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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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geringen Ärger zu Hause bleiben.
    »Kallias,« sagte Arbaces leise zu dem Freigelassenen, der ihm den Gürtel umband, »ich bin dieser Stadt überdrüssig, und bin fest entschlossen, innerhalb drei Tagen, wenn der Wind uns begünstigt, Pompeji zu verlassen. Du weißt, es liegt ein, dem Narses aus Alexandrien gehöriges Fahrzeug im Hafen, und ich habe es von ihm selbst gekauft. Übermorgen wollen wir alle meine Sachen einschiffen.«
    »Schon so bald! Doch gut, ich werde m einem Gebieter gehorchen – und Deine Mündel Ione?«
    »Begleitet mich. Genug davon! – Ist es diesen Morgen heiteres Wetter?«
    »Schwüldrückend; wahrscheinlich bekommen wir einen ausnehmend heißen Tag.«
    »Die armen Gladiatoren und die unglücklichen Verbrecher! Geh hinunter und sieh nach, daß der Zug der Sklaven in Ordnung gebracht wird.«
    Als der Freigelassene fort war, trat Arbaces in sein Studirzimmer und von da in den Säulengang hinaus. Er sah, wie dichte Volkshaufen sich nach dem Amphitheater drängten; er hörte das Geschrei der Arbeiter und das Krachen des Tauwerks, als man die ungeheure Zeltdecke ausspannte, unter welcher die Bürger Pompeji's, durch keinen Sonnenstrahl belästigt, dem Todeskampfe ihrer Mitgeschöpfe behaglich zusehen wollten. Plötzlich ließ sich ein wilder, seltsamer Ton hören, der eben so schnell wieder erstarb – es war das Brüllen des Löwen. Lautlose Stille herrschte dabei unter den Schaaren der Zuschauer; aber auf diese Stille folgte ein ausgelassenes Gelächter – der rohe Pöbel ergötzte sich an dem ungeduldigen Heißhunger des königlichen Thieres.
    »Bestien!« murmelte Arbaces verdrießlich, »seid ihr weniger Mörder als ich? Ich morde nur, weil meine eigene Sicherheit es fordert – ihr findet an dem Morde ein Vergnügen.«
    Mit unstätem und neugierigen Auge blickte jetzt der Magier nach dem Vesuv. In prachtvollem Grün prangten die Weinberge, welche denselben umgaben, und ruhig, wie die Ewigkeit, ragte der gewaltige Berg in die schweigenden Lüfte empor.
    »Das Erdbeben läßt mir noch Zeit,« dachte Arbaces und kehrte sich um. Er ging an dem Tische vorbei, auf welchem seine mystischen Pergamentrollen und seine chaldäischen Berechnungen lagen.
    »Erhabene Kunst!« dachte er, »ich zog dich nicht mehr zu Rathe seit jener Gefahr, deren Ausgang du mir vorher verkündetest. Weshalb denn? – Von jetzt an finde ich ja auf meinem Lebenspfade nur Glück und Freude. Beweisen die letzten Ereignisse dieses nicht? Fort, ihr Zweifel! – Fort, ihr Regungen des Mitleids! – Nur zwei Bilder, mein Herz, nur zwei Bilder laß mich in Zukunft erblicken – die Herrschaft und Ione!«

Zweites Kapitel.
Das Amphitheater.
    Nydia, welche durch die Aussage Sosia's bei seiner Heimkehr die Gewißheit erlangt hatte, daß ihr Brief in den Händen Sallusts sei, faßte wieder neuen Mut und neue Hoffnung. Sicherlich, so dachte sie, wird Sallust keine Zeit verlieren, sondern eilends den Prätor aufsuchen – zu dem Egypter gehen – sie befreien – und den Kerker des Kalenus öffnen. Noch vor Tagesanbruch wird Glaukus frei sein. Ach! die Nacht verging – der Morgen dämmerte; sie hörte nichts als die raschen Schritte der Sklaven in der Halle und dem Peristyl, sowie ihr Geschrei bei der Vorbereitung zum Schauspiele. Von Zeit zu Zeit drang die befehlende Stimme des Arbaces an ihr Ohr – jetzt vernahm sie das Rauschen der Musik; der Zug ging nach dem Theater, um seine Augen an den Martern des Atheners zu weiden.
    Der Zug des Arbaces bewegte sich nur langsam und mit großer Feierlichkeit bis zu dem Orte hin, wo diejenigen, welche in Sänften oder Wagen kamen, absteigen mußten. Arbaces begab sich sofort an das Thor, durch welches der vornehmere Teil der Zuschauer eingelassen wurde. Seine Sklaven, die auf die Seite des gemeinen Volks sich wandten, wiesen die mit Empfangnahme der Marken (die unsern modernen Opernbilleten nicht unähnlich waren) beauftragten Diener in die Popularia (die Sitze des Volks). Jetzt ließ Arbaces von seinem Platze aus die Augen über die zahllose und ungeduldige Menge, welche das gewaltige Theater füllte, hinschweifen.
    In den obern Reihen, aber gesondert von den männlichen Zuschauern, saßen die Frauen, ihrer schönen Gewänder wegen einem Blumenbeete gleichend. Es braucht wohl schwerlich bemerkt zu werden, daß sie der gesprächigste Theil der Versammlung waren. Viele Augen blickten nach ihnen, besonders von den Bänken aus, welche die jungen und unverheiratheten Männer einnahmen. Auf den

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