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Die Libelle

Die Libelle

Titel: Die Libelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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Expertenheer behalten. Freiwillige kämpften härter und länger, hatte er ins Feld geführt. Freiwillige fänden selbst Mittel und Wege, um sich zu überzeugen. Und außerdem, wenn man einer Dame einen Heiratsantrag mache, sei es ratsam, sie vorher nicht zu vergewaltigen. Andere - darunter Litvak - hatten sich laut für ein israelisches Mädchen starkgemacht, das man mit einem background ähnlich dem Charlies ausstatten könne. Litvak war - wie andere auch - verbissen gegen die Vorstellung gewesen, sich in irgendeiner Weise auf die Loyalität einer Nichtjüdin, dazu noch einer Engländerin, verlassen zu müssen. Kurtz hatte nicht minder leidenschaftlich widersprochen. Er liebte die Natürlichkeit bei Charlie und war scharf auf das Original, nicht auf die Imitation. Ihre ideologische Schlagseite störte ihn nicht im geringsten; je näher sie am Ertrinken sei, sagte er, desto größer wäre ihre Freude, an Bord genommen zu werden.
    Noch eine andere Denkrichtung - denn das Team arbeitete durchaus demokratisch, wenn man von Kurtz’ naturgegebener Tyrannei einmal absah - hatte ein längeres und langsamer vorgehendes Umwerben befürwortet, das Yanukas Entführung vorausgehen und mit einem geraden, nüchternen Angebot enden sollte, wie es bei der Anwerbung von Geheimdienstmitarbeitern üblich war. Doch auch diesen Vorschlag hatte Kurtz abgewürgt, noch ehe er richtig laut geworden war. Eine Frau von Charlies Temperament treffe ihre Entscheidungen nicht nach Stunden müßigen Überlegens, schrie er - Kurtz selbst übrigens auch nicht. Es sei besser zu komprimieren! Besser gründlich nachzuforschen und alles bis ins kleinste Detail hinein vorzubereiten, um sie dann mit einem gewaltigen Vorstoß im Sturm zu nehmen! Nachdem Becker sie sich angesehen hatte, hatte er zugestimmt: eine impulsive Rekrutierung sei das beste. Aber was machen wir, wenn sie nein sagt, verdammt noch mal? hatten sie gezetert: Gavron, die Krähe, war auch darunter. Alles so sorgsam eingefädelt zu haben, um dann vorm Altar einen Korb zu bekommen!
    In dem Falle, Misha, mein Freund, sagte Kurtz, werden wir etwas Zeit und Geld verschwendet und ein paar Gebete umsonst gesprochen haben. An dieser Ansicht hielt er durch dick und dünn fest; selbst wenn er im engsten privaten Kreis -zu dem seine Frau und gelegentlich Becker gehörten - gestand, sich auf ein Teufelsspiel eingelassen zu haben. Aber auch hier setzte er vielleicht auf die Kokotte. Kurtz hatte sein Auge auf Charlie geworfen, seit sie zum ersten Mal bei dem Wochenendseminar aufgetaucht war. Er hatte ihr ein Etikett aufgeklebt, hatte Erkundigungen über sie eingezogen und sich in Gedanken von allen Seiten mit ihr beschäftigt. Man sucht sich sein Werkzeug zusammen, man hält nach Aufgaben Ausschau, man improvisiert, pflegte er zu sagen. Man passt eine Operation den Dingen an, die einem zur Verfügung stehen. Aber wozu sie erst nach Griechenland schleppen, Marty? Und alle anderen mit ihr? Machen wir denn in Wohlfahrt, dass wir plötzlich unsere kostbaren Geheimfonds mit vollen Händen für entwurzelte linke englische Schauspieler ausgeben?
    Doch Kurtz blieb stur. Er verlangte von Anfang an, dass nicht kleinlich vorgegangen werde, weil er wusste, dass man ihm hinterher ohnehin tausend Abstriche machen würde. Da Charlies Odyssee in Griechenland beginnen sollte, darauf bestand er, müsse sie schon vor der Zeit nach Griechenland gebracht werden, wo die fremde Umgebung und das Besondere ihrer Situation es ihr leichter machen würden, sich von heimatlichen Bindungen zu befreien. Soll die Sonne sie weich machen. Und da Alastair sie nie allein losziehen lassen würde - warum ihn nicht mitkommen lassen, um ihn dann im psychologisch richtigen Moment zu entfernen und sie einer weiteren Stütze zu berauben. Und da alle Schauspieler Familien bilden - und sich nicht sicher fühlen, wenn sie nicht den Schutz der Herde haben - und da sich keine andere zwanglose Methode bot, um das Paar ins Ausland zu locken… So ging es weiter, ein Argument barg schon das nächste in sich, bis die Fiktion die einzige Logik war und die Fiktion ein Netz, in dem jeder sich verstrickte, der versuchte sie wegzufegen.
    Was das Entfernen Alastairs betraf, so lieferte es noch am selben Tag ein amüsantes Postskriptum zu all ihren bisherigen Planungen. Zu besagter Szene kam es - ausgerechnet! - im Privatbüro des armen Ned Quilley. Charlie lag noch in tiefem Schlaf, und Ned gönnte sich einen kleinen Muntermacher vor den schweren

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