Die letzten Tage von Pompeji
die mit einander in Verbindung stehen; in allen sind die Wände reich bemalt, und alle endlich liefern die Beweise von einem den verfeinerten Lebensgenuß liebenden Volke. Indessen ist zu zweifeln, ob der Geschmack der Einwohner von Pompeji in Bezug auf Dekorationen so ganz rein war. Sie liebten die auffallenden Farben und die seltsamsten Zeichnungen; den unteren Theil ihrer Säulen malten sie oft hochroth, und ließen den übrigen Theil unbemalt; war der Garten klein, so pflegten sie, um das Auge zu täuschen, Bäume, Vögel, Tempel u.s.w. perspektivisch an die Mauer zu malen – ein plumper Kunstgriff, den der liebenswürdige Pedantismus des Plinius mit wohlgefälligem Stolze in Anwendung brachte.
Obgleich das Haus des Glaukus zu den kleinsten gehörte, so war es doch eines der geschmücktesten und vollendetsten aller Privatgebäude in Pompeji.
Man tritt in das Haus durch ein langes und enges Vestibulum, dessen Fußboden in Mosaikarbeit die Abbildung eines Hundes darstellte, mit dem wohlbekannten » cave canem « (nimm dich vor dem Hunde in Acht). Auf jeder Seite befindet sich eine ziemlich geräumige Kammer; denn da das Haus nicht groß genug war, um die zwei gewöhnlichen Abtheilungen in Privat- und öffentliche Zimmer zu enthalten, so waren diese zwei Zimmer besonders zum Empfange von Personen bestimmt, die weder durch Rang, noch durch genaue Bekanntschaft mit dem Hausherrn berechtigt waren, in das Innere des Hauses zugelassen zu werden.
Wenn man aus dem Vestibulum herauskommt, so tritt man in ein Atrium, das bei der ersten Auffindung mit Gemälden bereichert war, deren sich, hinsichtlich des Ausdrucks , ein Rafael nicht hätte schämen dürfen. Jetzt sieht man dieselben im Museum von Neapel, wo sie noch von Kennern bewundert werden; – sie stellen den Abschied des Achilles von der Briseis vor. Wer sollte die Kraft, Lebhaftigkeit und Schönheit in den Gesichtern und Gestalten des Achilles und der unsterblichen Sklavin die Anerkennung versagen?
Auf einer anderen Seite des Atriums führte eine kleine Treppe zu den im zweiten Stockwerke gelegenen Sklavenzimmern. Dort befanden sich auch zwei oder drei andere kleine Schlafzimmer, auf deren Wänden der Raub der Europa, die Amazonenschlacht u.s.w. dargestellt waren.
Von da aus gelangt man in das Tablinum, an dessen äußersten Enden reiche, halb zurückgezogene Draperien von tyrischem Purpur herabhingen. [Fußnote: Das Tablinum war nach Belieben auch mit Schiebethüren versehen. ] Auf seinen Wänden war ein Dichter abgebildet, der seinen Freunden seine Verse vorliest, und der Fußboden zeigte eine kleine, höchst ausgesuchte Mosaikarbeit, einen Theaterdirektor darstellend, wie er seinen Schauspielern Belehrungen gibt.
Aus diesem Salon gelangte man in das Peristyl, und hier ging auch dieses Haus (was, wie schon gemeldet, bei kleineren Wohnungen in Pompeji gewöhnlich der Fall war) zu Ende. Von jeder der sieben diesen Hof schmückenden Säulen, hingen Blumengewinde. Der Mittelpunkt, der die Stelle des Gartens vertrat, war mit den seltensten Blumen angefüllt, die in weißen, auf Piedestalen ruhenden Marmorvasen aufgestellt waren. Am Ende dieses Gärtchens befand sich ein kleiner Tempel, der einer jener Kapellen glich, wie man sie in katholischen Ländern an den Landstraßen findet; er war den Penaten geheiligt und vor ihm stand ein eherner Dreifuß. Auf der linken Seite der Säulenreihe befanden sich zwei kleine Cubicula oder Schlafzimmer, und rechts lag das Triclinium, wo die Gäste eben versammelt waren.
Die Alterthumsforscher von Neapel pflegen dieses Gemach das Zimmer der Leda zu nennen, und in dem herrlichen Werke des Sir William Gell findet man einen Kupferstich nach einem zarten und anmuthigen Gemälde der Leda, wie sei ihrem Gemahle ihren Neugeborenen darbietet. Dieses prächtige Gemach öffnete sich gegen den balsamduftenden Garten. Um den Tisch von Citronenholz, [Fußnote: Das damals geschätzteste Holz, doch nicht von dem jetzigen Citronenbaume. Einige, worunter mein gelehrter Freund, W. S. Landor, glauben mit großer Wahrscheinlichkeit, daß es Mahagoniholz gewesen sei. ] , der glatt, polirt und mit Arabesken in Silber ausgelegt war, standen drei Ruhebetten, die zu Pompeji gebräuchlicher waren, als der halbrunde Sitz, der seit kurzer Zeit in Rom Sitte geworden; auf diesen bronzenen Ruhebetten, die mit kostbaren Metallen beschlagen waren, lagen dicke, reich mit sorgfältiger Stickerei versehene Matratzen, die dem Drucke des Körpers elastisch
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