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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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Gladiatoren vom Kopf bis zu Fuß bewaffnet auf leichten anmuthigen Pferden über die Arena ritten. Mit ihren Lanzen und runden, kunstvoll gearbeiteten Schildern glichen sie viel den Rittern bei den mittelalterlichen Turnieren; ihre eiserne Waffenrüstung bedeckte jedoch nur die Lenden und den rechten Arm; kurze, bis zum Sattel reichende Röcke verliehen ihrem Kostüme ein anmuthiges, malerisches Aussehen; ihre Beine waren nackt, an den Füßen trugen sie jedoch gerade über dem Knöchel befestigte Sandalen. »O, herrlich! Wer sind diese?« fragte die Wittwe.
    »Der eine heißt Berbix – er war Sieger in zwölf Wettkämpfen; der andere führt den stolzen Namen Nobilior. Beide sind Gallier.«
    Während dieses Gesprächs war die ceremonielle Einleitung zu dem Schauspiele getroffen. Hierauf folgte zwischen den für einander bestimmten Gladiatoren ein Scheinkampf mit hölzernen Schwertern. Besonders wurde der Geschicklichkeit zweier römischer Gladiatoren, welche man für diesen Tag gedungen hatte, allgemeine Bewunderung, und nach ihnen glänzte hauptsächlich Lydon in der Kunst des Wettkampfes; dieses Scheingefecht dauerte indes nicht über eine Stunde, und fand auch unter den Zuschauern nur wenig Beachtung, außer bei den Kennern der Arena, welchen die künstlerische Gewandtheit über den rohen Kampf ging. Der größere Theil der Zuschauer aber freute sich, als es vorüber war, weil er mehr eine Erschütterung durch Scenen des Schreckens liebte. Die Kämpfer wurden jetzt, wie zuvor verabredet, in Paare gereiht; ihre Waffen wurden geprüft, und die ernsten Spiele des Tages begannen unter dem tiefsten Stillschweigen, welches nur durch eine rauschende, kriegerische Musik unterbrochen wurde.
    Es war im Alterthum sehr gewöhnlich, die Spiele mit dem grausamsten von allen zu beginnen. Ein Bestiarius, oder ein für die wilden Thiere bestimmter Gladiator, mußte als Einweihungsopfer zuerst sterben. Der erfahrene Pansa aber hielt es diesmal für angemessener, das blutige Schauspiel allmählig an Interesse zunehmen zu lassen und es sollte daher die Ermordung des Glaukus und Olinth die Schlußscene bilden. Der Anordnung gemäß mußten zuerst die beiden Reiter auftreten; dann, und zwar paarweise, die Gladiatoren zu Fuß; nach ihnen kam die Reihe an Glaukus, der durch seinen Kampf mit dem Löwen die Wildheit des Schauspiels zu steigern hatte, und für das Ende waren der Tiger und der Nazarener aufbewahrt. Bei den Schauspielen zu Pompeji muß übrigens der Kenner der römischen Geschichte seiner Einbildungskraft Schranken setzen, und darf namentlich nicht jene ungeheuren, abscheulichen Schlächtereien erwarten, womit ein Nero oder Kaligula die Bewohner der Kaiserstadt bewirtheten. Den römischen Schauspielen, welche die berühmtesten Gladiatoren und eine Anzahl ausländischer Raubthiere verschlangen, muß man es zuschreiben, daß in den kleineren Städten des Reichs die amphitheatralischen Scenen verhältnismäßig menschlich und selten waren; und in dieser, so wie noch in anderer Hinsicht, konnte man Pompeji das Minitaturbild, den Mikrokosmos von Rom nennen. Dessen ungeachtet waren die Schauspiele, welche daselbst gegeben wurden, immer noch grausam, und glücklicher Weise hat die neuere Zeit ihnen nichts Ähnliches an die Seite zu setzen. man denke sich ein ungeheures Theater, das sich stufenweise zu einer Höhe von fast fünfhundert Fuß erhebt und mit fünfzehn- bis achtzehntausend Menschen angefüllt ist, die keinem fingirten Spiele, keiner Bühnentragödie, sondern dem wirklichen Siege oder der wirklichen Niederlage, dem triumphirenden Leben oder dem blutigen Tode Aller, welche die Arena betraten, ihre Aufmerksamkeit schenkten.
    Die zwei Ritter waren jetzt bei den Enden der Schranken (wenn dieser Name hierher paßt) und auf ein von Pansa gegebenes Zeichen sprengten die Kämpfer, jeder seinen runden Schild vorhaltend und seinen leichten, aber starken Speer schwingend, aufeinander los; drei Schritte von dem Gegner entfernt machte jedoch das Pferd des Berbix plötzlich Halt, drehte sich um, und als Nobilior rasch vorbeiflog, stieß Berbix mit der Lanze nach ihm. Nobilior aber fing den Stoß, der leicht hätte tödtlich sein können, durch eine geschickte Wendung des Schildes auf.
    »Herrlich parirt, Nobilior!« rief der Prätor und gab dadurch der Aufregung des Volkes den ersten Anstoß.
    »Wacker gestoßen, mein Berbix!« bemerkte Klodius von seinem Sitze aus.
    Ein wildes, vielstimmiges Gemurmel hallte jetzt durch das

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