Die lichten Reiche: Band 1: Harfe und Schwert (German Edition)
seine ganze Kraft gekostet. Er hatte ihr nicht gesagt, was er dachte und fühlte, was er mehr als alles andere fürchtete. Er hoffte, dass er es ihr eines Tages erklären konnte ohne sie in Gefahr zu bringen. Vielleicht wenn sie von den Inseln zurückkamen. War sie ihm dorthin gefolgt? Doch sie Inseln lagen unmittelbar vor der Küste, nicht mitten im Meer. Andererseits war es nur ein Traum gewesen, vielleicht war alles nur ein Bild für etwas ganz anders? Hatte er einen Fehler begangen?
Eine sanfte Berührung an seinem Unterarm ließ ihn zusammenzucken. „Lucthen?“, Crystals Stimme klang besorgt.
Er atmete ein paar Mal tief durch. Er musste sich jetzt wirklich zusammenreißen. „Ist Corus immer noch nicht hier?“, fragte er um Crystal auf andere Gedanken zu bringen.
„ Nein. Ich…“, sie stockte und brach dann ab. Es schien so, als ob er heute Morgen nicht der Einzige war, der seine Gedanken lieber nicht mit Anderen teilte. „Da kommt Liisatiina“, bemerkte Crystal und winkte der Frau, der Lucthen den Rücken zugewandt hatte. Langsam drehte er sich um und sog ihren Anblick förmlich in sich auf. Das Gefühl, das er richtig gehandelt hatte, durchströmte ihn, stärkte ihn für die kommende Begegnung.
Crystal war aufgesprungen und die beiden Frauen begrüßten sich. Aus den Augenwinkeln beobachtete er wie sich Crystals Gesicht bei Liisatiinas Ankunft erhellt hatte. Sie mochte die Halbelfe also, stellte er zufrieden fest. „Crystal wird Hilfe brauchen“, meinte er, nachdem er Liisatiina begrüßt hatte. „Sie hat bis gestern nicht gewusst, was sie tun kann und sollte in der Magie unterwiesen werden. Kannst du ihr helfen?“
Liisatiina schüttelte langsam den Kopf. „Ich habe nie gelernt mit meiner Stimme das Netz zu greifen und auch von den Andern ist einzig Lucianus dazu im Stande.“
„ Ausgerechnet…“, murmelte Crystal und wurde rot als sie merkte, dass die Anderen ihre Worte gehört hatten.
Liisatiina lächelte sanft und verstehend. „Er durfte als einziger von uns eine Zeit lang bei seinen Eltern leben und die ersten Jahrhunderte seines Lebens verbrachte er in Feyas Palast im ewigen Eis. Ich weiß, er wirkt unnahbar und kalt, doch ihr müsst ihn verstehen. Von allen hier, ist sein Los das Schwerste. Lucianus musste seine Heimat verlassen, durfte seine Mutter nicht wieder sehen. Er ist Feyas einziges Kind. Wir anderen haben wenigstens Geschwister, die unser Schicksal teilen und verstehen. Er ist ganz allein. Feya hat ihn in der Magie der Elfen unterrichtet, doch er weigert sich dieses Wissen an uns weiter zu geben. Einige sind damit nicht einverstanden und bedrängen ihn deshalb.“
„ Warum will er sein Wissen nicht teilen?“, fragte Crystal.
„ Ich weiß es nicht. Doch ich kann mir vorstellen, dass es schwer sein muss über so große Macht zu verfügen und sie nie nutzen zu können. Vermutlich denkt er, dass es leichter für uns ist, wenn wir diese Macht gar nicht kennen. Ich vertraue ihm. Er ist so viel älter als wir, so viel weiser. Lucianus ist so alt wie der Frieden selbst, er hat die ersten Menschen gekannt und sterben sehen. “
„ Also ist wirklich er der Magus“, mutmaßte Crystal. „Der Einzige von Euch, der tatsächlich Magie wirken kann.“
Liisatiina nickte langsam. Lucthen sah, dass ihre Augen müde wirkten, Schmerz und Kummer ihr Leuchten dämpften und blickte zu Boden. „Ich verstehe nicht, warum Lucianus etwas gestattet wurde, das allen anderen verwehrt wurde.“
„ Er war der Erste. Als Nadjadira, die ihm altersmäßig am Nächsten steht, geboren wurde, hatte Eidos schon den Schutzwall um den Hain wachsen lassen und seit damals werden alle Kinder der Elfen hierher gebracht.“
„ Also schön. Dann werde ich mit Lucianus reden. Ich bezweifle nur, dass er mir helfen wird. Mir kommt vor, dass er von unserer Anwesenheit hier alles andere als Begeistert ist.“
„ Er wird tun was nötig ist“, versicherte Liisatiina leise. „Er wird immer das tun was er für Richtig hält.“ Einen Moment lang trafen sich ihre Augen und Lucthen schluckten hart. Sie redete nicht mehr von Lucianus, begriff er.
„ Ihr seht wütend aus.“ Die Stimme hatte einen leicht spöttischen Unterton und Dawn fuhr herum. Ihr lag eine spitze Entgegnung auf der Zunge, doch als sie den Sprecher gewahrte, bleib sie stumm. Das Haar des Mannes glänzte dunkel in der Morgensonne, als hätte jemand ein Tintenfass über seinem Kopf geleert. Sicher konnte doch nicht einmal ein Halbelf
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