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Die leuchtende Stadt

Titel: Die leuchtende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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Atemzug Frischluft; vielleicht hoffte er gegen alle Vernunft, sie würden doch noch irgendwann auftauchen, hinauf an die Meeresoberfläche steigen.
    Bandicut schloss die Augen, nur für eine kleine Weile, und seufzte voller Mitgefühl für den Gefangenen. Nur Sekundenbruchteile später bemerkte er, dass das Tauchboot seine Nase nach unten drückte, zu sinken begann. Falls da draußen im Wasser noch Taucher der Festländer waren, die sie verfolgten, würden sie sie bald abgehängt haben.
    Der Festländer dachte vielleicht, dass er sich bereits in den unendlichen Tiefen des Ozeans befand. Du weißt nicht einmal, was tief überhaupt heißt, dachte Bandicut mitleidig. Schau dir das Sonnenlicht an, solange du noch kannst! Kann sein, dass du es lange, lange Zeit nicht wiedersehen wirst!
    Interludium
JULIE STONE
    »Es gibt so vieles, was ich dir sagen möchte, Dakota – dir erklären –, genauso dir wie mir selbst. Ich habe aber nur eine begrenzte Übertragungszeit zur Verfügung, nur für eine einzige Voll-Holo-Aufzeichnung. Aber ich möchte unbedingt, dass du mir in die Augen sehen kannst, wenn ich dir sage, was ich zu sagen habe – auch wenn es nur eine Einweg-Übertragung ist. Ich möchte es einfach richtig hinbekommen.« Julie hielt kurz inne, um die Kamera exakter auszurichten. »Ich weiß, dass du viele Fragen hast. Denn ich habe auch viele Fragen. Ich bin immer noch dabei, Antworten zu suchen. Aber ich will versuchen, dir alles zu erzählen, was ich über deinen Onkel weiß und darüber, was er hier getan hat.«
    Julie sah hoch auf die Ablage über ihrem kubischen Schreibtisch, wo ein grobkörniges Foto von John Bandicut auf sie hinunterblickte. Dakota hatte ihr das Bild gemailt, eine Teilvergrößerung aus einem mehrere Jahre alten Familienfoto. John sah darauf sichtlich jünger aus als der Mann, an den sie sich erinnerte, seine Gesichtszüge waren noch weicher gewesen, sein braunes Haar hatte noch keine grauen Strähnen gehabt. Es hätte Julie gefallen herauszufinden, wie die anderen Mitglieder der Familie Bandicut wohl ausgesehen hatten.
    »Danke für das Foto von John. Es fällt mir schwer zu glauben, dass ich nicht ein einziges Foto von ihm habe – nur so ein Gruppenfoto, wo er winzig klein drauf zu sehen ist; unsere gemeinsame Freundin Georgia hat es irgendwann einmal geschossen. Aber auf diesem Foto hat er die Augen gerade zugekniffen. Manchmal wünsche ich mir, du hättest mir das ganze Foto und nicht nur den Ausschnitt mit ihm geschickt; ich hab überhaupt keine Ahnung davon, wie Johns Familie ausgesehen hat, wie sie so waren. Bitte, schick mir doch auch noch ein Foto von dir!«
    Sie holte tief Luft.
    »Das ist alles so schwer, Dakota. Bevor ich anfange, will ich dir noch einmal eines versichern – auch wenn ich’s dir schon in der E-Mail geschrieben habe: Ich bin davon überzeugt, dass dein Onkel John die Erde vor einer schrecklichen Katastrophe gerettet hat, ganz egal, was andere darüber denken oder sagen mögen! Du erinnerst dich, was an Informationen an die Öffentlichkeit gelangt ist: Ich habe einige neue Informationen, die meine Sicht der Dinge bestätigen.« Julie schluckte. »Obwohl ich mir nicht sicher bin, wie viel ich davon momentan preisgeben kann.«
    Sie stellte die Kamera ab, um nachzudenken. Sie ließ eine Zeit lang ihren Blick durch ihre kleine, aber private Schlafkabine wandern. Dann setzte sie die Aufnahme fort. »Ich hatte ein Erlebnis, ein ziemlich aufregendes Erlebnis. Aber vielleicht, nur vielleicht führt es uns zu ein paar von den Antworten, nach denen wir gesucht haben. Du weißt von dem außerirdischen Translator, weißt, was John über ihn erzählt hat – mehr wussten wir anderen alle auch nicht darüber. Nun, ich habe jetzt mehr über den Translator erfahren. Ich habe mit ihm gesprochen.« Sie räusperte sich. »Ich habe sogar … ich bin tatsächlich dort gewesen, wo er steht, habe mit ihm Gedanken ausgetauscht. Eine Sache hat der Translator besonders deutlich hervorgehoben – dass John die Wahrheit gesagt hat.«
    War es in Ordnung, es so zu formulieren? Die Existenz des Translators war längst allgemein bekannt, nur gewisse Einzelheiten hatte man als geheim eingestuft. Was sie da eben auf Band gesprochen hatte, war nun wirklich kein technisches Detail. Doch sie musste noch immer davon ausgehen, dass ihre Übertragungen überwacht und mitgeschnitten wurden, und das Letzte, was sie wollte, war, dass irgendwer auf die zwölfjährige Dakota zukam, weil sie, Julie

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