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Die letzten Worte des Wolfs

Die letzten Worte des Wolfs

Titel: Die letzten Worte des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Stück gestern abend?«
    Â»Unglaublich. Ich wäre vor Peinlichkeit am liebsten untern Sitz gekrochen. Bestar fand’s großartig.«
    Â»Hast du eigentlich die beiden Bücher gelesen, die ich dir dagelassen hatte?«
    Cajins Gesicht leuchtete regelrecht auf. »Natürlich! Der Roman ist wirklich wunderbar. Bei den Gedichten finde ich nicht alle gut, aber eine ganz bestimmte Zeile wird mir für immer im Gedächtnis bleiben.«
    Â»Welche?«
    Â»Er lebte neben dem Geschehenen, den Fesseln des Gesehenen. Die ganze Zeile hat nur E s als Selbstlaute. So etwas ist nicht einfach.«
    Â»Stimmt.« Rodraeg sah Cajin nachdenklich an. »Das ist mir, glaube ich, gar nicht aufgefallen. Ich möchte in Wandry gerne ein Buch über das Meer kaufen und unserer kleinen Sammlung hinzufügen.«
    Â»Laß dich durch so etwas aber nicht vom Auftrag ablenken.«
    Â»Nein – ich finde, das gehört dazu.«
    Sie gingen ein Stockwerk höher in die Küche, und Rodraeg bereitete ihnen beiden einen wohlschmeckenden Tee zu.
    Nachdem alle gemeinsam gefrühstückt hatten, zogen Bestar und Cajin los Richtung Markt. Hellas verbarrikadierte sich auf seinem winzigen Zimmer und beschäftigte sich damit, seinen neuen Bogen mit Wildlederstreifen zu umwickeln.
    Naenn tat geschäftig und unabkömmlich, aber es gelang Rodraeg dennoch, sie sanft in Richtung auf den kleinen Hinterhof zu drängen, wo sie im Laufe der letzten beiden Monde einen Garten angelegt hatte, dessen Anblick für Rodraeg ziemlich verblüffend war. Die verschiedenen Kräuter und Gemüse wuchsen nicht entlang gerader Furchen, sondern in Wellen- und Kurvenmustern, und sie waren auch nicht voneinander getrennt in Beeten angelegt, sondern alles schien zu fließen und ineinander überzugehen. Die verschiedenen Pflanzen und Farben und Wuchse bildeten Muster, Gefälle, Ballungen und Lichtungen aus. Alles schien lebendig und ungestüm zu sprießen, und dennoch der ordnenden Hand eines Künstlers unterworfen. Rodraeg war schlichtweg begeistert.
    Â»Ist der Boden hier so fruchtbar, daß das alles gedeihen kann?«
    Â»Boden ist fast immer fruchtbar. Selbst in der Felsenwüste gibt es Leben.«
    Â»Mit diesem Garten hinterm Haus können wir selbst einer Belagerung wochenlang standhalten. Großartig gemacht. Ich hoffe, Cajin wässert das Ganze ausreichend, während du mit uns auf Reisen bist.«
    Â»Cajin ist zuverlässig«, sagte sie fast tonlos.
    Â»Das ist er gewiß. Mann, schau sich einer diese Tomaten an. Solche habe ich noch nie gesehen, die sind ja überhaupt nicht rund. Die Bohnen und die Salatköpfe sind zum Essen fast zu schade. Und was ist das da? Zwischen den Erdbeeren? Knoblauch? Wieso zwischen den Erdbeeren? Das paßt doch gar nicht.«
    Â»Das schützt die Erdbeeren vor Pilzbefall. Rodraeg, ich muß dringend mit dir reden.«
    Â»Jederzeit.«
    Â»Nicht hier. Nicht im Haus. Unter vier Augen.«
    Rodraeg schaute ihr forschend ins Gesicht. »Wo sollen wir denn hingehen?«
    Â»Ich weiß es nicht. Irgendwohin, wo wir wirklich ungestört sind.« Naenn schien zu frieren, hatte die Arme um den Oberkörper geschlungen und wirkte aufgeregt und scheu, als würde sie am liebsten davonlaufen.
    Â»Ã„hhhhm, ich weiß … wir gehen …« – Rodraeg überlegte fieberhaft – »nach Westen aus der Stadt raus in den Wald?«
    Â»Ja. Gut. Sofort.«
    Sie gingen dorthin, wo sie sich am Tag vor ihrem Aufbruch zur Terrek-Mission in verschiedenen Wettkämpfen gemessen hatten. Der Himmel war unverschämt blau, nicht eine einzige Wolke war zu sehen. Die Schatten der Bäume und Äste übermalten beim Gehen ihre Gesichter, und sie gingen, bis sie inmitten von Laub und Sträuchern am murmelnden Larnus ankamen. Hier war sogar noch der Kreis von fünf Schritt Durchmesser zu sehen, den Rodraeg vor zwei Monden mit einem Stock in den regenfeuchten Boden gekratzt hatte. In diesem Kreis hatte Cajin gegen Migal gekämpft und verloren. Danach Rodraeg gegen Bestar, bis Rodraeg aufgab. Einen Entscheidungskampf Migal gegen Bestar hatte Naenn verhindert, und sie hatte recht gehabt damit. Ein solcher Schlagabtausch hätte – selbst mit dick umwickelten Fäusten – beiden mehr geschadet als genutzt.
    Es war still hier und menschenleer. Einhornhirsche nutzten diese Stelle zum Trinken.
    Den ganzen Weg über hatte Rodraeg auf

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