Die letzten Tage von Pompeji
gewaltig bereichert hatte, beständig von seinen Freunden versichert wurde, sein Vaterland sei ihm für seine uneigennützigen Bemühungen ewigen Dank schuldig. Ja, die Gesellschaft war sogar noch zahlreicher, denn obwohl es, streng genommen, zu einer gewissen Zeit bei den Römern nicht für nobel gehalten wurde, weniger als zwei, oder mehr als neun Personen bei Tisch zu empfangen, so wurde doch diese Regel von Prahlsüchtigen gerne außer Acht gelassen, und die Geschichte erzählt uns in der That, daß einer der ersten Großthuer gewöhnlich eine auserwählte Gesellschaft von dreihundert Personen bewirthete. Diomed übrigens war bescheidener und begnügte sich, die Zahl der Musen zu verdoppeln. Seine Gesellschaft bestund aus achtzehn Personen – eine auch heutzutage nicht anstößige Zahl. »Je mehr Leute beisammen sind, desto heiterer geht's zu,« sagen Viele; ich für meinen Theil aber habe stets bei einem Gastmahl gerade das Gegentheil gefunden!
Der Morgen des hohen Tages war angebrochen und Diomed selbst, obwohl er den Mann von Stand und Gelehrsamkeit im höchsten Grade affektirte, behielt doch genug von seinen kaufmännischen Erfahrungen bei, um zu wissen, daß des Herrn Auge schnelle Diener macht. Deshalb durchlief er mit ungegürteter Tunika über dem stattlichen Bauch, mit bequemen Pantoffeln an den Füßen und einem Stöckchen in der Hand, mit dem er bald den Blick eines trägen Sklaven leitete, bald seinem Rücken eine Zurechtweisung gab, alle Zimmer seiner kostbaren Villa.
Er verschmähte selbst einen Besuch in jenem heiligen Raume nicht, in welchem die Priester des Festes ihre Opfer bereiteten. Als er in die Kirche trat, wurden seine Ohren durch den Lärm von Schüsseln und Pfannen, von Flüchen und Befehlen angenehm betäubt. So klein auch dieses Gemach in allen Häusern Pompeji's gewesen zu sein scheint, so war es nichts desto weniger mit all der bewunderungswürdigen Mannigfaltigkeit von Töpfen und Modeln, Schmor- und Brühpfannen, Messern und Teigformen ausgerüstet, ohne welche ein Koch von Geist, antiker wie moderner Zeit, es für gänzlich unmöglich erklärt, irgend eine Speise liefern zu können. Und da das Holz schon damals wie heutzutage in jenen Gegenden theuer und selten war, so scheint man einen großen Scharfsinn darauf verwendet zu haben, um möglichst viele Dinge mit möglichst wenig Feuer zu bereiten. Eine bewundernswerthe Einrichtung dieser Art kann man noch heutzutage im Museum zu Neapel sehen, nämlich eine tragbare Küche, ungefähr von der Größe eines Foliobandes, welche Töpfe für vier Platten und überdies einen Apparat zur Erwärmung von Wasser und sonstigen Getränken enthielt. So etwas wäre eine treffliche Zugabe zu unsern heutigen wohlfeilen Bibliotheken, da sie eben so viele Nahrung für den Leib böte, daß man mit größerer Befriedigung und weit häufiger zu der erstern als zu der letztern seine Zuflucht nehmen dürfte.
In der kleinen Küche flatterten eine Menge von Gestalten, welche das rasche Auge des Gebieters nicht erkannte.
»O ho,« murrte er vor sich hin, »der verfluchte Congrio hat eine ganze Legion von Köchen zu seinen Beistand berufen. Sie werden ihm nicht umsonst aushelfen, und das gibt einen neuen Posten in der Totalsumme meiner heutigen Ausgaben. Beim Bacchus! Dreimal glücklich werde ich sein, wenn die Sklaven nicht ein paar von den Trinkgefäßen mitlaufen lassen – ach, ihre Hände sind geschwind und ihre Tuniken weit – me miserum! «
Die Köche übrigens arbeiteten fort, ohne wie es schien, auf die Erscheinung des Diomed zu achten.
»He, Euklio, Deine Eierpfanne! Was, ist das die größte? Sie hält nur dreiundvierzig Eier. In den Häusern, wo ich gewöhnlich diene, hält die kleinste Pfanne fünfzig, wenn es sein muß!«
»Der gewissenlose Schuft,« dachte Diomed; »er spricht von Eiern, als ob man das Hundert für einen Sesterz bekäme!«
»Beim Merkur!« rief ein kleiner, vorwitziger Küchenzögling, der kaum erst sein Noviziat angetreten hatte, »wer sah je so veraltete Model für das Backwerk? Mit so rohen Materialien ist es gänzlich unmöglich, seiner Kunst Ehre zu machen. Ja, Sallusts geringster Model stellt die ganze Belagerung von Troja vor; Hektor und Paris und Helena mit dem kleinen Astyanax und dem hölzernen Pferde obendrein.«
»Still, Du Tölpel!« sprach Congrio, der Koch des Hauses, der den Haupttheil der Schlacht seinen Verbündeten zu überlassen schien, »mein Herr Diomed ist keiner jener verschwenderischen
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