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Die letzten Worte des Wolfs

Die letzten Worte des Wolfs

Titel: Die letzten Worte des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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ohnehin schon. Sie nahm seine wehrlose Hand zwischen ihre beiden warmen und kleinen Hände und drückte sie fest.
    Â»Alles hat sich verändert«, sagte sie. »Ich wußte nur, daß ich innerhalb der Organisation von Kreis und Mammut eine wichtige Rolle spielen sollte. Daß ich das vollenden sollte, was das Mammut in all seinem Ringen nur beginnen könnte: einen neuen Kontakt mit den Göttern schaffen. Eine Heimkehr einleiten, von uns in ihren Schoß, oder von den zehn Flüchtlingen und Vertriebenen in die von ihnen geschaffene und von uns bewohnte Welt. Daß der Kreis mir die Verantwortung übertrug, den Anführer der neuen Einsatzgruppe selbst auszuwählen, zu finden und zu überzeugen, schien mir ein Beweis für meine Bedeutung zu sein. Daß zu Hause im Schmetterlingshain die Ältesten immer über mich getuschelt hatten, die kleine Naenn, die ihre Flügel noch entfalten wird. Daß es Zeichen gab in Rinden und in Blattwerk, die auf mich deuteten. All das schien mich wichtig zu machen. Doch als ich Ryot Melron von der Roten Wand gegenüberstand, wurde mir plötzlich klar, daß all diese Zeichen nur ungefähr in meine Richtung gewiesen hatten, daß nicht ich gemeint war, sondern das, was aus mir entspringen würde. Mein Kind. Ich wußte es so deutlich, wie man weiß, daß man müde ist oder gleich lachen muß. Auch begriff ich plötzlich, was mir all die Jahre über immer gefehlt hatte, als ich wieder und wieder jeden Beweis schuldig blieb für das, was andere mir zutrauten. Ich hatte keinen echten Zugang zu mir selbst. Zu meinen Ahnen. Zu meiner Magie. Zu meiner eigenen Zukunft. Zu meiner Körperlichkeit und Sterblichkeit und Unsterblichkeit und Liebe. Ryot war der Schlüssel, um mich aufzuschließen.«
    Â»Aber warum ausgerechnet dieser skrupellose Strauchdieb?«
    Â»Ich habe keine Ahnung, Rodraeg. Ich bin vielen Männern begegnet in meinem Leben. Schmetterlingsmännern. Menschenmännern. Sogar Untergrundmännern. Ich bin dir begegnet. Aber es war Ryot, bei dem ich deutlich spürte, was ich tun muß. Ich spürte, daß er nichts ist und daß ich nichts bin, daß wir aber beide genau zusammenpassen, um etwas von großer Bedeutung zu erschaffen. Ich schloß die Augen und empfand schmerzende Schönheit, und ich …«
    Â»Bitte verschone mich mit Einzelheiten«, wehrte Rodraeg ab. »Was für ein Irrsinn. Was für ein Glückspilz. Wie ich den Kerl hasse. Das ist also der wahre Grund, weshalb du in Tränen ausgebrochen bist, als Eria die Tür öffnete. Du wolltest jemandem erzählen, was passiert war, aber konntest nicht. Warum eigentlich nicht? Warum hast du dich mir und dem Kreis nicht sofort anvertraut?«
    Â»Weil ich ungehorsam war. Weil der Antrieb dafür aus mir selbst gekommen ist. Laut Anordnungen des Kreises hatte ich bei euch zu bleiben und für euch zu arbeiten, und nicht schwanger zu werden und euch als dickleibiges Muttertier zur Last zu fallen.«
    Â»Du wirst uns nicht zur Last fallen. Du wirst ein atemberaubend hübsches Kind zur Welt bringen. Daß dieser Ryot nicht unansehnlich war, ist sogar mir aufgefallen. Aber eines würde mich doch interessieren. Wie kannst du dir eigentlich sicher sein, daß es göttliche Zeichen waren, die über euch strahlten, und daß du nicht einfach nur schwach geworden bist wie ein ganz gewöhnliches Mädchen auch – und all das andere bombastische Drumherum hast du dir nur dazugeträumt?«
    Sie senkte den Kopf. »Du bist mir also doch noch böse. Für einen Augenblick dachte ich …«
    Â»Ich bin dir nicht böse. Ich bin mir selber böse. Hätte ich den Schwachkopf einfach umgehauen, wäre es nicht so weit gekommen.«
    Â»Du bist auch nur ein Mann und denkst wie ein Mann«, sagte sie leise. »Du willst mich ebenfalls … besitzen. Du könntest mich jetzt nehmen. Ich bin bereits schwanger, es könnte also nichts passieren. Du würdest dich einmal vollständig an mir befriedigen und dann enttäuscht und voller Selbstekel feststellen, daß ich nicht bin, was deine Träume dir von mir versprechen.«
    Rodraeg erhob sich, um aus der Wahrnehmbarkeit ihrer Nähe zu entkommen. »Meine Träume sind nicht nur körperlicher Natur, Naenn. Meine Träume gehen so weit, daß ich wahrscheinlich sogar das Kind dieses Scheißkerls gern haben werde, nur weil es

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