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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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morgenländischen Magier in dieser Stadt gehört, der die Kunst, die Dir unbekannt ist, besitzt? Ich habe hier keinen leeren Handwahrsager, keinen Taschenspieler für die Marktplätze, sondern einen gewaltigeren und mächtigen Magier aus Indien oder Egypten im Auge.«
    »Aus Egypten, ja,« sagte Nydia schaudernd, »wer in Pompeji hat nicht von Arbaces gehört?«
    »Arbaces, ganz richtig!« erwiderte Julia, die Erinnerung festhaltend. »Man sagt, er sei ein Mann, erhaben über all die winzigen und falschen Täuschungen der vorgeblichen Jünger der Wissenschaft – er verstehe, in den Sternen zu lesen und sei vertraut mit den Geheimnissen der alten Macht; warum nicht auch mit den Mysterien der Liebe?«
    »Gibt es einen Magier in der Welt, dessen Kunst höher steht, als die der Andern, so ist es dieser furchtbare Mann,« antwortete Nydia, gleichzeitig ihren Talisman betastend.
    »Er ist zu reich, um für Geld wahr zu sagen,« fuhr Julia übermüthig fort, »könnte ich ihn nicht besuchen?«
    »Es ist ein böses Haus für Jugend und Schönheit,« entgegnete Nydia, »ich habe auch gehört, daß er darniederliege an – –«
    »Ein böses Haus,« sagte Julia, die nur den ersten Satz auffaßte. »Wie so?«
    »Seine nächtlichen Orgien sind unrein und befleckt – so geht wenigstens das Gerücht!«
    »Bei Ceres, Pan und Sybele, Du Du erregst nur meine Neugierde, statt meiner Furcht,« erwiderte die eigensinnige und üppige Pompejanerin. »Ich will ihn besuchen und über seine Liebe befragen. Hat Liebe Zutritt zu diesen Orgien – nun, so ist es um so wahrscheinlicher, daß er auch ihre Geheimnisse kennt.«
    Nydia antwortete nicht.
    »Noch heute will ich zu ihm gehen,« fuhr Julia fort, »ja, warum nicht in dieser Stunde?«
    »Bei Tag und in seinem gegenwärtigen Zustande hast Du zuverlässig weniger zu fürchten,« entgegnete Nydia, in deren Brust schnell der geheime Wunsch aufgestiegen war, zu erfahren, ob der dunkle Egypter in der That, wie sie so oft gehört, die Zaubermittel besitze, Liebe anzuziehen und zu befestigen.
    »Und wer sollte es wagen, die reiche Tochter Diomeds zu beleidigen,« sprach Julia stolz. »Ich will hingehen.«
    »Darf ich Dich später besuchen, um das Ergebnis zu erfahren?« fragte Nydia besorgt.
    »Küß' mich für Deine Theilnahme an Julia's Ehre,« antwortete die Dame; »ja gewiß. Diesen Abend speisen wir außer Haus; komm also morgen um dieselbe Stunde und Du sollst Alles erfahren. Ich habe auch vielleicht etwas für Dich zu thun – doch genug für jetzt. Halt, nimm dieses Armband für den Gedanken, den Du mir eingegeben hast, und sei überzeugt, daß, wenn Du Julien dienst, sie dankbar und freigebig ist.«
    »Dein Geschenk kann ich nicht annehmen,« sagte Nydia, das Armband bei Seite legend, »aber, so jung ich auch bin, kann ich unbezahlt mit Denen fühlen, die lieben – und vergebens lieben.«
    »Redest Du so?« entgegnete Julia, »Du sprichst wie ein freies Mädchen, und Du sollst noch frei werden. Lebe wohl!«

Achtes Kapitel.
Julia besucht den Arbaces – Das Ergebnis dieser Unterredung.
    Arbaces saß in einem Zimmer, das sich auf eine Art Balkon oder Säulengang gegen den Garten öffnete. Seine Wange war blaß und eingefallen von den ausgestandenen Leiden, aber sein eiserner Körper hatte sich bereits wieder von den bedenklichen Folgen des Unfalls erholt, der seine grimmigen Absichten in dem Augenblicke des Sieges durchkreuzt hatte. Die Luft, welche süß drückend auf seine Stirne wehte, seine ermattenden Sinne und das Blut kreiste wieder freier als seit vielen Tagen durch seine eingeschrumpften Gefäße.
    »So ist denn,« dachte er, »der Sturm des Geschickes gebrochen und vorübergezogen; das Unglück, das meine Wissenschaft vorausgesagt hatte und das mein Leben selbst bedrohen sollte, ist eingetreten, und noch lebe ich! Es geschah, was die Sterne verkündeten – und die lange, glänzende und glückliche Laufbahn, die, im Fall ich es überlebe, auf das Übel folgen sollte, lächelt mir nunmehr jenseits desselben. – Ich bin hinüber geschritten – ich habe die letzte Gefahr meines Geschickes überwunden. Nunmehr habe ich nur noch den Garten meines zukünftigen Lebens anzulegen, ohne Furcht und sicher. Als die erste meiner Freuden also – selbst vor der Liebe – möge Rache kommen! Dieser griechische Knabe, der meiner Leidenschaft in den Weg getreten und meine Pläne durchkreuzt hat – der mich selbst dann noch verhöhnte, als der Stahl im Begriffe stand, sein verfluchtes Blut

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