – Du hast jetzt nicht der bleichen Wange der Chloris die Farben anzupassen – nur die hellsten Blumen eignen sich für die Wange der jungen Julia.«
    »Sanfter,« rief die Dame, heftig mit dem kleinen Fuße stampfend, »Du zerrst an meinem Haar, als ob Du Unkraut herausrissest.«
    »Dummes Ding,« fuhr die Leiterin der Ceremonie fort, »weißt Du nicht, wie zart Deine Herrin ist? Du richtest jetzt nicht das rauhe Roßhaar der Wittwe Fulvia. Jetzt also das Band – so ist's recht. Schöne Julia, sieh in den Spiegel – sahst Du je etwas so Liebenswürdiges, wie Dich?«
    Als nach unzähligen Bemerkungen, Schwierigkeiten und Verzögerungen der verwickelte Thurm endlich aufgeführt war, bestund das nächste Geschäft darin, den Augen den sanften und schmachtenden Ausdruck zu geben, der durch ein dunkles, auf Augenlieder und Brauen aufgetragenes Pulver bewirkt wurde. Ein kleines, in Form eines Halbmondes geschnittenes, und mit Gewandtheit neben die rosigen Lippen gelegtes Pflästerchen zog die Aufmerksamkeit auf ihre Grübchen und die Zähne, deren natürliche blendende Weiße zu erhöhen, bereits jede Kunst angewendet worden war.
    Einer andern, bisher müßigen Sklavin wurde jetzt das Geschäft zugewiesen, die Juwelen zu ordnen – nämlich die Ohrringe aus Perlen (zwei in jedes Ohr), die Armbänder von massivem Gold, die Kette aus den Ringen von demselben Metall, an welcher ein in Krystall geschnittener Talisman befestigt war; die anmuthige Schnalle auf die linke Schulter, in welcher man eine ausgesuchte Kamee, die Psyche darstellend, angebracht hatte; den purpurnen, reich mit Goldfäden durchwirkten und durch ein Schlangengewinde geschlossenen Gürtel und endlich die verschiedenen Ringe, für jedes Gelenk der weißen und zarten Finger.
    Jetzt war die Toilette nach der neuesten Mode von Rom fertig. Die schöne Julia betrachtete sich selbst mit einem letzten Blick wohlgefälliger

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