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Die Libelle

Die Libelle

Titel: Die Libelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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Hinweis führt zum nächsten, und der letzte Hinweis führt dich zum Preis, um den es geht.
    Es war pechdunkel, und die ersten Sterne zeigten sich. Ein schneidender Landwind blies von den Bergen. Weiter unten an der Straße erkannte sie das Licht einer Tankstelle, doch Häuser waren nicht zu sehen. Sie wartete fünf Minuten, dann kam aufseufzend ein Bus neben ihr zum Stehen. Er war dreiviertel leer. Sie kaufte ihren Fahrschein und setzte sich in die Nähe der Tür, die Knie zusammen, die Augen nirgends. An den beiden nächsten Haltestellen stieg niemand zu; an der dritten sprang ein Junge in Lederjacke auf und setzte sich fröhlich neben sie: ihr amerikanischer Chauffeur von gestern abend. »Zwei Haltestellen weiter ist eine neue Kirche«, sagte er im Plauderton. »Steig aus, geh an der Kirche vorbei, die Straße runter, bleib auf dem rechten Bürgersteig. Dann kommst du zu einem parkenden roten Wagen, vom Rückspiegel hängt ein kleines Teufelchen herunter. Mach die Tür zum Beifahrersitz auf, setz dich rein und warte. Mehr brauchst du nicht zu tun.«
    Der Bus hielt, sie stieg aus und marschierte los. Der Junge fuhr weiter. Die Straße war gerade und die Nacht außerordentlich dunkel. Vor sich, knapp fünfhundert Meter entfernt, erkannte sie einen verschwommenen roten Fleck unter einer Straßenlaterne. Keine Parkleuchten. Der Schnee knirschte unter ihren neuen Stiefeln, und das Geräusch verstärkte noch ihr Gefühl, völlig von ihrem Körper gelöst zu sein. Hallo, Füße, was macht ihr da unten? Marschieren, Mädchen, marschieren. Der Kastenwagen kam näher, und sie erkannte, dass es ein kleiner Coca-Cola-Lieferwagen war, der weit auf den Bürgersteig hinaufgefahren worden war. Fünfzig Schritt weiter unter der nächsten Laterne war ein winziges Cafe und hinter dem Cafe wieder nichts als die nackte Schneefläche und die schnurgerade verlaufende Straße ohne besondere Merkmale, die nach irgendwohin führte. Was mochte einen Menschen bewogen haben, hier ein Cafe aufzumachen? Das war ein Rätsel für ein anderes Leben.
    Sie machte die Tür des Lieferwagens auf und stieg ein. Die Fahrerkabine war durch die Straßenlaterne draußen merkwürdig hell erleuchtet. Sie roch Zwiebeln und sah einen Karton voller Zwiebeln zwischen den Kästen mit leeren Flaschen stehen, die den Laderaum füllten. Ein Plastikteufelchen mit Dreizack baumelte vom Rückspiegel herunter. Sie erinnerte sich an ein ähnliches Maskottchen in dem Wagen in London, als Mario sie entführt hatte. Ein Haufen schmieriger Kassetten lag neben ihren Füßen. Es war der stillste Ort auf der ganzen Welt. Ein einzelnes Licht kam langsam zu ihr die Straße herauf. Als es auf ihrer Höhe war, sah sie einen jungen Priester auf einem Fahrrad. Als er vorüberradelte, wandte er ihr das Gesicht zu; er sah beleidigt aus, als ob sie seiner Keuschheit zu nahe getreten wäre. Wieder wartete sie. Ein großer Mann mit einer Schirmmütze auf dem Kopf trat aus dem Cafe, schnupperte, blickte dann die Straße hinauf und hinunter, als wäre er sich nicht sicher, wie spät es sei. Er kehrte nochmals ins Cafe zurück, kam wieder heraus und ging langsam auf sie zu, bis er neben ihr stand. Mit den Spitzen einer behandschuhten Hand klopfte er an Charlies Scheibe. Ein Lederhandschuh, hart und glänzend. Eine helle Taschenlampe strahlte sie an, so dass sie ihn überhaupt nicht sehen konnte. Der Strahl verweilte auf ihr, wanderte dann langsam durch das Wageninnere, kehrte zu ihr zurück, blendete sie in einem Auge. Sie hob die Hand, um die Helligkeit abzuwehren, und als sie sie wieder sinken ließ, folgte ihr der Lichtstrahl bis zu ihrem Schoß. Die Taschenlampe ging aus, ihre Tür ging auf, eine Hand schloss sich um ihr Handgelenk und zog sie aus dem Wagen. Äug’ in Auge stand sie ihm gegenüber, und er war um eine gute Spanne größer als sie, breit und stämmig. Doch sein Gesicht lag im schwarzen Schatten unter dem Schirm seiner Mütze, und den Kragen hatte er der Kälte wegen hochgestellt.
    »Bleib ganz ruhig stehen«, sagte er.
    Nachdem er ihr die Schultertasche abgenommen hatte, prüfte er erst deren Gewicht, dann machte er sie auf und sah hinein. Zum dritten Mal in letzter Zeit erregte ihr kleiner Radiowecker besondere Aufmerksamkeit. Er stellte ihn an. Das Radio spielte. Er stellte es ab, fummelte daran herum und ließ etwas in seine Tasche gleiten. Einen Moment hatte sie gedacht, er hätte beschlossen, das Radio für sich zu behalten. Doch das hatte er nicht, denn sie sah, wie

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