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Die letzten Worte des Wolfs

Die letzten Worte des Wolfs

Titel: Die letzten Worte des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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wo steckt er?« fragte Hellas ungeduldig.
    Â»Denkt selber nach!« Die Gezeitenfrau genoß dieses Spiel und ließ sich das Heft nicht aus der Hand nehmen. »Der Magier kann große Wellen erzeugen. Wo und wann wurde er das erste Mal in Wandry tätig?«
    Â»Vor acht Jahren«, nickte Rodraeg, »als der Leuchtturm zerstört wurde.«
    Â»Sehr gut! In wessen Auftrag?«
    Â»In Yrmenlafs Auftrag.«
    Â»Sehr gut! Ihr seid doch nicht so unbedarft, wie ich zuerst dachte! Seit acht Jahren wird der Magier gefangengehalten, gepeinigt und unterdrückt – wo?«
    Â»Auf einem von Yrmenlafs Schiffen?«
    Â»Richtig! Sehr gut! Ohter und Yrmenlaf sind gute Freunde. Ohter durfte sich den Gefangenen ausleihen, um mich zu ersäufen, aber Yrmenlaf ist es, der ihn gefangenhält auf seinem Hauptschiff draußen im Norderhafen. Und warum nähern sich Wale, obwohl der Magier überhaupt keine Magie anwandte?«
    Â»Er singt«, antwortete eine matte Stimme hinter ihnen. Eljazokad hatte sich ein Stück weit aufgerichtet. »Das Meer trägt seine Stimme hinaus, mondeweit. Die Wale folgen seinem Gesang.«
    Â»Sehr gut! Und warum singt er?«
    Â»Na, weil Yrmenlaf und Ohter die Wale in den Sund locken wollen, um reiche Beute zu machen«, vermutete Rodraeg.
    Â»Nein, falsch! Yrmenlaf weiß nichts davon. Ohter weiß nichts davon.«
    Alle schwiegen und dachten nach. Dann war es Hellas, dem die Lösung dämmerte: »Er singt die Wale herbei, damit sie ihn befreien. Teoch hat es die ganze Zeit über gesagt: Die Wale kommen als Schiffs- und Stadtzerschmetterer, nicht als Beute für bequem gewordene Walfänger.«
    Â»Ihr Götter!« entfuhr es Danahe. »Und wie kann man sie aufhalten?«
    Â»Indem wir den Sänger zum Schweigen bringen.« Eljazokad lächelte müde.
    Â»Ja«, schnaufte Bestar und ballte die Faust. »Wir entern das Hauptschiff des Stadtkapitäns, befreien den gefangenen Magier und bringen ihn dazu, die Wale auf einer riesigen Welle wieder zurückzutragen in ihre Heimat!«
    Es entstand eine längere Pause. Sie kümmerten sich um Eljazokad, der langsam von seiner Begegnung mit dem Stadtschiff von Tengan erzählte. Die Sonne wanderte höher und höher den Himmel hinauf. Eljazokad war klar, daß Ronith Wandry längst verlassen hatte, daß sie für ihn nun verloren war. Aber ihn beschäftigten jetzt andere Fragen, Fragen um Leben und Tod, Fragen über die Unausweichlichkeit eines wie auch immer benannten Schicksals.
    Â»War es wirklich?« fragte er die Gezeitenfrau. »Ich meine: Hätte ein anderer, neben mir im Meer treibend, dieses … wahnsinnige Schiff auch gesehen?«
    Â»Ich konnte es zumindest spüren«, sagte sie heiser. »Ich hielt erst die Flutwelle des Gefangenen für die Bugwelle des Stadtschiffes und hatte Mühe, alles auseinanderzuhalten. Aber ich glaube, daß das Stadtschiff nur für dich da war. Für keinen anderen sonst erreichbar.«
    Sie kamen darin überein, daß sie ihren Angriff auf Yrmenlafs Schiff erst im Schutz der Nacht beginnen wollten. Das gab ihnen diesen Tag Zeit zu planen, zu kundschaften, sich auszurüsten und Fragen auszuräumen.
    Die Mittagsstunde fand Eljazokad, Hellas und Danahe schlafend, Bestar am Strand auf und ab gehend, und Rodraeg und die Gezeitenfrau auf einem dunklen Felsen in der Dünung sitzend.
    Â»Ich verstehe vieles nicht an diesen Ereignissen«, murmelte Rodraeg, der sich Notizen machen wollte, aber sein Schreibzeug erst trocknen lassen mußte. »Auf etliche Fragen finde ich einfach keine Antworten.«
    Â»Oder keine einfachen Antworten? Frag mich, vielleicht kann ich helfen.«
    Rodraeg blickte auf das vordrängende und zurückweichende Wasser hinunter. »Ihr seid eine Wassermagierin. Weshalb also dieser sinnlose Versuch, Euch ausgerechnet mit Wasser umbringen zu wollen?«
    Â»Der Plan war gar nicht so dumm. Findet man meinen ertrunkenen Leichnam, löst sich mein Ruf vollkommen auf, und alle halten mich anschließend nur noch für eine verrückte Alte, die in ihrem eigenen Element unterging. Alle Wahrheiten, die ich jemals gegen Ohter vorbrachte, würden im nachhinein nach Irrsinn klingen. Um mich von der Welle abzulenken, mußten die drei angeheuerten Jungs mich angreifen und beschäftigen. Womöglich waren auch sie Ohter lästig. Geywan und seine Bande. Auf einen Schlag entledigt er sich

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