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Die leuchtende Stadt

Titel: Die leuchtende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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Stone, zu viel gesagt hatte. Aber sie wünschte sich so sehr, dass John Bandicuts einzige lebende Verwandte über alles Bescheid wusste.
    Sie spulte die Aufzeichnung ein paar Sätze zurück und drückte nach den Worten »mehr wussten wir anderen alle auch nicht darüber« auf die Pausetaste, dann erst wieder auf Aufnahme. »Langsam bekommen wir mehr heraus. Wir hatten Kontakt zu dem Gerät, und es hat Johns Geschichte in allen Einzelheiten bestätigt …«
    Das unterschied sich nicht viel von dem, was sie beim ersten Mal gesagt hatte. Sie zuckte die Achseln und ließ es so, wie es jetzt war. Aber vielleicht sollte sie nicht weiter ins Detail gehen … nicht jedenfalls, bis die Untersuchungskommission ihre Arbeit abgeschlossen hatte und mit der Angelegenheit durch war. Momentan war die Angelegenheit nämlich noch alles andere als abgeschlossen.
    Die Anhörung gestern hatte Julie jedenfalls geholfen, ein paar Dinge in ihrem Kopf ganz klar zu bekommen …
    »Ms. Stone, haben Sie irgendeine Vorstellung, warum das Artefakt sich all unsere Versuchen verweigert, mit ihm in Kontakt zu treten? Oder anders gefragt, wissen Sie, warum es vom Zeitpunkt des ersten Sensorkontaktes fünf Wochen bis zu dem Zeitpunkt gedauert hat, an dem es sich von uns auch im materiellen Sinne hat entdecken lassen, insbesondere zu Ihnen Kontakt aufgenommen hat?«
    Julie studierte eine Weile das Gesicht des Regierungsvertreters, der sie befragte, bevor sie antwortete. Das hier unterschied sich signifikant von einer Teambesprechung der ExoArch-Abteilung; es war vielmehr eine vorläufige Anhörung vor den Typen vom Firmenvorstand und Aufsichtsrat. Und Julie Stone vertraute keinem von denen, die die Anhörung leiteten. Sie wusste, dass innerhalb der Firmenleitung ein Machtkampf darüber entbrannt war, wer nun über den Translator verfügen durfte, und alles, was Julie sagte, könnte in diesen Machtspielchen missbraucht werden – oder, nicht zuletzt, auch missverständlich ausgelegt werden. Also lautete ihre Antwort schließlich: »Nein.«
    Die drei Mitglieder der Anhörungskommission blickten einander an: der Repräsentant der Regierung, einer von MINEXKOR (Minen-Expeditions-Korps, wie sich das Konsortium nannte, das auf Triton schürfte) und einer vom Wissenschaftsrat. Kein Vertreter der Exoarchäologen von Julies Abteilung saß in der Anhörungskommission; natürlich ging man davon aus, diese Abteilung werde ausreichend durch den Mann vom Wissenschaftsrat repräsentiert – ein Mann, der gerade mal vor einer Woche auf Triton angekommen war. Der Repräsentant der Regierungsseite, Macklin hieß er, ergriff erneut das Wort. »Sie schienen über die Antwort erst nachdenken zu müssen. Brauchen Sie noch Zeit, um über die Ereignisse zu reflektieren?«
    »Nein«, erwiderte Julie, dieses Mal, ohne zu zögern. In gewisser Weise traute sie dem Regierungsmann mehr als den anderen beiden. Er spielte mit offenen Karten, was seine Ziele anging – und die bestanden vorallem darin, der Regierung die uneingeschränkte Kontrolle über den Translator zu sichern, und zwar so rasch wie möglich. Aus seiner Sicht gewiss bedauerlich, hatte er dabei jedoch gesetzlich geregelte Eigentumsansprüche und interplanetarische Gesetze einzuhalten, die es ihm nicht gerade leicht machten, seine Ziele durchzusetzen. Gott sei Dank. »Ich habe nicht die geringste Ahnung, warum der Translator sich Ihren Bemühungen widersetzt«, setzte sie leise noch einmal hinzu.
    »Aber der Translator hat doch mit Ihnen Kontakt aufgenommen!«, stellte Macklin bestimmt fest.
    »Ja, schon. Aber es ist nicht so, dass er mir alle Fragen beantwortet hätte, die ich ihm gestellt habe.«
    »Nun, dann erklären Sie mir doch bitte – und verstehen Sie das jetzt nicht als Herabsetzung Ihrer Person –, warum er ausgerechnet Sie ausgesucht hat, um Kontakt mit der Menschheit aufzunehmen. Hat der Translator Ihnen dafür irgendeine Erklärung geliefert? War es nur ein Zufall, weil Sie als Erste am Standort des Translators eingetroffen sind?«
    Wieder zögerte Julie. »Das hat der Translator so nicht gesagt. Aber ich vermute – und es ist wirklich nur eine Vermutung! –, dass er mich wegen meines Respekts vor John Bandicut ausgesucht hat. Weil John und ich Freunde waren. Und weil John und der Translator … bereits zusammengearbeitet haben.« Nach ihren Worten wurde es still im Raum. Dem Namen John Bandicut wurde in diesen vier Wänden (und auch außerhalb derselben) nicht mit viel aufrichtiger

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