Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
Vom Netzwerk:
niederen Sitzen, rings um die Arena her, befanden sich die vornehmen und reichen Zuschauer – die obrigkeitlichen Personen, die Senatoren und Ritter. [Fußnote: Die Ritter saßen unmittelbar hinter den Senatoren. ] Die Korridore, welche zu beiden Enden der ovalen Arena zu diesen Sitzen führten, waren auch die Eingänge für die Kämpfer. Starke, längs der genannten Gänge hinlaufende Pfähle schützten gegen die gefährliche Nähe der wilden Thiere und beschränkten dieselben auf die ihnen angewiesene Beute. Rings an der Brustwehr, welche über die Arena emporragte, und von der aus die Sitze stufenweise sich erhoben, erblickte man Gladiatoren, Inschriften und Freskomalereien, welche Scenen aus den Spielen , für die der Platz bestimmt war, vorstellten. Durch das ganze Gebäude liefen unsichtbare Röhren, welche bei vorgerückter Tageszeit einen kühlenden, erquickenden Thau über die Zuschauer ausgossen. Die Aufwärter des Amphitheaters waren noch damit beschäftigt, das ungeheure Zelttuch ( Velaria ), welches das Ganze bedeckte, auszuspannen. Dieses Dach, dessen Erfindung die Kampanier sich zuschrieben, war aus der weichesten apulischen Wolle verfertigt und mit breiten Scharlachstreifen durchzogen. Heute war es indes, mochte nun die Ungeschicklichkeit der Arbeiter daran Schuld sein, oder ein Fehler in der Maschine stattfinden, nicht mit solcher Genauigkeit und Gleichförmigkeit aufgespannt wie sonst, wiewohl der große Umfang des Theaters dieses Geschäft immerhin sehr schwierig machte und man bei rauhen und windigem Wetter nur selten damit zu Stande kommen konnte. Der heutige Tag jedoch war so ungewöhnlich heiter, daß in den Augen der Zuschauer die Nachlässigkeit der Arbeiter sich mit nichts entschuldigen ließ, und als immer noch eine große Öffnung in der Decke zu sehen war, weil ein Theil des Tuches trotz aller Anstrengung sich nicht ausspannen lassen wollte, wurde das Murren unter dem mißvergnügten Volke laut und allgemein.
    Besonders blickte der Aedil Pansa, auf dessen Kosten das Schauspiel gegeben wurde, mit großem Ärger nach der Lücke in der Belaria, und schwur dem Villicus oder Aufseher über die Arbeiter, der sich jedoch vergeblich alle mögliche Mühe gab, bittere Rache.
    Auf einmal zogen sich die Arbeiter zurück, das Volk wurde ruhig, die Öffnung in der Decke war vergessen, als unter lautem und kriegerischem Trompetengeschmetter die Gladiatoren in der schönsten Ordnung die Arena betraten. Sie maßen die ovale Rundung derselben mit langsamen und bedächtigen Schritten, damit die Zuschauer mit Muße ihre kampfesmuthigen Gesichter, ihre kraftvollen Glieder und muskulösen Arme betrachten und Wetten eingehen könnten, wie die Aufregung des Augenblicks sie veranlaßte.
    »Oh!« rief die Wittwe Fulvia der Gemahlin Pansa's, als Beide sich von ihrer hohen Bank niederbeugten, zu, »siehst Du jenen riesigen Gladiator? Wie drollig ist er aufgeputzt?«
    »Ja,« sagte die Frau des Aedils mit selbstgefälliger Miene, denn sie kannte alle Namen und Eigenschaften der Kämpfer; »er ist ein Retiarius oder Netzwerfer, und, wie Du siehst, bloß mit einem dreizackigen Speere und einem Netze bewaffnet; auch trägt er keine Rüstung, sondern nur die Binde und die Tunika. Er ist ein kräftiger Mann und muß mit Sporus fechten, jenem stämmigen Gladiator mit dem runden Schilde und dem kurzen Schwerte. Sporus trägt ebenfalls keine Rüstung; auch hat er seinen Helm noch nicht aufgesetzt, damit man sein Gesicht sehen kann; wie furchtlos blickt er drein! nachher wird er mit geschlossenem Visire kämpfen.«
    »Aber sag einmal, sind nicht Netz und Speer unzulängliche Waffen gegen Schild und Schwert?«
    »Wie unerfahren Du doch in dergleichen Dingen bist, meine liebe Fulvia; der Netzwerfer ist im Vortheil gegen ihn.«
    »Aber wer ist jener schöne, fast ganz nackte Gladiator? Ist das nicht sehr unschicklich? Bei der Venus, wie herrlich geformt sind seine Glieder!«
    »Es ist Lydon, auch ein Neuling in der Fechtkunst; er hat die Kühnheit, mit jenem andern ähnlich gekleideten – oder vielmehr nicht gekleideten Gladiator, welcher Tetraides heißt, kämpfen zu wollen. Der Kampf wird, nach griechischer Art, mit dem Cestus geführt; nachher legen sie eine Rüstung an und versuchen Schwert und Schild.«
    »Ein hübscher Mann dieser Lydon; sicherlich sind die Frauen auf seiner Seite.«
    »Jedoch nicht die erfahrenen Wetter; Klodius bietet Drei gegen Eins wider ihn.«
    »O Himmel, wie schön!« rief die Wittwe aus, als zwei

Weitere Kostenlose Bücher