Die lichten Reiche: Band 1: Harfe und Schwert (German Edition)
fühlte den Drang hier zu bleiben und beim Wiederaufbau zu helfen, doch verstand auch, warum Lucthen zum Aufbruch drängte.
„ Ob es wohl einen Sinn macht, die Fort`mai zu verfolgen?“, meinte er.
„ Sie sind vermutlich längst weiter gezogen“, erklärte Lucthen. „Außerdem sollten wir keine Zeit vergeuden. Je eher wir in die Sümpfe kommen, desto eher endet dieses ganze Unglück. Ich weiß, dass es schwer ist, die Steine, die am Weg liegen, zu ignorieren, doch wenn wir den Kampf ein für alle Mal beenden wollen, dürfen wir keine Zeit mehr verlieren.“
Thistle konnte über den Pragmatismus des Magus nur den Kopf schütteln. Dass er vermutlich Recht hatte, machte die Sache nicht viel besser. Er wandte seine Aufmerksamkeit Dawn zu. „Was denkst du?“
„ Ich finde wir sollten sie jagen und töten. Wer weiß wie viele Dörfer sie noch überfallen?“
„ Die Druidin kann die Druiden der anderen Dörfer warnen“, warf Lucthen ein. „Wenn sie vorbereitet sind, können sie sich schützen.“
Thistle nickte nachdenklich. Lucthen hatte Recht. Sie waren nicht besser geeignet um Fort`mai zu jagen, als die Jäger der Auen. Viel schlechter, um ehrlich zu sein. „Was meinst du, Crystal?“
Die junge Bardin schien nicht gerade glücklich darüber, eine solche Entscheidung treffen zu müssen. Sie atmete ein paar Mal tief durch bevor sie antwortete. „Lasst uns dem Ganzen ein Ende machen“, meinte sie schließlich.
Thistle nickte zustimmend. Schließlich war sie es, auf die es ankam.
Dawn war eigentlich ganz glücklich darüber, dass sie noch am selben Tag aufgebrochen waren, bevor man die Leiche des jungen Mannes gefunden hatte. Es wären sicher unangenehme Fragen gestellt worden und sie war sich nicht sicher, ob sich Crystal davon überzeugen hätte lassen, dass sie dem Mann eigentlich einen Gefallen getan hatte. Wer wollte schon als Krüppel weiterleben? Dawn musterte die langen Gesichter ihrer Reisegefährten. Sie kommen mit dem Tod einfach nicht zurecht, dachte sie. Die Dorfbewohner waren Fremde für sie, wie konnten sie sich da so mit ihnen leiden? Und wozu? Beim Licht! Sie mussten wirklich aus allem immer ein Drama machen. Nun, wenigstens würden sie bald bei den Sümpfen ankommen. Dann würde endlich etwas passieren.
An diesem Abend entfachte Thistle nur ein kleines Feuer, da er immer noch Angst hatte, dass Fort`mai in der Nähe sein könnten. Also ertrugen sie die Kälte, nur durch ihre Decken gewärmt.
„ Deine Hände zittern.“ Dawn fuhr erschrocken hoch, als sie Crystals besorgte Stimme hörte. Sie blickte erst in das Gesicht ihrer Freundin, dann auf ihre Hände. Crystal hatte Recht.
„ Kein Wunder, bei der Kälte“, meinte sie schließlich. Crystal nickte und warf ihr einen mitleidigen Blick zu. Dawn wandte rasch den Blick ab und hielt ihre Hände gegen das Feuer. Ihr war kalt, das stimmte, doch das war nicht der einzige Grund dafür, dass sie zitterte und sie wusste es. Vielmehr litt sie darunter, dass sie seit Tagen, seit Corus Tod um genau zu sein, mit niemandem mehr richtig geredet hatte. Sie hatte das Gefühl, dass sie langsam aber sicher den Verstand verlor. Immer öfter hörte sie nun das leise Murmeln, hatte das Gefühl als würde jemand beständig auf sie einreden. Unter ihren Wimpern musterte sie Crystal, wie sie sich in eine zusätzliche Decke hüllte und näher zum Feuer rutschte. Sollte sie sich ihr anvertrauen? „Morgen“, entschied sie und legte sich nieder.
Dawn fand sich in einer Halle aus dunklem Stein wieder. Die Halle war leer, die Wände, bis auf ein paar Banner, die in gedeckten Farben gehalten waren, kahl. Es war düster und kalt. Staunend ging sie zwischen den Säulen hindurch, die die Decke der Halle stützten und blieb dann ruckartig stehen, als sie auf der Empore jemanden sitzen sah. Ein Mann saß auf einer Art Thron aus massivem Stein, sein Schwert lag quer über seinen Knien. Neben ihm stand eine junge Frau, mit langen offenen Haaren die wie nachtschwarze Seide glänzten. Seine Goldaugen starrten in die Leere der Halle, schienen Dawn jedoch nicht wahr zu nehmen und so ging sie zögernd näher auf das Paar zu.
„ Du solltest es weg geben.“ Die Stimme der Frau schrillte wie eine helle Glocke in Dawns Ohren.
„ Das Schwert hat unserem Vater gehört.“ Zum ersten Mal hörte sie die Stimme des Mannes, dem ihr Schwert gehörte. Sie war dunkel und voll und enthielt einen warnenden Unterton.
Die Frau warf in einer dramatischen Geste die Arme in die
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