Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
Vom Netzwerk:
das letzte Gefäß mit dem klaren Wasser, das nach Julia's Versicherung dem Liebestranke so sehr glich, und legte es an seine frühere Stelle. Dann stahl sie sich wieder auf ihr Lager und erwartete, mit welchen Gedanken! das Grauen des Tages.
    Die Sonne war aufgegangen, Julia schlief noch, Nydia kleidete sich stille an, steckte ihren Schatz sorgfältig in ihr Gewand, nahm ihren Stab und eilte, das Haus zu verlassen.
    Der Pförtner Medon grüßte sie freundlich, als sie die Stufen hinaufstieg, die auf die Straße führten; sie aber hörte ihn nicht, ihr Gemüth war verwirrt und verloren im Strudel stürmischer Gedanken – jeder Gedanke eine Leidenschaft. Sie fühlte die reine Morgenluft auf ihren Wangen, aber ihre brennenden Adern vermochte sie nicht zu kühlen.
    »Glaukus,« murmelte sie, »alle Liebeszauber des gewaltigsten Magiers könnten nicht bewirken, daß du mich so liebtest, wie ich dich – Ione – ha! hinweg Zaudern, hinweg Gewissensbisse! Glaukus in deinem Lächeln ruht mein Schicksal, und das deinige – o Hoffnung! o Freude! o Entzücken – dein Schicksal liegt in diesen Händen!«

Viertes Buch.
    Philtra nocent aninis, vinque furoris habent.
    Ovid.
     

Erstes Kapitel.
Betrachtungen über den Eifer der ersten Christen – Zwei Männer fassen einen gefährlichen Entschluß – Wände haben Ohren, namentlich heilige Wände.
    Jeder, der die frühere Geschichte des Christentums betrachtet, wird eingestehen, wie nothwendig für seinen Sieg jener Feuereifer war, der, keine Gefahren fürchtend, keinen Vergleich annehmend, seine Kämpen begeisterte und seine Märtyrer aufrecht erhielt. In einer herrschenden Kirche wird der Geist der Unduldsamkeit zum Verräther an der Sache, in einer schwachen und verfolgten Kirche aber ist derselbe Geist ihre kräftigste Stütze. Es war nothwendig, den Glauben anderer Menschen zu verschmähen, zu verachten, zu verabscheuen, um die Versuchungen, die er darbot, zu überwinden – es war nothwendig, streng zu glauben, daß das Evangelium nicht nur der wahre Glaube, sondern auch der einzig wahre, seligmachende Glaube sei, um seine Jünger für die Strenge der Lehre zu stärken und sie zu dem heiligen und gefahrvollen Werk der Bekehrung der polytheistischen Heiden zu ermutigen. Der strenge Sektengeist, der Tugend und Himmelreich auf wenige Auserwählte beschränkte, in andern Göttern Dämonen und in jeder andern Religion die Strafen der Hölle sah, machte es natürlich dem Gläubigen zur strengsten Gewissenssache, Alle zu bekehren, an welche ihn ein Band menschlicher Neigung fesselte, und der auf diese Weise durch das Wohlwollen gegen Menschen gezogene Kreis wurde noch mehr erweitert durch das Verlangen, für den Ruhm Gottes zu wirken. Zur Ehre des christlichen Glaubens geschah es, daß der Christ seine Glaubenssätze muthig dem Skepticismus der Einen, dem Widerstreben der Andern, der weisen Verachtung der Philosophen und dem frommen Entsetzen des Volkes aufdrang, und gerade seine Unduldsamkeit versah ihn selbst mit den besten Werkzeugen zum Erfolg; der verweichlichste Heide aber fing endlich an zu denken, es müsse doch in der That etwas Heiliges in einem seiner bisherigen Erfahrung gänzlich fremden Eifer liegen, der bei keinem Hindernis anhielt, keine Gefahr fürchtete und selbst auf der Folter oder dem Blutgerüst die Streitfrage – weit verschieden von den ruhigen Disputationen spekulativer Philosophen – der Entscheidung eines ewigen Richters anheimgab. Auf diese Weise also bildete derselbe Eifer, der den Christus des Mittelalters zu einem erbarmungslosen Fanatiker machte, den Christen der ersten Zeit zu einem furchtlosen Helden.
    Unter diesen feurigen, kühnen und ernsten Naturen nahm Olinth eine der ersten Stellen ein. Kaum war Apäcides durch die Feierlichkeit der Taufe in den Schoß der Kirche aufgenommen, als ihm der Nazarener sofort die Unmöglichkeit vorstellte, das Amt und die Kleidung des Priesterstandes länger beizubehalten. Es war einleuchtend, daß er sich nicht als einen Anbeter des wahren Gottes bekennen und gleichzeitig, wenn auch nur äußerlich, die abgöttischen Altäre des Feindes ehren konnte.
    Dies war übrigens noch nicht Alles; das sanguinische und ungestüme Gemüth des Olinth sah in der Gewalt des Apäcides das Mittel, dem getäuschten Volk das Gaukelspiel der Isisorakel kund zu thun. Er glaubte, der Himmel selbst habe dieses Werkzeug seiner Pläne gesandt, um die Menge zu enttäuschen und vielleicht zur Bekehrung einer ganzen Stadt den Weg

Weitere Kostenlose Bücher