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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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war eingebrochen. Wenige Stunden, nachdem die Sitzung beendigt und das Urtheil gefällt worden, hatte sich eine Gesellschaft junger Pompejaner von gutem Ton um den ausgewählten Tisch des Lepidus versammelt.
    »Glaukus läugnete also sein Verbrechen bis zum letzten Augenblick?« begann Klodius.
    »Ja, aber das Zeugnis des Arbaces war überweisend; dieser sah, wie der Stoß geführt wurde,« antwortete Lepidus.
    »Was mag wohl die Veranlassung gewesen sein?«
    »Nun, der Priester war ein finsterer und mürrischer Kamerad. Wahrscheinlich machte er dem Glaukus arge Vorwürfe wegen seines heiteren Lebens und seines Hangs zum Spiel, und schwur endlich, er werde seine Zustimmung zu der Vermählung Ione's mit dem Griechen nie geben. Es kam zum Wortwechsel; Glaukus scheint des Weines voll gewesen zu sein und stieß dem Priester im Affect nieder. Die Aufregung des Weins, verbunden mit den sofort sich einstellenden Gewissensbissen, führte den Wahnsinn herbei, an welchem er mehre Tage litt, und ich kann mir leicht denken, daß der arme Junge, noch immer durch dieses Delirium verwirrt, selbst jetzt des Verbrechens unbewußt ist, das er begangen hat. So lautet wenigstens die schlaue Vermuthung des Arbaces, der in seiner Zeugenaussage sehr freundlich und nachsichtig zu Werke gegangen zu sein scheint.«
    »Ja, er hat sich dadurch allgemein beliebt gemacht. Aber in Anbetracht dieser mildernden Umstände hätte der Senat seinen Spruch mildern sollen.«
    »Das würde er auch gethan haben, wenn das Volk nicht wäre; aber dies ist ganz wüthend. Die Priester hatten keine Mühe gehabt, die Leute vom Volk aufzuregen, und diese blutdürstigen Bestien bildeten sich nun ein, Glaukus habe Aussicht, der Arena zu entgehen, weil er reich und vornehm ist, und gerade deshalb waren sie unerbittlich gegen ihn und doppelt versessen auf seine Verurtheilung. Der Senat mußte zugeben, daß er der Rechte eines Bürgers beraubt und so zum Tode verurheilt wurde, obgleich der Arme bei all dem nur eine Mehrheit von drei Stimmen gegen sich hatte. – He, Wein von Chios!«
    »Er sieht arg verändert aus; aber doch, wie ruhig und furchtlos!«
    »Nun, wir werden sehen, ob seine Festigkeit bis morgen anhält. Aber welchen Werth kann der Muth haben, wenn dieser atheistische Hund, der Olinth, die gleiche Standhaftigkeit zeigt?«
    »Der Gotteslästerer!« rief Lepidus mit frommem Zorn; »ach da ist es freilich kein Wunder, daß vor zwei Tagen erst ein Dekurio durch einen Blitz aus heiterem Himmel getödtet wurde. [Fußnote: Plinius erzählt diese Thatsache. ] Die Götter sind erzürnt über Pompeji, so lange der niederträchtige Beflecker ihres Heiligthums in seinen Mauern lebt.«
    »Und doch war der Senat so mild, daß Olinth nur Reue bezeugt und einige Körner Weihrauch auf den Altar der Cybele gestreut hätte, er mit heiler Haut davon gekommen wäre. Ich zweifle, ob diese Nazarener, wäre ihre Religion die herrschende, sich so duldsam gegen uns zeigen würden , wenn wir das Bild ihres Gottes niedergeschlagen, ihre Gebräuche gelästert und ihren Glauben verläugnet hätten.«
    »Auch dem Glaukus gestattet man, in Anbetracht der Umstände, eine Möglichkeit der Rettung; er darf gegen den Löwen denselben Stylus verwenden, mit dem er den Priester niederstieß.«
    »Hast Du den Löwen gesehen? Hast Du seine Zähne und Klauen betrachtet, und nennst Du das eine Möglichkeit? Selbst Schwert und Schild wären bloß Rohr und Papyrus gegen den Angriff des mächtigen Thieres! Nein – ich glaube die wahre Milde bestand darin, ihn nicht lange in Ungewißheit zu lassen, und es war deshalb ein Glück für ihn, daß unsere wohlwollenden Gesetze langsam in Fällung, aber rasch in Vollziehung der Urtheile sind, und daß die Spiele des Amphitheaters durch eine gewisse Vorsehung seit lange schon auf morgen festgesetzt waren. Auf den Tod warten, heißt zweimal sterben.«
    »Was den Gottesläugner anbelangt,« sagte Klodius, »so muß er's mit dem Tiger mit unbewaffneter Hand aufnehmen. Unglücklicherweise kann man auf diese Kämpfe nicht wetten, oder will doch vielleicht Jemand die Wette halten?«
    Ein schallendes Gelächter zeigte die Lächerlichkeit dieser Frage an.
    »Armer Klodius!« rief der Wirth, »einen Freund zu verlieren, ist schon etwas; aber Niemand zu finden, der auf die Möglichkeit seiner Rettung mit Dir wettet, ist ein viel größeres Unglück für Dich!«
    »Ja, das ist ärgerlich; für ihn und für mich wäre ein gewisser Trost in dem Gedanken gewesen, daß er

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